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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt
Autoren: Christoph Spielberg
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Frage wurde nicht direkt beantwortet, aber schließlich war ich in den Wochen nach Celines letztem Anruf, direkt von der Grenze zwischen der Türkei und dem kurdischen Irak, häufig genug im Auswärtigen Amt vorstellig geworden. Immer hatte mich derselbe freundliche Legationsrat empfangen, immer mit demselben Bescheid, daß er tue, was in seiner Macht stehe, aber ...
    »Celine Bergkamp und ich waren Freunde.«
    »Und wie gute Freunde, bitte?«
    »Sehr gute Freunde. Enge Freunde. Seit Jahren.«
    »Aber sie wohnten nicht zusammen?«
    »Nein. Doch Sie wissen sicher, daß Celine gleich gegenüber wohnt – gewohnt hat.«
    »Aber trotzdem enge Freunde, ich verstehe.« Offensichtlich nicht, wie seine nächste Frage zeigte.
    »Und warum waren sie nicht verheiratet?«
    Hatten Celines Eltern mir die beiden geschickt? Ich mußte schmunzeln. Celines Eltern wurden beim Verfassungsschutz sicher immer noch als potentielle Staatsfeinde geführt, obgleich aus ihrem angekündigten langen Marsch durch die Institutionen ein flotter Marsch in die Bürgerlichkeit geworden war. Wahrscheinlich deshalb ging es jetzt mit Politik weiter, nachdem ich ihre letzte Frage unbeantwortet gelassen hatte.
    »Sagen Sie, Dr. Hoffmann, teilen Sie die politischen Ansichten von Frau Bergkamp?«
    Celines politische Ansichten waren einem täglichen Wechsel unterworfen und zumindest ebenso verworren und widersprüchlich wie meine Vorstellungen zu den ersten zehn Millisekunden nach dem Urknall oder der Frage, wie ein Reißverschluß tatsächlich funktioniert.
    »Sie kennen Frau Bergkamps politische Ansichten?«
    Jablonske war weiter mit seiner Sommergrippe beschäftigt, Waldeck fuhr fort.
    »Nach unseren Informationen soll sich Frau Bergkamp sehr aktiv in verschiedenen oppositionellen Gruppen betätigt haben.«
    Für den Moment schluckte ich meinen aufkommenden Ärger hinunter.
    »Celine Bergkamp hat sich immer für Gerechtigkeit und Menschenrechte eingesetzt, für die Chancengleichheit aller. Sie war recht aktiv in ProAsyl – ist das in Ihren Augen eine oppositionelle Gruppe? Verstößt jemand, der sich für die Rechte von Asylanten einsetzt, gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland?«
    »Na ja, immerhin gibt es Fotos von Frau Bergkamp auf verschiedenen Anti-Globalisierungsdemonstrationen.«
    »Das glaube ich Ihnen gerne. Celine nahm immer Partei für die Schwächeren, die Benachteiligten. Und für sie bedeutete Globalisierung die Fortsetzung unseres westlichen Kolonialismus auf hohem Niveau. Das macht sie in meinen Augen noch längst nicht zu einer Bombenlegerin in Bagdad.«
    Waldeck blieb unbeirrt.
    »Sie selbst, Herr Dr. Hoffmann, waren über lange Jahre Assistentensprecher in Ihrer Klinik, richtig?«
    Langsam nahm die Sache Konturen an. Den beiden vom Verfassungsschutz ging es nicht um Celines Schicksal im Irak, oder gar, mich darüber zu informieren. Sie waren hier am Aufspüren und Ausheben einer Terrorzelle! Ich erhob mich.
    »Entschuldigen Sie meine Naivität. Für einen Moment war ich tatsächlich davon ausgegangen, daß Sie mir etwas zum Tod von Frau Bergkamp mitteilen könnten. Wenn das nicht der Fall ist, haben Sie heute abend sicher noch wichtige Aufgaben, von denen ich Sie nicht abhalten will.«
    Waldeck sprang auf, Gesicht hochrot, wollte etwas sagen. Wahrscheinlich etwas wie, daß er auch anders könne oder daß ich mich nicht zu sicher fühlen solle. Der ohnehin verschnupfte Kollege Jablonske hingegen blieb sitzen, schnaubte erneut laut und ausführlich, inspizierte das Ergebnis im Taschentuch und räusperte sich.
    »Herr Dr. Hoffmann. Wir vom Verfassungsschutz sind manchmal etwas betriebsblind und stellen dann Fragen, die mißverstanden werden können.«
    Eine deutliche Kritik am Kollegen Waldeck, Jablonske hatte mich leicht auf seine Seite bekommen.
    »Ich schlage vor, wir beginnen unser Gespräch einfach von vorne. Wir sind an der Aufklärung des Schicksals von Frau Bergkamp genauso interessiert wie Sie, das können Sie mir glauben. Aber dazu brauchen wir ein paar Hintergrundinformationen. Zum Beispiel, wie es überhaupt zu diesem Hilfstransport von Frau Bergkamp in das irakische Kurdistan kam, wer ihr dabei geholfen hat. Wären Sie bereit, uns dazu ein paar Auskünfte zu geben?«
    Wahrscheinlich handelte es sich nur um das alte Spiel guter Kommissar und böser Kommissar, aber ich ging darauf ein. Eventuell würden die beiden schließlich doch noch mit etwas Wissenswertem herausrücken. Also setzte
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