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Denn rein soll deine Seele sein

Denn rein soll deine Seele sein

Titel: Denn rein soll deine Seele sein
Autoren: Faye Kellerman
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behalten sie, so lange es nötig ist«, sagte Zvi beruhigend. »Komm zum Schabbes zu uns, ja?«
    Er streckte Decker die Hand hin. »Danke, Detective. Wie haben Sie das gemacht?«
    »Es war nicht mein Werk. Rina und Moshe -«
    »Moshe? Moshe hat den mamzer geschnappt?«
    »Zusammen mit Rina.«
    Aber Zvi war schon auf Moshe zugelaufen, umarmte ihn, hob ihn auf die Schultern und begann mit wohlklingendem Bariton zu singen. Weitere Männerstimmen kamen hinzu, ein Kreis bildete sich um die beiden, sie fingen an zu tanzen, und nach wenigen Minuten war der Wald von tiefen Stimmen und lautem Stampfen erfüllt.
    »Dich scheinen sie ganz vergessen zu haben«, sagte Decker.
    »Das macht nichts.« Rina weinte und lachte zugleich. »Zvi fällt es leichter, sich um Moshe zu kümmern als um mich, er hat sich ziemlich erschreckt, als er mein Gesicht sah.«
    Sie versuchte zu lächeln, aber ihre Lippen zuckten. Er nahm sie in die Arme und zog sie an sich. »Das wird schon wieder, Schatz. Bald geht's dir wieder gut.«
    »Mir geht's nie wieder gut«, schluchzte sie. Dann hob sie den Kopf und sah ihn an. »Du wirst mir so schrecklich fehlen.«
    »Komm, komm, ich geh doch nicht weg.« Sie vergrub ihren Kopf in seinen Armen und klammerte sich an ihn.
    Dann spürte sie eine Hand auf der Schulter und sah auf. Chana stand vor ihr.
    »Komm jetzt, Rina. Der Krankenwagen ist da, ich helfe dir.«
    »Gleich.« Rina wischte sich die Tränen an Deckers Hemd ab.
    »Ja doch, ich komme gleich...«
    »Ze lo yafeh«, sagte Chana. »Yafeh lo shayach po.«
    Chana hob resignierend die Hände und ging davon.
    Rina lehnte den Kopf an Peters Brust. »Sie hat etwas dagegen, daß ich dich umarme. Es ist nicht anständig, hat sie gesagt.«
    »Und was hast du geantwortet?«
    »Daß es jetzt nicht darauf ankommt, was anständig ist und was nicht.« Sie hob seine Hand an ihre Lippen und küßte seine Finger, einen nach dem anderen.
    »Ich möchte mit dir ins Krankenhaus fahren.«
    Rina schüttelte den Kopf. »Nein, ich muß allein sein. Ich brauche Zeit zum Nachdenken. Nur - es fällt mir so furchtbar schwer, dich loszulassen.«
    Decker sah zu der wirbelnden Gruppe der Singenden und Tanzenden hinüber. Noch nie hatte er Menschen sich so hemmungslos freuen sehen. Den Mittelpunkt bildete Moshe, der hoch über den anderen lächelnd und nickend seine Selbstgespräche führte.
    Er strich ihr übers Haar. »Hör zu, Rina. Ich will ein paar Tage Urlaub in den Bergen machen. Für die Kinder sind es die letzten Ferientage. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich sie mitnehmen.«
    »Ich weiß nicht, Peter...« Sie hielt ihn noch immer umschlungen.
    Er küßte ihren Scheitel. »Ganz wie du willst.«
    Sie schloß die Augen und fuhr mit dem Zeigefinger über sein unrasiertes Kinn. »Du würdest koscheres Essen für sie brauchen.«
    »Dann kauf ich eben koscheres Essen.«
    Widerstrebend löste sie sich von ihm. »Ich rufe dich an, Peter. In jedem Fall. Das verspreche ich dir.«
    Sie warf einen flüchtigen Blick über die Schulter, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn leicht auf die Lippen.
    Er sah ihr nach, bis sie in dem wartenden Krankenwagen verschwunden war. Dann setzte er sich unter den Baum, holte eine Zigarette heraus, suchte aber in seinen Taschen vergeblich nach Streichhölzern. Die Zigarette zwischen Daumen und Mittelfinger haltend, sah er zu den Männern hinüber, bis sicheren Schrittes, korrekt gekleidet wie immer, der Rosch-Jeschiwa auf ihn zukam.
    Decker wollte aufstehen, aber der Rabbi winkte ihm sitzenzubleiben und ließ sich neben ihm nieder. Er zündete zwei seiner handgerollten Zigaretten an und gab eine Decker.
    »Danke. Beachtlich, der Auftrieb da drüben.«
    »Wir Juden neigen zu emotionalen Extremen. Wir verstehen zu trauern, und wir verstehen zu frohlocken. Der Jubel gilt Moshe ebenso wie der Ergreifung von Gilbert.« Schulman schüttelte betrübt den Kopf, als der Name des Lehrers fiel.
    »Das mit Gilbert konnten Sie unmöglich wissen, Rabbi.«
    »Sehr wahr, mein Sohn. Nur Hashem ist allwissend, und wenn er uns nicht für würdig erachtet, durch Vermittlung der Propheten oder des Messias seiner Botschaft teilhaftig zu werden, müssen wir Sterblichen im Zustand der Unwissenheit verharren. Ich war mein Leben lang ein Lernender, Detective, ich habe nicht nur aus den Schriften meines Glaubens, sondern aus zahllosen anderen Quellen Wissen erworben , habe amerikanisches Recht, Philosophie, Psychologie, Wirtschaftslehre und politische
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