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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt
Autoren: Inge Loehnig
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konnte jeden Moment losbrechen. Kaum hatte er das gedacht, riss der Wind das Scheunentor auf, schlug es donnernd gegen einen Balken, ließ es zurückschnellen und erneut gegen das Holz krachen. Ein Blitz erhellte die Nacht. Sekunden später grollte der Donner über das Tal und das einsame Gehöft.
    Mit dem Feuerzeug setzte er das Stroh in Brand. Erst qualmte es, dann schossen züngelnde Flammen hervor, griffen nach den knochentrockenen Brettern. Prasselnd und rasend schnell suchte das Feuer sich seinen Weg, ergriff Matratze und Bretterstapel und dann die Holzwand. Ein feuriger Schein erhellte den Raum. Es wurde heiß. Beißender Qualm breitete sich aus, kroch durch Mund und Nase in die Lunge. Höchste Zeit zu gehen. Hustend riss er sich von diesem faszinierenden Schauspiel los und lief über den Hof zum Wagen. Der Wind trieb ihn vor sich her. Der trockene Ast einer Kastanie stürzte direkt neben ihm zu Boden. Vereinzelte Regentropfen fielen warm und schwer.
    Er erreichte das Fahrzeug und setzte sich hinter das Steuer. Ein paar Minuten beobachtete er noch, wie rote Zungen am Nachthimmel leckten, dann ging die Scheune in Flammen auf und kurz darauf das Haupthaus. Als das Gewitter seine volle Kraft entfaltete und der Regen zu strömen begann, standen die Gebäude bereits lichterloh in Flammen. Um diese Feuersbrunst zu löschen, bedurfte es mehr als eines Regenschauers. Nichts würde übrig bleiben. Keine Spuren. Keine Verbindung zu ihm.
    Und falls doch jemand das Feuer entdeckte, würde man glauben, ein Blitz habe eingeschlagen. Niemand würde in der Ruine nach Spuren eines Verbrechens suchen.

3
    Lou saß an den Stamm einer Weide gelehnt, die in der Bruthitze dieses Sommertages kühlen Schatten spendete, und sah einer Wolke nach. Nur wenige Meter von ihr entfernt floss die Donau träge um die Kurve bei der Gstütt-Insel. Ein Flugzeug kratzte einen weißen Streifen in den Himmel. Von fern klang das Brausen des Verkehrs herüber. Neben ihr lag Caro auf einem bunten Badetuch und cremte sich ein. Der Geruch der warmen Gräser stieg ihr in die Nase. Ein perfekter Tag. Eigentlich. Wenn nicht wieder Absagen gekommen wären.
    Verdammter Mist! Ein glatt geschliffener Stein lag warm in Lous Hand. Total frustriert warf sie ihn ins Wasser. Die Druckerei und die Agentur wollten sie nicht. Nur der Verlag hatte auf ihre Bewerbung noch nicht reagiert und würde das vermutlich auch nicht mehr tun. Was sie am meisten ärgerte, war, dass Mam recht behalten würde. Niemand wollte sie! Verdammter Mist!
    Caro schraubte die Flasche mit Sonnenmilch zu und sah auf. »Was ist?«
    Mit einem Schulterzucken wollte Lou das Thema gleich wegwischen. Doch davon würde ihre miese Laune auch nicht besser werden. »Was wohl? Ich habe wieder zwei Absagen bekommen.« Verärgert verzog sie den Mund. »Was heißt schon Absagen? Anbei erhalten Sie zu unserer Entlastung Ihre Unterlagen zurück«, säuselte sie. »Was soll das denn heißen?« Lou zog das Schreiben der Werbeagentur aus ihrer Badetasche. »Und die Agentur hat nur geschrieben, dass sie meine Bewerbung leider nicht berücksichtigen konnten. Lauter hohle Sprüche. Keiner schreibt, woran es liegt. Was mache ich denn falsch? Meine Noten sind nicht schlecht und ich kenne mich schon ein wenig in den Programmen aus. InDesign, Photoshop und Illustrator. Was wollen die denn mehr von einer Anfängerin? Ich meine, das heißt ja wohl Lehrstelle, weil man da was lernen soll. Erwarten die vielleicht, dass man schon alles kann?«
    Mit Schwung setzte Caro sich auf und schob einen Träger ihres apfelgrünen Bikinis zurück auf die Schulter. »Frag doch einfach mal nach.«
    »Du meinst, ich soll da anrufen? Einfach so?«
    »Warum nicht? Die wollen dich ja eh nicht, also hast du nichts zu verlieren. Und außerdem hast du absolut recht: Sie könnten dir wenigstens sagen, weshalb sie deine Bewerbung nicht berücksichtigen konnten. Zeig doch mal den Brief.« Caro griff nach dem Schreiben und las. »Wir wünschen Ihnen für Ihren weiteren Lebensweg alles Gute. Mit freundlichen Grüßen, Franziska Wenzel, Art-Direktorin.« Caro sah auf. Ihr Finger bohrte sich ins Papier. »Die rufst du an. Jetzt gleich.«
    Zuerst war Lou dagegen. Doch dann dachte sie: Warum eigentlich nicht? Zu verlieren hatte sie in diesem Fall sowieso nichts. Entschlossen zog sie das Handy aus der Tasche und wählte die auf dem Briefkopf angegebene Nummer mit einer Mischung aus Trotz und Ärger. Als es am anderen Ende zu klingeln begann, schlug ihr das
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