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Der 7. Lehrling (German Edition)

Der 7. Lehrling (German Edition)

Titel: Der 7. Lehrling (German Edition)
Autoren: Volker Hesse
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Du von nun an zur Zunft der Bader.“ Er wandte sich dem Bereich des Publikums zu, wo er bereits zuvor die meisten Bader entdeckt hatte. „Zunft der Bader, heißt euer neues Mitglied willkommen!“
    Donnernder Applaus der versammelten Mitglieder war die Antwort auf diese Aufforderung. Wie aus dem Nichts stand plötzlich ein Altgeselle neben Kerstin und zog ihr das Zunfthemd der Bader über die Kleidung. Feierlich hängte er ihr eine goldene Kette mit einer kleinen Schlange daran um den Hals, dem Zeichen der Baderzunft. Dann hob er sie mit einer Leichtigkeit in die Luft als wenn sie eine Feder wäre, und setzte sie sich auf eine seiner breiten Schultern. Die Zunft quittierte dies mit nochmaligem lautstarken Beifall.
     
    So ging es Lehrling um Lehrling weiter. Die einzelnen Zünfte auf der Tribüne versuchten sich nach Kräften in der Lautstärke zu übertreffen, wenn sie ihr neues Mitglied willkommen hießen. Schließlich war die Reihe an Quentin.
    Durch die Reihen der Versammelten kam sein neuer Lehrmeister nach vorn. Dietrich, um einiges älter als Falk, mit einem stattlichen Bauchumfang und freundlichen, schalkhaft blitzenden Augen. Quentin mochte ihn vom ersten Augenblick an.
    Die Zunft der Müller saß auf Quentins Seite vom Mittelgang, ziemlich weit vorn. Sein künftiger Meister hatte es damit nur ein paar Schritte weit. Als Dietrich vom direkten Weg zu Quentin abwich, dachten sofort alle an einen der Scherze, mit denen man bei ihm stets zu rechnen hatte. Als er aber direkt vor Falk stehen blieb und ihn ansah, wusste niemand, was er davon halten sollte, am wenigsten Falk selbst. Nur Korbinian lächelte leise vor sich hin – er war der einzige außer Dietrich, der Bescheid wusste.
     
    Falk erhob sich höflich, als er merkte, dass Dietrich zu ihm sprechen wollte. Dietrich bat mit einer erhobenen Hand die Menge um Ruhe und wandte sich dann mit nicht ganz ernster Miene an sein Gegenüber. „Meister Falk, ich freue mich sehr, dass mit Euch endlich einmal ein Vertreter einer Zunft mit Würde, Anstand und handwerklichem Geschick seinen Weg nach Filitosa gefunden hat. Ihr müsst wissen, das findet man sonst eher selten hier.“
    Gekicher der anwesenden Müller und spaßhafte Gegenwehr von den anderen Zünften beantworteten diesen Scherz. Dietrich war heute offenbar gut aufgelegt, und er setzte auch sofort noch eine Attacke gegen die anderen Zünfte hinterher. „Ich bin sehr erleichtert, dass Quentin bereits in Eure Lehre gegangen ist! Das erspart es mir jedenfalls, ihm zuerst die einfachsten Regeln des gemeinschaftlichen Miteinanders – beispielsweise „Bitte“ und „Danke“ zu sagen – beizubringen, worauf die anderen Zünfte zu meinem großen Leidwesen keinen Deut geben.“
    Nun grinste auch Falk, während unter dem Gelächter der Müller sich die anderen Zünfte zur – natürlich nicht ernst gemeinten – Drohung steigerten, die Mühle noch in dieser Nacht dem Erdboden gleichmachen zu wollen.
     
    Dann wurde Dietrichs Gesicht plötzlich ernst. Die ganze Versammlung schwieg wie auf ein Handzeichen, weil sie seiner Miene ansahen, dass er nun zum eigentlichen Thema kommen würde.
    „Falk, alles, was ich bisher über Euch gehört habe, aber ganz besonders die Worte, die Ihr vorhin gefunden habt, um Euren Lehrling freizugeben, haben einen tiefen Eindruck auf mich gemacht. Auch wenn Ihr es recht gut in Euren Worten versteckt habt: Es ist mir nicht verborgen geblieben, was Ihr – im Übrigen völlig zu Recht – von Quentins künftigem Lehrherrn erwartet.“ Er blickte noch einmal kurz zu Korbinian und erhaschte dessen kurzes Nicken. „Um Euch die Sorge über Quentins Zukunft etwas zu erleichtern und in Anerkennung der Tatsache, dass ich es trotz meiner schlanken Statur kaum schaffen werde, als Quentins Meister
und
sein Vertrauter Eure Fußstapfen auszufüllen, ersuche ich Euch, mit mir nach vorn zu kommen.“
     
    #
     
    Falk war wie vor den Kopf geschlagen. Damit hatten weder er selbst noch irgendein anderes Mitglied der Versammlung gerechnet. Aber mit einem Mal war ihm klar, warum auf Quentins Hemd ein halbes Wasserrad und zwei Windmühlenflügel zu sehen waren: Diese Überraschung war ganz offenkundig von langer Hand vorbereitet. Falks Blick fand den von Korbinian, der mit wissenden Augen lächelnd zurückschaute.
    Selbst wenn Falk sich in diesem Moment nicht im Entferntesten der Einmaligkeit bewusst war, dass er als Mensch ohne die
Gabe
direkt in die Ausbildung eines Magiers einbezogen werden sollte –
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