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Denn die Gier wird euch verderben - Thriller

Denn die Gier wird euch verderben - Thriller

Titel: Denn die Gier wird euch verderben - Thriller
Autoren: sa Larsson
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Blaubeeren gepflückt haben. Kann das fünfundneunzig gewesen sein? In acht Stunden habe ich hundertfünfundvierzig Liter Blaubeeren gepflückt. Sie wuchsen überall. Am Rand der Moore und auf den trockenen Flächen und dort, wo Holzschlag war. Sie waren so schwer, dass die Stengel sich bogen, zuerst sah man nur grün, musste die Stengel heben, um pflücken zu können. Große Beeren. Und total von der Sonne gesättigt und süß. Hier ist es! Du brauchst nicht auf den Hof zu fahren. Bleib einfach hier stehen.«
    Endlich, dachte Rebecka.
    Sivving zeigte auf ein Haus am Straßenrand. Es war ein einstöckiges Holzhaus, irgendwann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts errichtet. Ein schmiedeeiserner Balkon vorn über der Haustür schien in einem Zustand zu sein, dass man ihn besser nicht betrat. Es gab keine Vortreppe. Zwei Holzkisten aufeinander führten zur Haustür. Vermutlich war die alte Vortreppe abgerissen worden, und es war nie zum Bau einer neuen gekommen. Es gab keinen Rasen, das Haus stand auf einer dürftigen Wiese, wie sie auf Sandboden wächst. Eine Sonnenuhr und eine Fahnenstange, von der die Farbe abgeblättert war, standen mitten auf dem Hofplatz und sahen verlassen aus. Gefrorene Bettbezüge und Laken an einer Wäscheleine zeugten davon, dass die Frostnächte eingesetzt hatten.
    »Ich frage mich, ob es nicht dasselbe Jahr war, in dem ich so viel Moosbeeren gepflückt habe«, sagte Sivving, den die Erinnerung an die Beeren in gute Laune versetzt hatte und der noch lange nicht aufhören wollte. »Das war im Spätherbst. Man musste mitten am Tag pflücken, ehe die Nachtkälte einsetzte, denn morgens waren die Beeren dann am Boden angefroren.«
    Rebecka rutschte auf dem Rücksitz hin und her. Wenn er nur aussteigen und nach dieser Sol-Britt schauen wollte, damit sie danach in den Wald gehen könnten.
    Natürlich muss er sich aussprechen, mahnte sie sich. Nun lass ihn doch einfach reden.
    »Eines Tages habe ich vierundzwanzig Liter gepflückt«, machte Sivving weiter. »Zwei davon habe ich Maj-Lis’ Schwester in Pajala gegeben. Und sie hatte Verwandte aus Finnland zu Besuch, die fünf Liter gepflückt hatten. Sie waren so zufrieden. Gunsan sagte: ›Ich kenne einen, der hat vierundzwanzig Liter gepflückt.‹ – › Sitä ei voi ‹, sagten die anderen. ›Das kann man nicht.‹ – ›Der schon‹, sagte Gunsan.«
    Er verstummte und sah das Haus an. Dort war alles still.
    »Na, da geh ich wohl mal nachsehen«, sagte er dann. »Ihr wartet doch sicher?«

S IVVING ÖFFNETE DIE H AUSTÜR , ohne anzuklopfen, wie es in der Gegend üblich war.
    »Hallo«, rief er, bekam aber keine Antwort.
    Die Diele war zur Küche hin offen. Drinnen war alles sauber und ordentlich. Der Spültisch aus Stahl glänzte. Darauf lag ein Deckchen mit einer leeren Vase. Das Spülbecken war leer. Die weißen Fliesen waren mit Aufklebern dekoriert, abwechselnd vier Früchte und vier große Blumen in Gelb und Braun.
    Sivving blieb ein Weilchen stehen. Er musste an seine Frau Maj-Lis denken. Die hatte auch nie auch nur ein Glas im Spülstein stehen lassen. Alles musste immer picobello sein. Mit dem Geschirrtuch abgetrocknet und in den Schrank eingeräumt werden.
    Und wie es ihm ergangen war, wenn er gespült hatte: Er hatte sich noch so viel Mühe geben können, es war nie gut genug gewesen. Immer hatte sie noch einmal zum Geschirrtuch gegriffen und allem den letzten Schliff gegeben.
    Ohne Maj-Lis ist es nicht dasselbe, dachte er.
    Er wäre nie auf die Idee gekommen, dass sie ihm wegsterben könnte. Sie waren doch gleich alt. Und die ganze verdammte Forschung stellte doch fest, dass Frauen länger lebten als Männer. Warum mussten dann er und Maj-Lis die Ausnahme bilden?
    Nach ihrem Tod hatte er Tischdecken gebügelt und Blumen für die Vasen zu Hause gepflückt. Heidekraut, Sumpfporst und Butterblumen. Es half nichts. Es half auch nichts, dass er immer wieder sauber machte. Das Haus hatte nicht mehr gelebt. Es schien das alles nicht zu wollen.
    Es zu verkaufen hätte er nicht ertragen. Aber er hatte es auch nicht ertragen, in der Leere wohnen zu bleiben. In den Heizungskeller unten im Haus zu ziehen war die beste Lösung gewesen.
    Weniger sauber zu halten, sagte er, wenn er gefragt wurde. Wie sollte man solche Dinge Leuten erklären, die nichts begriffen?
    Jetzt sah er sich in Sol-Britt Uusitalos Küche um. Geraffte Vorhänge. Nippes und viele Blumen in den Fenstern.
    Aber die unteren Küchenschranktüren standen offen.
    Seltsam,
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