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Dead: Band 1 - Roman (German Edition)

Dead: Band 1 - Roman (German Edition)

Titel: Dead: Band 1 - Roman (German Edition)
Autoren: Craig DiLouie
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verstreuten ihre Arbeitshefte.
    Sie fingen an zu brüllen.
    Ethan befand sich plötzlich außerhalb seines Körpers und schaute sich zu, wie er sich zusammen mit den noch auf den Beinen stehenden Schülern in einer blinden Stampede den Weg aus dem Klassenraum bahnte. Draußen auf dem Gang liefen sie um zitternd und brüllend am Boden liegende Lehrer und Schüler herum, als wären diese Teil einer komplizierten Hindernislaufstrecke. Dann stürzten sie durch die Eisentür der Schule in Sonnenschein und relative Stille hinaus.
    Ethan blieb urplötzlich und verdutzt stehen. Die Straße hinter der Wiese war ein Wust aus kollidierten Fahrzeugen. In der Ferne stiegen Rauchwolken über der Stadt auf. Und jetzt brandeten neue Wellen von Geräuschen auf ihn ein: Alarmanlagen von Autos, Hupen, Sirenen und der all dies übertönende ferne Lärm Tausender und Abertausender Menschen, die wie aus einem Munde brüllten. Es war wie ein akustischer Ausblick in die Hölle.
    Es ist überall so, machte er sich klar.
    Ethan lief so schnell er konnte. Er vergaß die wie von unsichtbaren Sensen zu Boden gemähten Schüler um sich herum. Das Gebrüll erfüllte ihn mit blinder Panik und einer irrationalen Furcht vor dem Übernatürlichen, als wären ihm tatsächlich Dämonen auf den Fersen. Ein Motorrad brauste an ihm vorbei. Der Fahrer segelte sich überschlagend durch die Luft. In der Ferne fielen Flugzeuge vom Himmel.
    Diese Dinge registrierte sein Verstand nur am Rande, denn Ethan konnte nur an Mary denken. Er musste zu ihr. Bitte, lieber Gott, verschone sie, dachte er. Nimm meine Schüler. Nimm Carol. Nimm mich. Wenn meiner Kleinen was passiert, habe ich nichts mehr.
    Er stieg in seinen Wagen und ließ den Motor an. Das Radio heulte ihm hysterisch etwas vor. Ethan schaltete es aus, und im gleichen Moment bemerkte er, dass das Gebrüll aufgehört hatte. Als er aus dem Fenster schaute, sah er, dass die Wiese voller zuckender und bebender Körper war. Jene, die dem Infekt entgangen waren, gingen wie betäubt zwischen ihnen her. Sie zitterten, betasteten fahrig ihre Rippen und stöhnten vor Erschütterung.
    Die Übertragung des geheimnisvollen Virus, der die Welt in einem Zeitraum von nur achtundvierzig Stunden überschwemmte, fand so rasch statt, und der Ausbruch der Seuche kam so plötzlich, dass Wissenschaftler später meinten, sie müsse mit einer von Menschen entwickelten Nanotechnik zusammenhängen: Sie sei irgendeine dem Labor entkommene Waffe. Die Regierung lokalisierte den Ursprung der Pandemie in einem chinesischen Dorf in der Nähe einer geheimen Forschungsanlage, erfuhr die Wahrheit aber nie. Und Ethan lehrte nie wieder.
    Drei Tage später wachten die Schreier auf.

DIE ÜBERLEBENDEN
    Sie sind Flüchtlinge, von jedem Ort vertrieben, den sie als Zuhause erachtet haben, und sie suchen einen sicheren Platz. Sie sind zu Nomaden geworden und leben von allem, was sie finden. Doch hauptsächlich sind sie Überlebende. Sie sind gut in diesem Fach, weil sie ständig auf Achse sind und trotzdem noch leben. Und sie haben die Dinge getan, die man tun muss, wenn man überleben will. Jeder Einzelne hat Menschen getötet. Sonst wäre er nicht hier.
    Seit Mittwoch, als sie in Wilkinsburg Philip verloren, haben sie keine Verluste mehr zu beklagen. Jetzt sind sie noch zu fünft und sitzen kerzengerade im lauten, heißen, zwielichtigen Passagierabteil eines Bradley-Panzers, lassen eine Wasserflasche herumgehen und halten Gewehre zwischen den Knien. Sie sitzen in gespanntem Schweigen da, die Lippen schlaff. Und sie schwitzen in einer Luft, die sieben Grad heißer ist als das untypisch warme Maiwetter draußen; in einer Luft, die nach Schweiß, Ruß und Dieselöl riecht. Aufgrund des Motorenlärms, des Kettengerassels und des ständigen Trommelgeräuschs müssten sie schreien, um sich verständlich zu machen. Doch dazu fehlt ihnen die Kraft. Das Trommeln wird lauter und von einem dumpfen metallischen Klopfen unterstrichen, das den 500- PS -Motor des Bradley schließlich übertönt. Die Überlebenden sind ständig eine Sekunde von einem Aufschrei entfernt.
    Das Klopfen wird von Schmuck erzeugt. Von Armreifen, Armbanduhren und Eheringen.
    Die Überlebenden fragen sich, ob sie alles Lebenswerte getötet haben. Und ob es, vorausgesetzt, die Zeit dafür wäre da, nachwächst, falls sie eine Zuflucht finden.
    Die Überlebenden sind anpassungsfähig. Menschen, die alles zum Überleben Nötige tun, vertrauen anderen Menschen in der Regel nicht. Doch um sich
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