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Denn vergeben wird dir nie

Denn vergeben wird dir nie

Titel: Denn vergeben wird dir nie
Autoren: Mary Higgins Clark
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der Verzeihung, dachte ich. Er
schuldet ihm achtzehn Jahre – und das Leben, dass er
eigentlich hätte leben sollen.
»Wann werden Sie das auf Ihrer Website veröffent
lichen, Ellie?«, fragte Michael Rayburn.
»Sobald ich es aufgeschrieben habe. Das wird etwa eine
Stunde in Anspruch nehmen.«
»Dann will ich Sie nicht länger aufhalten. Wir werden es
uns dann anschauen. Bitte rufen Sie mich an, wenn neue
Informationen auftauchen.«
Mir war bewusst, in welcher Gefahr ich bereits jetzt
schwebte und dass es der pure Leichtsinn war, diesen
neuen Angriff zu starten.
Aber es war mir egal.
Wenn ich an alle Opfer dachte, die auf Rob Westerfields
Konto gingen, wurde ich rasend vor Wut.
Phil, ein Einzelkind.
Dan, dessen Leben zerstört wurde.
Die Rayburns.
Dans Mutter.
Robs Großmutter.
Unsere Familie.
Ich begann Phils Geschichte mit der Überschrift:
»AN DIE STAATSANWALTSCHAFT VON WEST
CHESTER, ZUR FREUNDLICHEN KENNTNIS
NAHME!«
Meine Finger flogen über die Tastatur. Um neun Uhr
war ich fertig. Ich las den Text noch einmal durch und
übertrug ihn mit grimmiger Befriedigung auf die Website.
Es wurde allmählich Zeit, aus dem Gasthaus auszu
ziehen. Ich schaltete den Computer aus, packte in fünf
Minuten meine Sachen zusammen und ging nach unten.
Ich war gerade dabei, am Empfang meine Rechnung zu
begleichen, als mein Handy klingelte.
Ich hatte mit Marcus Longo gerechnet, aber als ich mich
meldete, hörte ich die Stimme einer Frau mit spanischem
Akzent.
»Miss Cavanaugh?«
»Ja.«
»Ich habe Ihre Website gesehen. Mein Name ist Rosita
Juarez. Ich war Haushälterin bei den Eltern von Rob
Westerfield, bis er ins Gefängnis kam. Ich kenne ihn, seit
er zehn Jahre alt ist. Er ist ein böser Mensch.«
Ich packte das Handy fester und presste es an mein Ohr.
Diese Frau war die Haushälterin gewesen in der Zeit, in
der Rob die beiden Morde verübt hatte! Was wusste sie?
Sie klang ängstlich. Bitte nicht auflegen, flehte ich in
Gedanken.
Ich bemühte mich, mit ruhiger Stimme zu sprechen. »Ja,
Rob ist wirklich ein böser Mensch, Rosita.«
»Er hat mich von oben herab behandelt. Er hat sich über
meine Art zu reden lustig gemacht. Er ist immer gemein
und unhöflich zu mir gewesen. Deswegen möchte ich
Ihnen helfen.«
»Wie können Sie mir helfen, Rosita?«
»Sie haben Recht, Rob hat manchmal eine blonde
Perücke getragen. Einmal hatte er sie auf und sagte zu mir:
›Mein Name ist Jim, Rosita. Das müssten selbst Sie sich
merken können.‹«
»Sie haben gesehen, wie er die Perücke trug?«
»Ich habe die Perücke.« Eine Spur von Triumph klang in
ihrer Stimme durch. »Seine Mutter hat sich immer
furchtbar aufgeregt, wenn er die Perücke trug und sich Jim
nannte, und eines Tages hat sie sie in den Müll geworfen.
Ich weiß nicht, warum, aber ich habe sie wieder
herausgeholt und mit nach Hause genommen. Ich wusste,
dass sie viel Geld gekostet hatte, und dachte, ich könnte
sie vielleicht verkaufen. Aber dann habe ich sie in eine
Schachtel in einen Schrank getan, und ich hatte sie völlig
vergessen, bis ich gelesen habe, was Sie darüber auf Ihrer
Website geschrieben haben.«
»Rosita, ich würde diese Perücke gerne haben. Vielleicht
kann ich sie Ihnen abkaufen?«
»Nein, Sie brauchen sie nicht zu bezahlen. Würde sie
Ihnen dabei helfen, den Leuten zu beweisen, dass er dieses
Mädchen, Phil, umgebracht hat?«
»Ich glaube schon. Wo wohnen Sie, Rosita?«
»In Phillipstown.«
Phillipstown war ein Ortsteil von Cold Spring, nicht
mehr als zehn Meilen entfernt.
»Rosita, kann ich jetzt zu Ihnen kommen und die
Perücke holen?«
»Ich weiß nicht.«
Ihre Stimme klang beunruhigt.
»Warum nicht, Rosita?«
»Weil sich meine Wohnung in einem Haus mit zwei
Stockwerken befindet und meine Vermieterin alles
mitkriegt. Ich möchte nicht, dass jemand Sie hier sieht. Ich
habe Angst vor Rob Westerfield.«
Im Augenblick ging es mir nur darum, alles zu tun, um
an die Perücke zu kommen. Später, wenn Rob des Mordes
an Phil angeklagt werden würde, konnte ich immer noch
versuchen, Rosita zu bewegen, als Zeugin aufzutreten.
Noch bevor ich ansetzte, sie zu überzeugen, kam sie mir
mit einem Vorschlag zuvor: »Ich wohne nur ein paar
Minuten vom Phillipstown Hotel entfernt. Wenn es Ihnen
recht ist, könnte ich hinfahren, und wir könnten uns am
Hinterausgang treffen.«
»Ich könnte in zwanzig Minuten dort sein«, sagte ich.
»Nein, sagen wir eine halbe Stunde.«
»Ich werde dort sein. Wird die Perücke Rob wieder
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