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Denn ewig lebt die Liebe

Denn ewig lebt die Liebe

Titel: Denn ewig lebt die Liebe
Autoren: Irina Reinert
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nach oben betrachtete er das Mädchen, das in ausgebeulten Jeans und weißer Leinenbluse vor ihm stand und sich nur mit Mühe das Lachen verbeißen konnte.
    "Erstens hab ich mich nicht verletzt, weil ich nicht hingefallen bin. Zweitens mag ich es nicht, wenn du dauernd wie eine Verrückte von einem Zimmer ins andere rennst, und drittens bin ich nicht dein Daddy sondern dein Vater."
    Dr. Hofmann spürte, wie sein Blut in den Ohren rauschte. Er wußte selbst nicht, weshalb er so nervös und aggressiv war. Bis eben noch hatte er versucht, sich einzureden, dass alles in Ordnung war. Doch eine Kleinigkeit genügte, um seine Laune wieder auf den Nullpunkt zu bringen.
    "Du bist heute morgen mit dem falschen Bein aufgestanden, Daddy", stellte das Mädchen gleichmütig fest und schaute sich im Zimmer um. "Gemütlich ist es nicht gerade. Ich überlege schon die ganze Zeit, was noch fehlt." Ihr Blick fiel auf den Schreibtisch. "Jetzt weiß ich es."
    "Es ist mein Zimmer, Natja, und ich lasse mir von dir nicht dreinreden, wie ich es gestalte. Ich rede dir auch nicht drein", warnte der Arzt gefährlich leise. "Lass die Hände von meinen Sachen, oder ich werde einmal den Spieß umdrehen und in deinem Zimmer aufräumen. Dann wird kein Stein mehr auf dem anderen sein, das kann ich dir jetzt schon versprechen."
    Die Fünfzehnjährige ließ sich nicht beirren. Sie ging zum Schreibtisch und stellte ein Bild darauf, das sie die ganze Zeit hinter dem Rücken versteckt gehalten hatte. "Jetzt kannst du weiter einräumen. Das Wichtigste ist an seinem Platz."
    Noch ehe Dr. Hofmann reagieren konnte, hatte ihm das Mädchen einen Kuß auf die Wange gehaucht und war zur Tür hinaus. "Vergiß nicht, dass es deine Entscheidung war, aufs Land zu ziehen. Ich hab mich in der Stadt wohl gefühlt. Doch du hast ja eine Veränderung gebraucht in deinem Leben." Trotz schwang in ihrer Stimme mit. Sie war in der Stadt geboren und aufgewachsen, mit Landleben konnte sie bis jetzt noch nichts anfangen, obwohl sie insgeheim auch nicht mehr hatte in Heidelberg bleiben wollen.
    Dr. Hofmann seufzte auf. Natja hatte Recht mit ihrer Bemerkung. Sie hatte sich mit Händen und Füßen gegen den Umzug gewehrt. Doch nach dem Tod seiner geliebten Frau hatte es der Arzt nicht mehr in der gewohnten Umgebung ausgehalten, wo ihn alles an Simone erinnerte.
    "Paß auf deine Schwester auf", rief er seiner älteren Tochter nach, wußte jedoch nicht, ob sie ihn noch gehört hatte. Er konnte ihre raschen Schritte auf der Treppe hören, die nach oben führte. Auch sie schien heute ziemlich aggressiv zu sein.
    Seufzend trat der Arzt zum Schreibtisch, um die Bücher in die Regale einzuordnen, die die Möbelfirma erst vor ein paar Tagen aufgestellt hatte. Im ganzen Zimmer roch es nach Holz und Putzmittel, und die scharfen Dämpfe trieben dem Arzt schon nach kurzem Aufenthalt Tränen in die Augen.
    Nur verschleiert konnte er deshalb erkennen, was seine älteste Tochter ihm gebracht hatte. Doch er hätte es auch dann erraten, wenn er überhaupt nichts hätte sehen können. Es war das Bild seiner Frau Simone, Natjas Mutter. Lachend blickte sie in die Kamera, und er konnte sich noch gut an die Situation erinnern, als er sie fotografiert hatte. Sie waren am Neckar spazieren gegangen, und Simone hatte träumend dem weißen Schiff nachgeschaut, das gemütlich über das Wasser getuckert war. Als sie merkte, dass Alex die Kamera auf sie richtete hatte sie etwas verlegen gelacht, denn sie mochte es nicht besonders, in gefühlsduseligen Momenten beobachtet zu werden. Zumindest hatte sie das damals behauptet.
    Dr. Hofmann war zumute, als würde für einen Moment alles um ihn herum versinken in einem Meer von Traurigkeit. Seine Sehnsucht nach der Verstorbenen wurde so übermächtig in ihm, dass er die restlichen Bücher auf dem Schreibtisch liegen ließ und sich auf eine der umgedrehten Obstkisten setzte, die er für den Transport seiner verschiedenen Kleinigkeiten gebraucht hatte..
    "Ach Simone, warum nur bist du jetzt nicht an meiner Seite? Ich bin sicher, du hättest dich hier auf dem Lande sehr wohl gefühlt." Er biss sich auf die Lippen und versuchte, die Trauer, die ihn so unerwartet überfallen hatte, wieder hinunterzuschlucken.
    "Soll ich schon mal die Kisten auspacken, auf denen ´Geschirr` steht?" Mit leichtem Schritt betrat, nach einmaligem Klopfen, Ingeborg Blatt das zukünftige Sprechzimmer des Arztes. "Ich würde gern einmal etwas Richtiges kochen und nicht dauernd das Essen vom
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