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Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Titel: Deine Stimme in meinem Kopf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deuticke
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Dr.-R-Hut aufsetzen.«
    »Wie sieht ein Dr.-R-Hut aus?«
    Ist es eine Baseballkappe? War sie vielleicht die ganze Zeit da, und gehörte sie mit zu den anderen Dingen, die ich nicht bemerkt habe, weil ich nicht ahnte, was passieren würde? Stand
Yankees
oder
Mets
darauf? (Anmerkung für mich selbst: Barbara fragen, ob er Fan der Yankees oder der Mets war.)
    Dorothy hält eine Hand hoch. »Sein Hut? Der gesunde Menschenverstand. Darauf würde stehen: Vergessen Sie diesen Mann! Gehen Sie weiter!«
    Ich wollte fragen, wie? Auf welche Art und Weise würde er wollen, dass ich weitergehe? In meiner Schulzeit hatte U2 mit
Mysterious Ways
einen großen Hit, und weil es darin um mysteriöse Arten, sich zu bewegen, ging, dachte ich mir alle möglichen geheimnisvollen Möglichkeiten aus, mich zu bewegen. (Einmal ging ich mitten im Unterricht aus dem Chemiesaal zur Toilette und bewegte mich auf höchst »mysteriöse« Weise dorthin.) Wie könnte er wollen, dass ich GH verlasse?
    Es ist, als könnte sie all diese Fragen unter meiner Haut wirbeln sehen.
    »Warten Sie, ich hab’s: Sie sind Autorin und er hat ein interessantes psychologisches Profil, aber ich weiß nicht, inwiefern Ihnen das guttut, meine Liebe.«
    »Glauben Sie, er meinte es ernst, als er die ganze Zeit sagte, wir sollten eine Familie gründen?«
    »Ich glaube, dass
er
alles glaubte, was er zu Ihnen gesagt hat.«
    Dann schüttelt sie den Kopf und sagt etwas sehr Merkwürdiges.
    »Es ist doch nur ein Film.«
    »Wie bitte?«
    »Es ist nicht real. Sie brauchen sich nicht so verletzt zu fühlen, wie Sie es tun. Es war nur ein Film.«
    Ich liebe diese Frau. Ich frage sie, ob ich wieder zu ihr kommen kann, wenn ich das nächste Mal in New York bin. Wir vereinbaren, dass wir eine reguläre Sitzung machen werden, wenn ich wieder hier bin.
    Auf dem Weg zur Tür fällt mir noch etwas ein, und ich frage sie, woher sie Dr. R kannte.
    »Oh«, antwortet sie, »ich war seine Supervisorin.«

40. Kapitel
    Im Dezember verbringe ich Weihnachten und meinen Geburtstag in Istanbul, genau wie GH es für uns geplant hatte. Aber ich gehe ohne ihn. Nach der amorphen Zerstreutheit der Enttäuschung ist es herrlich, an einem Ort zu sein, der voller »Ja«- und »Nein«-Antworten ist. Das »Ja« und »Nein« des Islam. Der Gebetsruf des Muezzins, der jeden Morgen durch die Stadt schallt. Dann die Tanzmusik, die einen nachts wach hält. Die Architektur voller Vierecke, Würfel und Kugeln. Mein absoluter Favorit ist die Hagia Sophia – die byzantinische Kirche mit den vier Minaretten, die nachträglich hinzugefügt wurden.
    Ich wohne in einem billigen Hotel, in dem die Zimmer keine Nummern haben, sondern jedes nach einem anderen türkischen Liebesgedicht benannt ist, esse jeden Abend Baklava und trinke Kaffee aus winzigen Tassen.
    Ich fühle mich so viel mutiger in Istanbul.
    In meinem spartanisch eingerichteten Zimmer gibt es nur ein Einzelbett, aber von meinem Fenster aus kann ich das Marmarameer bewundern. Schatten tanzen im Mondschein; oberhalb der horizontalen Wasserlinie erhebt sich ein fortlaufender horizontaler Streifen von Stadtmauern, zwischen denen blasse, rote Dächer und Moscheen aufragen. Es hätte ein Reinfall werden können, da dieser Trip seine Idee gewesen war. Doch es ist kein Reinfall.
    Le Corbusier sagte: »Alles führt mich dazu, die Türken hervorzuheben. Sie waren höflich, ernst, hatten Respekt für die Präsenz der Dinge. Ihre Werke sind gewaltig und wunderschön und grandios.«
    Nur in der Stadt kann man gewaltige Gefühle empfinden. In Kalifornien hatte ich die Weite der Natur direkt vor der Haustür; und der endlose Himmel, die Berge, die vielen Bäume haben zweifellos dazu beigetragen, dass ich durchkam. Doch diese Stadt mit ihrer von Menschenhand erschaffenen Pracht hat etwas, das ich beruhigend finde, das mir Halt gibt. Alles ist möglich, man kann alles erreichen. Ich muss es nur wollen.
    Als ich durch die Straßen gehe, sehe ich überall streunende Katzen mit traurigen Augen, die vor dem Regen Schutz suchen. Sie sehen aus wie eine vollgedröhnte Edie Sedgwick – das Idol der Pop- und Subkultur der sechziger Jahre und Andy Warhols Muse, ehe sie viel zu früh verstarb – mit zerzaustem, bunt geflecktem Fell. Im ersten Geschäft gibt es kein Katzenfutter, deshalb kaufe ich Salami, lasse sie kleinschneiden und verbringe meinen Geburtstag mit Katzenfüttern. Mir schwant, dass ich eine Psychopathin bin, weil ich mehr an Tieren als an Menschen hänge, aber es gibt

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