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Der alte Mann und das Meer

Der alte Mann und das Meer

Titel: Der alte Mann und das Meer
Autoren: Ernest Hemingway
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ein riesiger Fisch war, und er sah ihn im Geist, wie er sich im Dunkeln mit dem Thunfisch, den er quer im Maul hielt, entfernte. In dem Augenblick spürte er, wie er sich nicht mehr bewegte, aber das Gewicht war noch da. Dann nahm das Gewicht zu, und er gab mehr Leine. Er verstärkte einen Augenblick lang den Druck von Daumen und Zeigefinger, und das Gewicht nahm zu und zog steil hinunter.
    »Er hat angebissen«, sagte er. »Jetzt werde ich ihn ordentlich schlingen lassen.«
    Er ließ die Leine durch die Finger gleiten, während er mit der linken Hand hinunterlangte und das freie Ende der beiden Reserverollen an der Öse der zwei Reserverollen der nächsten Leine festmachte. Jetzt war er bereit. Er hatte jetzt drei Leinen von vierzig Faden in Reserve außer der Rolle, die er benutzte.
    »Schling es noch ein bißchen mehr hinein«, sagte er. »Schling es ordentlich runter.«
    Verschling es, so daß die Spitze des Hakens in dein Herz geht und dich tötet, dachte er. Komm leicht herauf und laß mich die Harpune in dich hineinstoßen.
    Gut. Bist du bereit? Warst du lange genug bei Tisch?
    »Jetzt«, sagte er laut und haute mit beiden Händen kräftig an, gewann ihm einen Meter Leine ab und haute dann wieder und wieder an und zog Hand über Hand mit aller Kraft seiner Arme und dem Gewicht seines sich mitdrehenden Körpers an der Schnur.
    Nichts geschah. Der Fisch zog einfach langsam fort, und der alte Mann konnte ihn auch nicht einen Zentimeter heben. Seine Leine war stark und für schwere Fische gemacht, und er stemmte seinen Rücken gegen sie, bis sie so straff war, daß Wasserperlen von ihr sprangen. Dann begann sie, einen langsamen, zischenden Ton im Wasser zu machen, und er hielt sie noch immer, stemmte sich gegen die Ducht und lehnte sich zurück gegen den Zug. Das Boot begann, sich langsam nach Nordwesten zu bewegen.
    Der Fisch schwamm ruhig, und sie bewegten sich langsam durch das stille Wasser. Die andern Köder waren noch im Wasser, aber es ließ sich nichts daran ändern.
    »Ich wünschte, ich hätte den Jungen da«, sagte der alte Mann laut. »Ich werde von einem Fisch in Schlepp genommen, und ich bin der schleppende Beting. Ich könnte die Leine festmachen. Aber dann könnte er sie zerreißen. Ich muß ihn halten, so gut ich kann, und ihm Leine geben, wenn er welche verlangt. Gottlob wandert er und zieht nicht hinunter.«
    Was ich tun werde, wenn er sich entschließt, in die Tiefe zu gehen, weiß ich nicht. Was ich tun werde, wenn er taucht und stirbt, weiß ich nicht. Aber ich werde etwas tun. Es gibt eine Menge Dinge, die ich tun kann.
    Er hielt die Leinen gegen seinen Rücken und beobachtete ihre Neigung im Wasser und das Boot, das sich stetig nordwestwärts bewegte.
    Das wird ihn umbringen, dachte der alte Mann. Er kann das nicht auf die Dauer aushaken. – Aber vier Stunden später schwamm der Fisch immer noch mit dem Boot im Schlepp stetig hinaus ins Meer, und der alte Mann hielt immer noch die Leine straff über den Rücken gespannt.
    »Es war Mittag, als ich ihn angehauen habe«, sagte er. »Und ich habe ihn noch nicht gesehen.«
    Bevor er den Fisch anhaute, hatte er seinen Strohhut fest auf den Kopf gestülpt, und er schnitt in seine Stirn ein. Er war auch durstig, und er kniete hin und bewegte sich, vorsichtig, um nicht an der Leine zu rucken, so weit er konnte, in der Plicht nach vorn und kriegte mit einer Hand die Wasserflasche zu fassen. Er öffnete sie und trank einen Schluck. Dann ruhte er sich im Bug aus. Er ruhte sich auf dem Segel und dem niedergelegten Mast sitzend aus und suchte nicht zu denken, sondern nur durchzuhalten.
    Dann blickte er sich um und sah, daß kein Land zu sehen war. – Das machte keinen Unterschied, dachte er. Ich kann immer mit Hilfe des Lichtscheins über Havanna reinkommen. Es sind noch zwei Stunden, ehe die Sonne untergeht, und vielleicht kommt er vorher herauf. Wenn er es nicht tut, kommt er vielleicht mit dem Mond herauf. Wenn er das nicht tut, kommt er vielleicht bei Sonnenaufgang herauf. Ich habe keinen Krampf und fühle mich stark. Schließlich hat er den Haken im Maul, nicht ich. Aber was für ein Fisch, der so zieht! Er muß das Maul fest über dem Draht zugeklemmt haben. Ich wünschte, ich könnte ihn sehen, um zu wissen, was ich gegen mich habe.
    Der Fisch änderte während der ganzen Nacht nicht einmal Kurs und Richtung, soweit es der Mann nach dem Stand der Sterne beurteilen konnte. Es war kalt, nachdem die Sonne untergegangen war, und der Schweiß des
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