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Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman
Autoren: PeP eBooks
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Verteidigungswall. Er fuhr innerlich zusammen, konnte aber nichts dagegen tun. Er streckte die Hand aus, um seine Frau zu berühren, als er ihr Gesicht sah, ihre großen, dunklen Augen. Sie waren voller Traurigkeit und − schlimmer noch − Resignation. Er schob die Erinnerung zur Seite, doch das Gefühl blieb.
    Sex war unbefriedigend gewesen. Das war die Wahrheit. Reduziert auf eine Art kurzschriftliches, pornografisches Rollenspiel. Der Akt selbst wurde nicht vorgetäuscht, doch die Verbindung, und das war viel schlimmer.
    Und er hatte weder darüber sprechen noch sich darum kümmern wollen. Das war das Schreckliche daran. Ein Teil von ihm hatte es so für einfacher gehalten, hatte loslassen wollen. Es war, als wünschte er sie weit weg.
    Er war schuldig der Untat des inneren Rückzugs. Sie hatte es gesehen und ihn gehen lassen.
    Auch das quälte ihn.
    Jack wandte sich von der idyllischen Aussicht ab.
    Das Schlafzimmer war riesig, praktisch so groß wie seine ganze Wohnung. Das bekam man, wenn man von London wegzog − Platz, Schönheit, Freiheit.
    Er sollte umziehen. Er sollte irgendwo neu anfangen.
    Er ließ sich aufs Bett sinken, gähnte, rieb sich die Augen.
    Er sollte so vieles tun.
    Sein Auto, der Triumph, war nichts für lange Strecken. Sein Rücken war steif vom Fahren. Er legte sich aufs Bett und schloss die Augen.
    Trotzdem waren die Stunden, die er mit Cate an seiner Seite durch die Landschaft gefahren war, die glücklichsten Stunden seit langem gewesen. Die Sonne, die Geschwindigkeit, Mozarts Ausgelassenheit im Kontrast zu ihrer ruhigen, kühlen Art. Erfrischend. Eine leise Hoffung auf Glück war aufgekeimt, hatte als Möglichkeit am Horizont geschimmert wie ein fernes Ziel. Ihm war nicht bewusst gewesen, wie lange er ohne Hoffnung auf irgendetwas gelebt, sich mechanisch durch Tage, Monate, Jahre geschleppt hatte. Jetzt spürte er eine Sehnsucht, ein animalisches Verlangen, zu berühren und berührt zu werden, sich den Weg freizuboxen durch die Trägheit von Verlust und Trauer.
    Er setzte sich auf und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar.
    Es war verrückt, so begeistert zu sein von dieser jungen Frau. Er kannte sie nicht einmal.
    Er war nur müde, einsam. Gelangweilt.
    Dennoch waren da die Gesetze der Physik, der Natur: rätselhafte, lästige Gravitationskräfte, die nicht zu leugnen waren.
    Am anderen Ende des Hauses übte eine Frau, eine vollkommen Fremde, die ganze Zeit eine starke Anziehungskraft auf ihn aus.

* * *
    17, Rue de Monceau
    Paris
    24. Juni 1926
    Meine liebste Bird,
    Du wirst erfreut sein zu hören, dass ich endlich die Kunst perfektioniert habe, mich beim Tanzen verführerisch an einen Mann zu pressen und gleichzeitig eine Miene absoluter Gleichgültigkeit, ja, beinahe Geringschätzung zu zeigen. Anne sagt, es ist ungeheuer wichtig, und wir haben die ganze Woche geübt. Jetzt brauchen wir nur noch ein paar Männer.
    Wie ist Dein eleganter Baronet? Ich bin mir sicher, hinter seiner Schüchternheit verbirgt sich eine Inbrunst, die sich Dir bald zeigen wird (auch hier wird höflich um Einzelheiten aller fleischlichen Begegnungen gebeten).
    Du hast wahrscheinlich recht, dass das ganze Debütieren viel schwieriger und ermüdender ist, als ich mir vorstellen kann, und vielleicht würde ich, wie Du sagst, davon profitieren, wenn ich die Aufgabe etwas ernster nähme. Doch wie wir beide nur allzu gut wissen, ist Ernst nicht meine starke Seite. Ich bin, leider, nicht mit Deinem natürlichen gesunden Menschenverstand gesegnet, sondern im Vergleich dazu bestimmt, etwas ziemlich Lächerliches zu sein. Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass Du mir einen Schritt voraus bist, unzählige gesellschaftliche Kontakte geknüpft und alle so vollkommen bezaubert hast, dass sie mich, wenn ich komme, schlicht als Unikum verwöhnen werden, bevor sie mich, einen ältlichen, von Lähmungen geplagten Gatten im Schlepptau, in eine abgelegene Ecke des Empire schicken.
    Und, ja, ich nehme an, meine Bemerkungen über unsere Mutter sind ein wenig gemein. Ich sollte freundlicher sein. Besonders zu ihrem Gatten, dem Spender von so viel Gutem in unserem Leben.
    Ich weiß, wie glücklich wir uns schätzen können, Irene. Gewiss haben wir sehr viel mehr, als wir je hatten. Und doch vermisse ich Fa, und wenn ich ehrlich bin, hasse ich Paris und alle, die hier herumscharwenzeln. Ich bin nicht wie Du, Schatz. Ich bin nicht von Natur aus gut oder ruhig oder vernünftig. Und ich habe, egal wohin ich gehe, das Gefühl, eine
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