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Dein goettliches Herz entflammt

Dein goettliches Herz entflammt

Titel: Dein goettliches Herz entflammt
Autoren: Kelly Keaton
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mich gefunden hast. Ich habe gehofft und gebetet, dass es Dir nicht gelingen wird. Es tut mir so leid, dass ich Dich einfach im Stich gelassen habe. Ich weiß, dass das wie eine lahme Entschuldigung klingt, aber ich hatte keine andere Wahl. Du wirst bald verstehen, warum, und auch deshalb tut es mir leid. Ich gehe davon aus, dass Du diesen Schuhkarton von den Leuten in Rocquemore hast, und deshalb musst Du jetzt fliehen. Halte Dich von New Orleans fern und auch von jenen, die Dich erkennen könnten. Ich wünschte, ich könnte Dich retten. Mir bricht es das Herz zu wissen, dass Dir das Gleiche bevorsteht wie mir. Ari, ich habe Dich so lieb. Und es tut mir leid. Alles.
Ich bin nicht verrückt. Vertrau mir. Und bitte, mein Kleines, LAUF WEG!

Mom
    Entsetzt sprang ich vom Bett und ließ den Brief fallen, als wäre er aus heißem Eisen. »Was zum Teufel soll das?«
    Mein Herz klopfte wie wild vor Angst und die feinen Härchen auf meiner Haut richteten sich auf, als stünden sie unter Strom. Ich ging zum Fenster und spähte durch die Jalousie nach unten zu meinem Wagen, den ich auf dem Parkplatz hinter dem Hotel abgestellt hatte.
    Es war nichts Ungewöhnliches zu sehen. Ich rieb über die Gänsehaut an meinen Armen und ging im Zimmer auf und ab. Nervös knabberte ich am Nagel meines kleinen Fingers.
    Ich starrte wieder auf den Brief mit den kleinen, geschwungenen Buchstaben. Ich bin nicht verrückt. Vertrau mir. Und bitte, mein Kleines…
    Mein Kleines. Mein Kleines.
    Ich konnte mich nicht mehr an viel von früher erinnern, aber diese Worte… Fast meinte ich zu hören, wie meine Mutter mich so nannte. Leise. Sanft. Mit einem Lächeln in der Stimme. Mir wurde klar, dass es eine echte Erinnerung war, keine von den tausend falschen, die ich mir im Laufe der Jahre ausgedacht hatte. Es gab mir einen Stich ins Herz und hinter meinem linken Auge spürte ich einen leichten Anflug von Kopfschmerzen.
    All die Jahre… Es war einfach nicht fair!
    Adrenalin jagte durch mich hindurch, am liebsten hätte ich laut geschrien und auf die Wand eingeschlagen, doch ich biss mir auf die Unterlippe und ballte meine Hand zur Faust.
    Nein. Vergiss es.
    Es brachte doch nichts, jetzt zu jammern. Das hatte ich alles schon hinter mir. Und ich hatte meine Lektion gelernt. Diese Art von Selbstmitleid war völlig sinnlos.
    Mit einem genervten Stöhnen warf ich den Brief in den Schuhkarton, knallte den Deckel darauf und zog mich an. Nachdem ich meine Sachen in meinem Rucksack verstaut hatte, schnappte ich mir den Schuhkarton. Dreizehn Jahre lang hatte ich nichts von meiner Mutter gehört und jetzt las ich in ihrem Brief aus dem Grab, dass ich weglaufen, dass ich mich in Sicherheit bringen sollte. Egal, um was es hier eigentlich ging, tief in meinem Innersten wusste ich, dass irgendetwas nicht stimmte. Vielleicht hatte mich das Gespräch mit Dr. Giroux auch nur paranoid gemacht.
    Und vielleicht, dachte ich, als mein anhaltendes Misstrauen die Oberhand gewann, hatte meine Mutter ja gar nicht Selbstmord begangen.

Zwei
    Ich hastete nach unten zur Rezeption, wo ich meine Rechnung bezahlte und den Zimmerschlüssel abgab. Dann lief ich durch den Hinterausgang zu meinem Wagen. Die Straßenlaterne brummte und flackerte hin und wieder und ließ den über den Boden kriechenden Nebel noch unheimlicher wirken. Jenseits des Maschendrahtzauns, der sich über die gesamte Länge des Hotelgeländes zog und den Parkplatz von einem dicht bewachsenen, mit Wasser gefüllten Graben trennte, lärmten Frösche und Grillen.
    Mit jedem Schritt wurde ich skeptischer. Ich kam mir immer lächerlicher vor. Warum um alles in der Welt brachte mich ein blöder Brief dazu, einfach die Flucht zu ergreifen? Und was war in New 2, dem ich aus dem Weg gehen sollte? Antworten auf meine Vergangenheit? Der Grund dafür, warum ich eine Missgeburt war? Mehr Informationen über das Leben meiner Mutter?
    Meine Mutter hatte mich gewarnt, aber vermutlich wäre ihr nicht mal im Traum eingefallen, dass ihre einzige Tochter irgendwann in Teilzeit für eine Kautionsagentur arbeiten würde. Mit New 2 und allem, was noch auf mich zukam, würde ich schon fertig werden.
    Ich stellte den Schuhkarton auf den Beifahrersitz und verstaute meinen großen Rucksack im Fußraum. Meine Finger trommelten auf dem Lenkrad herum, während ich eine halbe Ewigkeit auf dem Fahrersitz saß und mich für meine Unentschlossenheit hasste.
    Ich hatte vor meiner Abreise aus Memphis von Rocquemore House und meinem Geburtsort New
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