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Den lass ich gleich an

Den lass ich gleich an

Titel: Den lass ich gleich an
Autoren: E Berg
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Friseur verbracht hat. Sie dagegen war kurz vor dem Klimakterium, trug eine nicht ganz fleckenfreie Jeans, die um die Hüften spannte, und Friseure kannte sie mittlerweile nur noch vom Hörensagen.
    Während sie sich einen Weg durch die Tische bahnte, registrierte Lulu dankbar die gedimmten Kronleuchter ausKristall und die schimmernden Kerzen, die in silbernen Leuchtern steckten. Tatsächlich, kosmetisches Licht, wie bestellt.
    Allerdings passte sie mit ihrer uralten Jeans in das edle Ambiente so gut wie ein Obdachloser in ein Luxushotel. Wo war die gute Fee, die Aschenputtel in eine schöne Prinzessin verwandelte? Vor Scham wäre sie am liebsten im Boden versunken. Und dann der unförmige Rucksack! Seit sie Mutter war, ging sie nie ohne ihn aus dem Haus. Neben ihrer Kamera hatten darin raue Mengen von Papiertaschentüchern, Keksen und Spielzeug für Lotte Platz. Lulu war auf alles vorbereitet. Nur nicht auf den formvollendeten Auftritt in einem Restaurant wie diesem.
    Sie hatte wenig mehr anzubieten als das etwas vernachlässigte Äußere einer hart arbeitenden Frau. Sicher, darunter gab es eine andere Lulu zu entdecken: eine zarte, verletzliche Person, die sich nach Nähe sehnte. Doch Lulu hatte sich angewöhnt, nur noch die raue Schale zu zeigen. Es war ihre schützende Hülle, mit der sie sich gegen Enttäuschungen wappnete. Hatte Mike erkannt, dass die Frau in ihr darauf wartete, entdeckt zu werden? Es sah ganz danach aus.
    Er hatte einen Tisch etwas abseits in einer Nische ausgesucht. Cleverle. Dieser Mann überließ offenbar nichts dem Zufall, wenn er ungestört sein wollte. Sehr aufrecht stöckelte Lulu auf ihn zu. Die Schuhe waren die Hölle. Bei jedem Schritt verrutschte das zusammengeknüllte Toilettenpapier ein Stückchen mehr. Doch es stand ja glücklicherweisekein Waldspaziergang auf dem Programm. Die paar Meter würde sie schon unfallfrei schaffen.
    »Lulu! Endlich!«
    Mike sprang auf. Er stutzte kurz, als er Lulus rustikale Aufmachung begutachtete, doch dann hauchte er ihr gleich drei Küsschen auf die geröteten Wangen. Links, rechts, links.
    Wow. Lulu erschauerte. Er duftete nach Rasierwasser, nach frisch gestärktem Oberhemd, vor allem aber nach Mann. Tief sog sie diesen Geruch in sich ein. War lange her. Man konnte auf der Stelle süchtig danach werden.
    »Hallo Mike!«, strahlte sie. »War gar nicht so leicht, diesen Abend freizuschaufeln! Sie wissen ja, als Single ist man dauernd unterwegs.«
    Kein Wort über ihre einsamen Nächte. Schummeln war schließlich erlaubt, wenn es um alles ging. Eilig drückte sich Lulu auf ihren Stuhl und musterte das Objekt ihrer Begierde.
    Mike war auf etwas altmodische Weise attraktiv. Im abendlichen Schmeichellicht hätte er glatt als kleiner Bruder von George Clooney durchgehen können. Das dichte, dunkle Haar über dem kantigen Gesicht schimmerte an den Schläfen silbern. Sein Maßhemd saß so untadelig wie das dunkelblaue Jackett und die dezent gemusterte Seidenkrawatte. Tja, und es war nicht zu übersehen, dass er regelmäßig Sonnenstudios aufsuchte.
    Mike leitete eine große Werbeagentur, die Lulu abwerben wollte. Bisher hatte sie nur einen einzigen Auftrag füreine Joghurtkampagne angenommen, weil sie andere Verträge erfüllen musste. Sicherlich wollte er sie ihr ausreden. Aber da war noch mehr, sonst hätte er sie nur zu einem Kaffee eingeladen, nicht in solch ein Luxusrestaurant. Oder?
    Versäbel es nicht, redete sie sich gut zu. Das Schicksal wollte, dass du ihn heute triffst. Und das Schicksal hat sich garantiert was dabei gedacht.
    Auch Mike hatte sich eine ganze Menge gedacht. »Ich habe schon bestellt. Champagner, Austern, Trüffel – na? Was fällt Ihnen dazu ein?«
    Fieberhaft überlegte Lulu. Alles teuer? Alles französisch? Verflixt, was sollte das werden? Ein Quiz?
    »Sagen Sie’s mir«, antwortete sie, ganz Pokerface.
    Mike sah ihr tief in die Augen. »Das sind Aphrodisiaka.«
    Wie jetzt? Champagner aus Afrika? Gab es so was? Lulu hatte nicht die leiseste Ahnung, wovon Mike sprach.
    »Erotisierende Speisen«, grinste er. »Viagra zum Essen und Trinken.«
    Hallo? Sind wir hier etwa beim Vorspiel? So sicher war er, dass er eine Frau wie Lulu ganz nebenbei einsacken konnte? Irgendwie hatte das Schicksal heute einen schlechten Tag. Mike dagegen schien sich bestens zu amüsieren. Mit Schwung holte er eine Champagnerflasche aus dem Eiskübel und goss ein Glas für Lulu ein. Dann hob er sein eigenes.
    »Auf einen besonderen Abend«, sagte
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