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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt
Autoren: Christoph Spielberg
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daß Gudrun Ensslin angeblich einmal bei ihnen übernachtet hatte!
    »Dieser Doktor heiratet mich genauso wenig, wie ich diesen Doktor heiraten werde!«
    Auf Wunsch von Celine packten wir noch vor dem Frühstück unsere Sachen und verschwanden zurück nach Berlin. Nur noch ein weiteres Mal traf ich die beiden, vor zwei Jahren, bei der Beerdigung von Celines Lieblingsonkel Kurt oder Fritz.
    Auf dem Parkplatz des Flughafen Tegel spendierte ich dem Automaten die gewünschten drei Euro, winkte der Überwachungskamera freundlich zu und sortierte mich auf die Stadtautobahn. Die Klinik würde mich heute nicht mehr sehen. Ich würde mir zu Hause einen schönen Mozart auflegen, etwas Heiteres. Vielleicht die Violinkonzerte oder Così fan tutte. Trauer ist schon traurig genug.

2

    Es wurde nichts mit Mozart und mir. Kaum hatte ich aus meiner ständig wachsenden Kollektion von Fernbedienungen die für den CD-Spieler gefunden, nachdem erst das Radio mich angebrüllt und dann der Fernseher losgegangen war, standen zwei ordentlich gekleidete Herren vor der Tür. Ob sie mich wohl ein paar Minuten sprechen könnten? Ich erklärte ihnen, daß ich mein Fernsehprogramm jede Woche kostenlos bei Tchibo mitnähme, für Zeitungen oder Zeitschriften keine Zeit und auf Spenden oder eine neue Religion keine Lust hätte.
    »Und bei der GEZ habe ich mich schon vor einem Jahr angemeldet!« ergänzte ich.
    »Wir sind nicht von der GEZ. Wir hätten Ihnen gerne ein paar Fragen zu Frau Celine Bergkamp gestellt, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    Dabei hielt mir jeder eine Plastikkarte mit seinem Konterfei unter die Nase, aber das machte mich erst recht mißtrauisch. Denn eigentlich war ich an diesem Abend nicht unfroh über irgendeinen Besuch und hätte die beiden wahrscheinlich einfach eingelassen, hätten sie nicht so bedeutungsvoll mit ihren Plastikkarten gewedelt.
    »Wen kann ich anrufen, wo kann man mir Ihre Legitimation bestätigen?«
    »Kein Problem. Wählen Sie 226 570, und fragen Sie nach dem Diensthabenden. Dort wird man uns legitimieren.«
    Ich bin im Grunde ziemlich gutgläubig, vielleicht hing meine Reaktion mit Celine und dem Sarg zusammen.
    »Mir wäre es lieber, sie gäben mir den Namen ihrer Behörde. Dann suche ich mir die Nummer selbst aus dem Telefonbuch heraus.«
    Nach einigem Blättern fand ich es: Bundesamt für Verfassungsschutz, Außenstelle Berlin, Mauerstraße 34–38, 10117 Berlin. Telefon 226 570 stimmte. Irgendwie fand ich es auch wieder tröstlich, in einem Staat zu leben, dessen Geheimdienst im Telefonbuch steht. Ich nahm mir vor, demnächst zu schauen, ob die Leute auch eine Homepage betrieben, zum Beispiel mit den Fotos aller Mitarbeiter, oder wenigstens das Foto des »Mitarbeiters des Monats«. Jedenfalls wurde mir unter der Telefonnummer 226 570 versichert, daß die Herren Jablonske und Waldeck in offiziellem Auftrag kämen und die Bundesrepublik Deutschland meine Kooperation zu schätzen wisse.
    Mir gegenüber hatte diese Bundesrepublik Deutschland bei meinen Nachforschungen zu Celines Verschwinden keine übermäßige Kooperation gezeigt, aber ich war interessiert, was die Herren aus der Mauerstraße 34–38 wollten oder mir mitzuteilen hätten.
    Sie standen noch immer im Hausflur, direkt vor meinem Türaufkleber mit den zwei dicknasigen Polizisten und der Aufschrift: »Wir müssen leider draußen bleiben.« Den hatte Celine dort einmal angeklebt, und nach meinen Erfahrungen mit Hauptkommissar Czarnowske letztes Jahr war er da geblieben.
    Endlich eingelassen, schauten sich Jablonske und Waldeck mit mehr als professioneller Neugier um. Ich kannte das schon, mein Hauswart hatte es einmal so ausgedrückt: »Ist doch interessant, mal zu sehen, wie ein Arzt so wohnt« – und war sicher ebenso enttäuscht gewesen wie jetzt die Herren vom Verfassungsschutz. Was stellen sich die Leute vor? Einen heimlichen OP in der Küche? Einen Sack voll Drogen in jeder Ecke? Vergoldete Wasserhähne?
    Jablonske zog erst einmal ein Papiertaschentuch hervor, schnaubte sich ausführlich und murmelte entschuldigend »Stirnhöhlen«, vielleicht in Erwartung eines kostenlosen ärztlichen Wundertips. Vergebens.
    Kollege Waldeck begann mit der Befragung.
    »Können Sie uns Ihr Verhältnis zu Frau Bergkamp beschreiben?«
    Eine berechtigte Frage, schien mir, wollten die beiden abwägen, wieviel von ihren Informationen sie mit mir teilen würden. Allerdings, woher wußte der Verfassungsschutz überhaupt von unserer Beziehung? Meine entsprechende
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