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Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Titel: Denken hilft zwar, nutzt aber nichts
Autoren: Dan Ariely
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sind. Dennoch drängen wir immer wieder auf ein höheres Gehalt. Und das liegt größtenteils am schieren Neid. Wie H. L. Mencken, der große Journalist, Satiriker, Sozialkritiker, Zyniker und Freidenker des 20. Jahrhunderts, bemerkte, hängt die Zufriedenheit eines Mannes mit seinem Gehalt davon ab (sind Sie bereit für die Wahrheit?), ob er mehr verdient als der Ehemann der Schwester seiner Frau. Warum der Ehemann der Schwester seiner Frau? Weil (und ich habe das Gefühl, dass Menckens Frau ihn über das Gehalt des Mannes ihrer Schwester immer auf dem Laufenden hielt) sich dieser Vergleich geradezu aufdrängt und zudem leicht zu ziehen ist. *
    All die Auswüchse bei den Managergehältern haben eine schädliche Wirkung auf die Gesellschaft. Jedes neue astronomisch hohe Gehalt ermutigt andere Manager, noch mehr zu verlangen, anstatt sich zu schämen. »In der globalisierten Welt von heute«, lautete eine Schlagzeile in der
New York Times,
»beneiden die Reichen die Superreichen.«
    In einem anderen Zeitungsbericht erklärte ein Arzt, dass er nach seinem Harvard-Studium davon geträumt habe, eines Tages den Nobelpreis für Krebsforschung zu bekommen. Das war sein Ziel, sein Traum. Doch ein paar Jahre später stellte er fest, dass mehrere seiner Kollegen als Investmentberater für Ärzte bei Firmen in der Wall Street mehr Geld verdienten als er mit seiner praktischen Tätigkeit. Er war bis dahin mit seinem Einkommen ganz zufrieden gewesen, aber als er von den Jachten und Ferienhäusern seiner Freunde hörte, kam er sich plötzlich sehr arm vor. Also steuerte er seine Karriere in eine neue Richtung – in Richtung Wall Street. 3 Zu der Zeit des zwanzigsten Treffens seines Abschlussjahrgangs verdiente er schließlich zehnmal mehr als die meisten seiner früheren Kommilitonen in der Medizin. Wir sehen geradezu vor uns, wie er bei dem Treffen mit einem Drink in der Hand mitten im Raum steht – ein großer Kreis, vor Wichtigkeit strotzend, umgeben von kleineren Kreisen. Er hat den Nobelpreis nicht bekommen, sondern seine Träume für ein Wall-Street-Gehalt geopfert, für die Chance, sich nicht mehr »arm« zu fühlen. Wen wundert es da noch, dass es bei einem Durchschnittseinkommen von 160 000 Dollar im Jahr immer weniger Hausärzte gibt? *
     
    Können wir irgendetwas gegen dieses Relativitätsproblem tun?
    Die gute Nachricht ist, dass wir manchmal die »Kreise« um uns herum selbst bestimmen und uns kleineren Kreisen anschließen können, die unsere relative Zufriedenheit fördern. Wir können, wenn beim nächsten Klassentreffen ein »großer Kreis«mit einem Drink in der Hand mitten im Raum steht und mit seinem tollen Gehalt prahlt, bewusst ein paar Schritte zur Seite treten und uns mit jemand anderem unterhalten. Wir können, wenn wir uns mit dem Gedanken an einen Hauskauf tragen, selektiver vorgehen und die Häuser, die unsere Möglichkeiten übersteigen, erst gar nicht besichtigen. Wir können uns, wenn wir an den Kauf eines neuen Autos denken, auf die Modelle konzentrieren, die wir uns leisten können, und so weiter.
    Wir können auch unseren Fokus von eng auf weit stellen. Zur Erklärung hier ein Beispiel aus einer Studie, die von zwei brillanten Forschern, Amos Tversky und Daniel Kahneman, durchgeführt wurde. Nehmen wir an, Sie müssen heute zwei Dinge besorgen, einen neuen Füller und einen neuen Anzug fürs Büro. In einem Fachgeschäft für Büroartikel finden Sie einen schönen Füller für 25 Dollar. Sie wollen damit schon zur Kasse gehen, als Ihnen einfällt, dass der gleiche Füller in einem anderen, 15 Minuten entfernten Geschäft für 18 Dollar angeboten wird. Was würden Sie tun? Nehmen Sie die 15 Minuten Fahrt auf sich, um die 7 Dollar zu sparen? Die meisten mit dieser Frage konfrontierten Leute sagen, sie würden die Fahrt machen, um die 7 Dollar zu sparen.
    Und jetzt zu Ihrer zweiten Aufgabe, dem Kauf des Anzugs. Sie finden einen eleganten grauen Nadelstreifenanzug für 455 Dollar und beschließen, ihn zu kaufen, doch dann flüstert Ihnen ein anderer Kunde ins Ohr, dass der gleiche Anzug in einem anderen Geschäft, nur 15 Minuten entfernt, nur 448 Dollar kostet. Nehmen Sie diese zweite Fahrt auch auf sich? In diesem Fall würden die meisten Leute verneinen.
    Doch was läuft hier ab? Sind 15 Minuten Ihrer Zeit nun 7 Dollar wert oder nicht? Eigentlich sind 7 Dollar natürlich 7 Dollar – egal, wie man es dreht und wendet. Sie sollten sich in diesen Fällen lediglich die Frage stellen, ob die
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