Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Daughter of Smoke and Bone

Daughter of Smoke and Bone

Titel: Daughter of Smoke and Bone
Autoren: Laini Taylor
Vom Netzwerk:
hätte bemerken können, war Brimstone, und er hatte nicht die Absicht, es jemandem mitzuteilen.
    ***
    Durch Chiros Augen sah Madrigal Akiva zum letzten Mal. Er stand auf einer Art Podest, Flügel und Arme nach hinten gezerrt, festgebunden an in der Mauer eingelassenen Ringen. Sein Kopf war auf die Brust gesunken, und als sie seine Zelle betrat, sah er sie mit toten Augen an.
    Das Weiße in den Augen war blutrot von zahllosen geplatzten Adern, aber auch das goldene Leuchten in ihnen – das wundervolle Feuer – war erloschen, eine zu Asche verbrannte Seele. Das war das Schlimmste für Madrigal, schlimmer als ihr eigener Tod.
    Jetzt, wo Karou die Bruchstücke ihrer beider Leben zusammensetzte, erinnerte sie sich an die gleiche Leblosigkeit in Akivas Augen, als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Seither hatte sie sich immer gewundert, was er erlebt haben mochte, was ihn so zugrunde gerichtet hatte, aber nun wusste sie es. Es schmerzte sie tief im Herzen, dass er all die Jahre, die sie in einem neuen Körper herangewachsen war – in einer Welt für sich, kindlich unbeschwert und damit beschäftigt, sich törichte Dinge zu wünschen –, seelentot gewesen war aus Trauer um sie.
    Wenn er es doch nur hätte wissen können.
    In der Gefängniszelle hatte sie eilig seine Arme befreit. Jetzt war sie froh über Chiros Diamantenkraft. Akivas Ketten waren so eng angezogen, dass die Arme ständig aus den Gelenken gezerrt worden waren, und Madrigal fürchtete, dass er zu schwach zum Fliegen sein würde und auch nicht den Zauber bewirken konnte, der ihn ungesehen aus der Stadt bringen würde. Aber sie hätte keine Angst zu haben brauchen. Sie kannte doch Akivas Kraft. Als die Ketten abfielen, sank er nicht von dem Podest, nein, er sprang auf wie ein Raubtier, das auf der Lauer gelegen hatte. Er wandte sich ihr zu, sah nur Chiro und wunderte sich, warum diese Fremde ihn befreit hatte. Ehe sie ein Wort herausbekam, schleuderte er sie gegen die Mauer, und sie war sofort bewusstlos.
    Dort endeten Karous Erinnerungen. Nur von Brimstone würde sie erfahren, wie er ihre Seele gefunden und eingesammelt hatte. Jetzt wusste sie nur, dass er es irgendwie geschafft haben musste – denn sie war ja hier.
    »Ich wusste es nicht«, sagte Akiva. Liebevoll, ganz langsam strich er ihr über die Haare, fuhr die Konturen ihres Kopfes, ihres Nackens, ihrer Schultern nach. »Wenn ich gewusst hätte, dass er dich gerettet hat …« Er zog sie an sich.
    »Ich konnte dir nicht sagen, dass ich es war«, erklärte Karou. »Du hättest mir niemals geglaubt, du wusstest ja nichts vom Wiedererwecken.«
    Er schluckte. »Doch, ich wusste es«, sagte er leise.
    »Was? Wie?«
    Noch immer standen sie am Fuß des Bettes. Karou war völlig in ihre Empfindungen versunken – das Zusammensetzen ihrer Erinnerungen, die simple, tiefe Freude, Akiva zu sehen, der seltsame Zweikampf zwischen Vertrautheit und … Fremdheit. Ihr Körper: ihre siebzehnjährige Haut, ganz und gar ihre, aber gleichzeitig auch neu. Keine Flügel, dafür menschliche Füße, die sich mit all ihren komplizierten Muskeln bewegten, ihr hornloser Kopf, leicht wie Wind.
    Und da war noch etwas, eine Art Summen, ein Alarm, eine Wahrnehmung, die sie noch nicht richtig zu fassen bekam.
    »Thiago«, erklärte Akiva. »Er … er redete gern, während er … Na ja. Er hat sich gebrüstet. Und mir alles erzählt.«
    Karou konnte es sich nur zu gut vorstellen, und noch ein Satz Erinnerungen ergab plötzlich einen Sinn: Wie der Wolf auf dem Steintisch erwacht war, als sie – Karou – seine hamsatätowierten Hände in ihren gehalten hatte. Wenn Brimstone nicht gewesen wäre, hätte Thiago sie womöglich getötet. Jetzt verstand sie Brimstones Wut. All die Jahre hatte er sie vor Thiago versteckt, und sie war einfach in die Kathedrale marschiert und hatte seine Hand angefasst. Die sich genauso bestialisch angefühlt hatte wie in ihrer Erinnerung.
    Karou schmiegte sich an Akiva. »Ich hätte dir damals Lebewohl sagen können«, sagte sie. »Aber ich habe nicht daran gedacht. Ich wollte dich einfach nur befreien.«
    »Karou …«
    »Das ist in Ordnung. Jetzt sind wir ja hier.« Sie atmete seinen Duft ein, an den sie sich so gut erinnerte, warm und rauchig, und drückte sanft die Lippen auf seine Kehle. Es war ein berauschendes Gefühl. Akiva lebte. Sie lebte. So viel lag noch vor ihnen. Ihre Lippen zogen eine Spur über seine Kehle hinauf zu seinem Kiefer, erinnerten sich, entdeckten ihn neu. Sie war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher