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Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt

Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt

Titel: Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
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passiert?«, fragte Jack mit gerunzelten Brauen. Sein blondes Haar war dunkel vom Regen.
    »Ich weiß es nicht«, gestand sie. »Ich glaube, Gran ist die Treppe hinuntergestürzt. Vielleicht ist sie gestolpert, oder sie hatte eine Herzattacke. Merkwürdig ist nur, dass sie sonst immer den Lift nahm. Ich habe sie nie auf der Treppe gesehen. Die zog sie überhaupt nicht in Betracht. Also wie …?« Mit einem Seufzer lehnte sie sich in den Sitz zurück und kämpfte gegen die übermächtigen Schuldgefühle.
    »Ich hatte mich verspätet. Die Heizung hat den ganzen Tag verrücktgespielt, und ich bekam keinen Handwerker, weil ja Wochenende ist. Und dann war Beejay, ganz anders als jetzt, plötzlich unglaublich quengelig. Nichts konnte ihn zufriedenstellen. Nichts … na ja, dir gelingt es jetzt ja augenscheinlich.«
    Jack grinste sie an.
    »Also wartete ich auf den Pizzaservice, fuhr dann etwa eine Stunde später als gewöhnlich los, und … und …« Vor ihrem inneren Auge sah sie den zierlichen, zerschundenen Körper ihrer Großmutter auf dem Fliesenboden liegen, den Kopf mit dem kurzen Haar in einer Blutlache. Cissy wurde flau im Magen. »Und als ich hier ankam, fand ich sie im Foyer auf dem Boden. Ich wusste gleich, dass sie tot war, rief aber trotzdem den Notarzt und …« Sie biss die Zähne zusammen. »Ich glaube, wenn ich früher hier gewesen wäre, zur vereinbarten Zeit … Vielleicht wäre dann alles anders gekommen. Vielleicht würde sie noch leben.«
    »So darfst du nicht denken, Ciss. Es ist nicht deine Schuld. Und das weißt du auch.«
    Sie nickte knapp, wehrte sich gegen den Ansturm von Emotionen.
    »Es tut mir leid«, sagte er noch einmal, und als er jetzt über ihren Nacken strich, zuckte sie nicht zurück.
    Wenigstens für ein paar Minuten hätte sie gern die Augen geschlossen, den Schmerz verdrängt und sich von jemandem, und sei es Jack, trösten lassen. Nur, bis sie sich wieder zusammenreißen konnte.
    »Darf ich dich heimfahren?«
    »Die Zufahrt ist blockiert.« Sie blinzelte ein paar Mal in rascher Folge, wischte mit dem Finger die Tränen unter ihren Augen fort und warf einen Blick aus der beschlagenen Heckscheibe. Der Lieferwagen der Spurensicherung, Paternos Fahrzeug, die Feuerwehr und mehrere Streifenwagen mit rotierendem Licht standen hinter ihr und versperrten nach wie vor die Zufahrt und die Straße. Noch mehr Menschen hatten sich am Tor eingefunden – sie erkannte zwei Nachbarn, einen Jogger und jemanden, der mit seinem Hund Gassi ging –, sie standen alle wie vorhin unter den ausladenden kahlen Ästen der alten Eiche jenseits der Straße. Ihre Gesichter wirkten geisterhaft im wässrig blauen Licht der flackernden Straßenlaterne, über die ihre Großmutter sich stets beschwert hatte.
    »Mein Wagen steht weiter hinten«, sagte Jack. Er lächelte sie in der Dunkelheit schwach an. »Wir können fliehen.«
    Wie Marla, dachte sie, sprach es aber nicht aus.
    »Ich glaube, Paterno will noch einmal mit mir sprechen.«
    »Der Typ von der Mordkommission? Der deine Mom eingebuchtet hat?«
    »Genau der.«
    Jack kniff die Augen zusammen. Die Fenster des Wagens beschlugen immer mehr. »Aber ich dachte, er hätte die Stadt verlassen. Was zum Teufel tut er hier? Was hat er mit dieser Sache zu tun?«
    »Ich weiß es nicht.« Die Kopfschmerzen, gegen die Cissy schon den ganzen Tag ankämpfte, nahmen zu, pochten nun in ihrem Hinterkopf. Neuerdings hatte Jacks Nähe diese Wirkung auf sie.
    »Aber das Morddezernat? Mord? Himmel, was ist hier los?« Sein Kinn wirkte kantig.
    »Ich sagte doch, ich weiß es nicht.« Sie hob eine Schulter, bemerkte, dass er sie immer noch berührte, und richtete den Blick vielsagend auf seine Hand.
    Jack verstand den Wink, zog die Hand zurück und nahm Beejay auf den Arm, der noch immer vergnügt an seinem zerquetschten Stück Pizza mümmelte. Auf dem Schoß seines Vaters war das Kind zum ersten Mal an diesem Tag glücklich, wirklich glücklich. Toll. Cissy wollte nicht an die Zukunft denken.
    »Ich schaffe dich hier raus.«
    »Ich kann allein auf mich achtgeben.«
    Er bat sie mit einem Blick, doch vernünftig zu sein, und ihr wurde bewusst, dass sie wahrscheinlich völlig verstört aussah, mit verlaufener Wimperntusche unter den Augen, regennassem Haar und Kummerfalten im Gesicht.
    »Es dauert nur einen Moment.« Er schickte sich an, aus dem Wagen zu steigen.
    »Augenblick noch«, sagte sie, widerstand jedoch dem Drang, nach seinem Arm zu greifen. »Wie bist du so rasch
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