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Denn rein soll deine Seele sein

Denn rein soll deine Seele sein

Titel: Denn rein soll deine Seele sein
Autoren: Faye Kellerman
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Gegenüberstellung mit den Tätern erspart.
    Aber eine Vergewaltigung ausgerechnet in der Judenschule? Dorthin verirrte sich kaum ein Einheimischer. Er war übrigens auch noch nie dort gewesen. Das Grundstück war von einer Mauer umgeben und mit einem Tor versehen, und die Juden hatten kaum Kontakt mit der Außenwelt. In die Stadt kamen sie eigentlich nur zum Einkaufen oder vielleicht mal zu einer Autoreparatur. Sie waren andersartig, aber Scherereien hatte es mit ihnen noch nie gegeben. Ich wünschte, die wären hier alle so, dachte Decker. Wie mochte das auserwählte Volk auf ein Notzuchtverbrechen reagieren? Er würde es bald genug erfahren, aber er wußte auch, daß die Ermittlungen keine reine Freude sein würden.
    Er sah sich um. Marge Dunn stand an der Kaffeemaschine. Er ging zu der beliebtesten Ecke des Dienstraums hinüber und tippte ihr auf die Schulter. »Ich brauch dich, Baby.«
    Sie wandte sich um, einen dampfenden Becher mit Kaffee in der Hand. Mit ihrem starkknochigen Körperbau wirkte sie viel älter als siebenundzwanzig, aber daß man ihre Größe und ihr Gewicht respektierte, war ihr nur recht. Das Gesicht mit den großen, sanften Augen und dem seidigblonden Haar war weich und weiblich. »Für dich tu ich doch alles, Pete.«
    »Stell dir vor, ein Notzuchtverbrechen in der Judenschule.«
    Marge stellte den Becher aus der Hand. »Machst du Witze?«
    »Schön war's ja.«
    Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Sag mal, warum schickst du eigentlich nicht Hollander? Durch diese Geschichte in Foothill kriegen wir doch sowieso schon jede Menge Überstunden zusammen. Und er ist gerade erst aus dem Urlaub gekommen.«
    »Ich würde ihm den Fall ja liebend gern aufhalsen, aber er ist im Dodger-Stadion.«
    »Über Funk kriegst du ihn doch immer...«
    »Ich halte nichts davon, einen Kollegen bei einem Baseballmatch zu stören.«
    »Aber eine Kollegin bei einer Tasse Kaffee zu stören, dabei denkst du dir nichts, was?«
    »Jetzt komm schon.« Decker wandte sich zur Tür.
    Marge griff sich ihre Tasche und folgte widerwillig. Immer dasselbe, dachte sie. Pete ist ein guter Cop, er denkt schnell und arbeitet wie besessen. Aber gerade deshalb landen alle heiklen Fälle mit schöner Regelmäßigkeit bei ihm.
    Sie verließen das Revier, ein heruntergekommenes, früher weiß verputztes Gebäude, das jetzt mit einer grauen Schmutzschicht überzogen war, und gingen zu dem hell beleuchteten Parkplatz. Decker warf Marge die Schlüssel für den 79er Plymouth mit verblaßter Bronzemetallic-Lackierung zu, zwängte sich auf den Beifahrersitz und schob ihn so weit wie möglich nach hinten. Verdammte Sardinenbüchse, dachte er, nachdem er sich wieder mal das Schienbein am Armaturenbrett gestoßen hatte. Wann gibt's bei der Polizei endlich Dienstwagen für Leute, die über eins achtzig groß sind? Vielleicht, wenn ich im Ruhestand bin.
    Er kurbelte das Fenster herunter. Eine Wahnsinnshitze war das. Decker spürte schon die feuchten Flecke unter den Achseln, Schweiß rann ihm über Nacken und Rücken. Er krempelte die Hemdsärmel hoch und streckte einen stämmigen, sommersprossigen Arm aus dem Fenster.
    »Wie im Backofen«, sagte Marge. »Gemein für den Kreislauf.« .
    »Ich weiß immer im voraus, wenn wir eine Hitzewelle kriegen«, murrte Decker. »Eine Woche vorher geht im Wagen die Klimaanlage kaputt.«
    »Eine Vergewaltigung in der Judenschule«, überlegte Marge laut. »Und ich hab immer gedacht, die sind da unantastbar. Wie im Kloster. Wer vergeht sich schon an einer Nonne?«
    »Wer vergeht sich überhaupt an einer Frau?« sagte Decker.
    »Auch wieder wahr.« Marge startete und warf Decker einen raschen Blick zu. »Du siehst heute wirklich elend aus, Pete.«
    »Besten Dank für die Blumen.«
    Marge gab Gas, daß die Reifen aufjaulten. »Hoffentlich ist das nicht der Auftakt zu einer Serie von Gewalttaten gegen die Juden.«
    Decker stieß hörbar die Luft aus. Der Gedanke war ihm auch schon gekommen. Es gab erhebliche Animositäten gegenüber den Juden. Mutwillige Zerstörungen waren in der Jeschiwa schon mehrmals vorgekommen, aber an Menschen hatten die Täter sich nie vergriffen. Bis heute Abend.
    »Warten wir's ab, Marge. Vielleicht gibt es eine logische Erklärung für den Vorfall.«
    »Ich weiß nicht, Pete... Für so was gibt's eigentlich nie eine logische Erklärung.« Sie fuhr rasch und umsichtig. »Was machen die Pferde?«
    »Bei mir ist gerade ein Stutfohlen angekommen.« Decker lächelte. »Eine kleine
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