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Der 1. Mord - Roman

Titel: Der 1. Mord - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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sagte Orenthaler.
    Er zählte die beruflichen Qualifikationen des Arztes auf, doch ich hörte ihn nicht mehr. Ich dachte nur: Wem kann ich das erzählen? Mom war vor zehn Jahren an Brustkrebs gestorben. Dad war verschwunden, als ich dreizehn war. Ich hatte eine Schwester, Cat, aber sie führte ein nettes, geordnetes Leben unten in Newport Beach. Für sie bedeutete schon ein falsches Abbiegen bei Rot eine Krise.
    Der Arzt schob mir die Überweisungsformulare zu. »Ich kenne Sie, Lindsay. Sie tun so, als sei das etwas, das sie aus der Welt schaffen können, indem sie noch härter arbeiten - aber das können Sie nicht. Das hier ist todernst. Ich möchte, dass Sie Dr. Medved noch heute anrufen.«
    Plötzlich ließ sich mein Pieper vernehmen. Ich holte ihn aus der Handtasche und schaute auf die Nummer. Es war das Büro - Jacobi.
    »Ich brauche ein Telefon«, sagte ich.
    Orenthaler warf mir einen missbilligenden Blick zu, ein Blick, der besagt: Ich hab’s Ihnen doch gesagt, Lindsay .
    »Wie Sie sagten …« Ich zwang mir ein nervöses Lächeln ab. »Therapie.«
    Er nickte zum Telefon auf seinem Schreibtisch und verließ das Zimmer. Wie im Traum wählte ich die Nummer meines Partners.
    »Der Spaß ist vorbei, Boxer«, ertönte Jacobis mürrische Stimme. »Wir haben einen Doppel-Eins-Acht-Null. Im Grand Hyatt.«
    In meinem Kopf drehten sich immer noch die Worte des Arztes.
Ich fühlte mich wie im Nebel. Offenbar hatte ich nicht geantwortet.
    »Hören Sie mich, Boxer?«, fragte Jacobi. »Die Arbeit wartet. Kommen Sie?«
    »Ja«, sagte ich schließlich.
    »Und ziehen Sie sich was Hübsches an«, fügte mein Partner hinzu. »Was Passendes für’ne Hochzeit.«

5
    Ich vermag mich beim besten Willen nicht zu erinnern, wie ich von Dr. Orenthalers Praxis draußen im Noe Valley bis zum Hyatt am Union Square kam. Immer und immer wieder dröhnten die Worte des Arztes in meinem Kopf. In schweren Fällen kann aplastische Anämie tödlich sein.
    Ich weiß nur, dass ich knapp zwölf Minuten nach Jacobis Anruf mit meinem zehn Jahre alten Bronco quietschend vor dem Eingang des Hotels anhielt.
    Auf der Straße wimmelte es von Polizisten. Was zum Teufel war passiert? Der gesamte Block zwischen Sutter und Union Square war mit einer Barrikade aus Streifenwagen abgesperrt. Am Eingang überprüfte eine Gruppe Uniformierter die Leute, die hinein- und hinausgingen, und scheuchten Gaffer fort.
    Mit Hilfe meiner Marke bahnte ich mir einen Weg in die Hotelhalle. Zwei Streifenpolizisten standen ganz vorn. Ich kannte sie. Murray mit dem Spitzbauch war im letzten Dienstjahr, der andere war sein jüngerer Partner Vasquez. Ich bat Murray, mich schnell aufs Laufende zu bringen.
    »Mir hat man nur gesagt, dass im dreißigsten Stock zwei VIPs ermordet wurden. Jetzt ist die geballte Intelligenz oben.«

    »Wer leitet die Ermittlungen?«, fragte ich und spürte, wie meine Energie zurückkehrte.
    »Ich nehme an, im Augenblick Sie, Inspector.«
    »In dem Fall möchte ich, dass sofort sämtliche Ausgänge des Hotels geschlossen werden. Und besorgen Sie vom Manager eine Liste sämtlicher Gäste und Mitarbeiter. Niemand geht rein oder raus, wenn er nicht auf der Liste steht.«
    Sekunden später fuhr ich mit dem Aufzug in den dreißigsten Stock hinauf.
    Die Spur aus Polizisten führte mich den Korridor hinab zu offenen Doppeltüren, auf denen Mandarin Suite stand. Dort stieß ich auf Charlie Clapper, den Leiter der Spurensicherung, der mit zwei Mitarbeitern seine schweren Koffer schleppte. Die Tatsache, dass Clapper höchstpersönlich anwesend war, bedeutete, dass es sich hier um eine große Sache handelte.
    Durch die offenen Türen sah ich als Erstes Rosen - sie waren überall. Dann entdeckte ich Jacobi.
    »Passen Sie auf, wo Sie hintreten, Inspector«, rief er laut durchs Zimmer.
    Mein Partner war siebenundvierzig, sah jedoch zehn Jahre älter aus. Sein Haar war weiß, und eine beginnende Glatze zeichnete sich darunter ab. Sein Gesichtsausdruck schien ständig an der Schwelle zu einem Grinsen über irgendeine geschmacklose Bemerkung zu sein. Seit zweieinhalb Jahren arbeiteten wir zusammen. Ich war die Vorgesetzte - Inspector vor Sergeant -, obgleich er mir im Dienstalter um sieben Jahre voraus war.
    Als ich eintrat, stolperte ich beinahe über die Beine der ersten Leiche, der des Bräutigams. Der Mann lag zusammengesunken gleich hinter der Tür. Er trug ein offenes Smokinghemd. Blut verklebte das Haar auf seiner Brust. Ich holte tief Luft.
    »Darf ich Ihnen Mr.
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