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Delirium

Delirium

Titel: Delirium
Autoren: Lauren Oliver
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herumhuscht. Natürlich. Ihr Besuch wird überwacht. Entweder das, oder irgendjemand ist rund um die Uhr dort postiert. Wahrscheinlich beides.
    Wenigstens sind meine Kopfschmerzen etwas besser, obwohl ich jetzt einen glühenden Schmerz in meinen Schultern spüre. Ich bin immer noch ziemlich k.o. und versuche meine Lage zu verändern, bevor mir Carol, Rachel und die Nylonschnur einfallen und ich feststelle, dass meine Arme über dem Kopf ausgestreckt und an den Bettpfosten festgebunden sind wie bei einer waschechten Gefangenen. Da ist die Wut wieder, sie wallt auf, gefolgt von Panik, als mir einfällt, dass mein Eingriff auf Sonntagmorgen vorverlegt worden ist.
    Ich drehe den Kopf. Die Sonne scheint durch die dünnen Plastikjalousien, die vor den Fenstern runtergelassen wurden, und beleuchtet die Staubflocken im Zimmer.
    Â»Wie spät ist es?« Ich versuche mich aufzusetzen und schreie auf, als die Schnur tiefer in meine Handgelenke schneidet. »Welcher Tag ist heute?«
    Â»Psst.« Hana drückt mich zurück ins Bett und hält mich fest, während ich mich unter ihr winde. »Es ist Samstag. Drei Uhr.«
    Â»Du verstehst nicht.« Jedes Wort kratzt mir in der Kehle. »Sie bringen mich morgen zu den Labors. Sie haben den Eingriff vorgezogen …«
    Â»Ich weiß. Ich hab’s gehört.« Hana starrt mich eindringlich an, als versuchte sie mir etwas Wichtiges mitzuteilen. »Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte.«
    Selbst der kurze Kampf lässt mich erschöpft zurück auf die Kissen sinken. Mein linker Arm ist taub, weil er die ganze Nacht nach hinten ausgestreckt war, und die Taubheit breitet sich weiter aus und verwandelt mein Innerstes in Eis. Hoffnungslos. Die ganze Sache ist hoffnungslos. Ich habe Alex für immer verloren.
    Â»Woher weißt du das?«, frage ich Hana.
    Â»Alle reden davon.« Sie steht auf, geht zu ihrer Tasche, kramt darin herum und holt eine Wasserflasche heraus. Dann kommt sie zurück und kniet sich neben das Bett, so dass wir Auge in Auge sind. »Trink das«, sagt sie. »Davon wird’s dir besser gehen.« Sie muss mir die Flasche an die Lippen setzen wie bei einem Kleinkind. Irgendwie peinlich, aber ich bin weit davon entfernt, dass mir das etwas ausmachen würde.
    Das Wasser lindert das Feuer in meiner Kehle. »Wissen die Leute … sagen sie …?« Ich lecke mir über die Lippen und werfe einen Blick über Hanas Schulter. Da ist der Schatten. Als er sich bewegt, erkenne ich eine bunt gestreifte Schürze. Ich senke meine Stimme zu einem Flüstern. »Wissen sie, wer …?«
    Hana sagt übermäßig laut: »Sei nicht so stur, Lena. Früher oder später finden sie sowieso heraus, wer dich infiziert hat. Du kannst uns also genauso gut gleich sagen, wer es war.« Diese kleine Rede ist ganz offensichtlich für Carol bestimmt. Während des Sprechens zwinkert mir Hana zu und schüttelt kaum wahrnehmbar den Kopf. Alex ist also wirklich in Sicherheit. Vielleicht besteht ja doch noch Hoffnung.
    Mit dem Mund forme ich ein Wort: Alex . Dann rucke ich mein Kinn in Hanas Richtung und hoffe, sie versteht, dass sie ihn suchen und ihm sagen soll, was passiert ist.
    Ihre Augen zucken und das kleine Lächeln verschwindet von ihren Lippen. Ich weiß, dass sie schlechte Nachrichten für mich hat. Sie spricht immer noch extra laut und deutlich: »Das ist nicht nur stur, Lena, sondern auch egoistisch. Wenn du es ihnen sagst, kapieren sie vielleicht, dass ich nichts damit zu tun hatte. Ich find’s nicht so spitze, rund um die Uhr einen Babysitter zu haben.« Mir rutscht das Herz in die Hose. Natürlich haben sie jemanden auf Hana angesetzt. Sie vermuten wohl, dass sie irgendwie darin verwickelt ist oder zumindest über Informationen verfügt.
    Vielleicht ist es selbstsüchtig, aber in diesem Augenblick tut es mir noch nicht mal leid, dass ich ihr Ärger mache. Ich bin nur fürchterlich enttäuscht. Sie kann Alex nicht benachrichtigen, ohne ihm die gesamte Polizei von Portland auf den Hals zu hetzen. Und wenn sie herausfinden, dass er sich als Geheilter ausgegeben hat und zur Widerstandsbewegung gehört … Tja, dann werden sie sich kaum die Mühe machen, einen Prozess anzustrengen. Sie werden direkt zur Hinrichtung übergehen.
    Hana liest die Verzweiflung in meinem Gesicht. »Es tut mir leid, Lena«, sagt sie, diesmal nur ein Flüstern. »Du
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