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Das zitternde Herz

Das zitternde Herz

Titel: Das zitternde Herz
Autoren: Amanda Cross
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Portier, aber nichts außer der üblichen Post war für sie abgegeben worden. Sie liefen die Treppen hinauf und fanden »die übliche Post« auf der Türschwelle. Kate sah sie durch; es war nichts Unerwartetes oder Sachdienliches dabei.
    »Setzen wir uns«, sagte Leslie. »Ich denke, du solltest noch einmal von vorn anfangen. Hast du die leiseste Ahnung, warum jemand Reed würde entführen wollen? Irgendein verärgerter Krimineller aus Reeds Bezirksstaatsanwalt-Tagen, der jetzt aus dem Knast ist und auf Rache sinnt? Ein wütender Student; ein enttäuschter Klient des Rechtsberatungsprojekts für Strafgefangene; irgendwas?«
    »Ich bin es«, sagte Kate. »Es ist meinetwegen.«
    Leslie blickte zweifelnd drein.
    »Ich wurde gewarnt«, fügte Kate hinzu. »Vermutlich könnte man sagen, ich wurde rausgepickt als die Feministin, die man lehren wird, daß sich Feminismus nicht auszahlt. Ich bekam Warnungen von so einer rechten Gruppe, mit einem dieser seltsamen Namen, du weißt schon – Institut für Familien-Werte, Liga zum Schutz der Männer, so was. Ich weiß nicht mehr, wie sie hießen. Wie auch immer, sie klan-gen verrückt, ich hab sie nicht ernst genommen. «
    »Diese Leute erschießen Ärzte, die Abtreibungen vornehmen«, sagte Leslie. »Sie behaupten, im Auftrag Gottes zu handeln.«
    »Ich weiß. Ich bezog die Warnungen auf mich, ich dachte, sie würden mir irgendwas tun. Ich wußte nicht, was sie mir antun könnten, außer mich umzubringen, und das hätte ich kaum verhindern können. Wegen irgendwelcher Flüsterkampagnen und Falschinfor-mationen an die Medien oder so – also deswegen hatte ich nicht vor, mein Leben umzukrempeln. Ich hätte nicht im Traum gedacht… «
    »Natürlich nicht. Wie viele Warnungen hast du bekommen?«
    »Mehrere. Ich habe nicht genau drauf geachtet. Eine sogenannte Liga Rechter Frauen schrieb Schmähschriften gegen alles, wofür ich eintrete. Sie schienen besonders viel übrig zu haben für sexuelle Übergriffe, Männer, die Frauen schlagen, Vergewaltigungen und Kindesmißbrauch. Vielleicht übertreibe ich ein bißchen. Aber sie glauben zweifellos nicht, daß all diese Dinge weit verbreitet sind, und das zu behaupten ist in ihren Augen eine Verschwörung zur Vernichtung der Männer. Leslie, ich dachte einfach, die sind übergeschnappt. Außerdem glaubte ich, daß sie solche Warnungen wahrscheinlich an viele Frauen verschicken. Ich hab das alles gar nicht so persönlich genommen. Erst der Brief gestern abend machte es plötzlich sehr persönlich.«
    »Zeig ihn mir mal«, sagte Leslie.
    Kate, die ihre Tasche die ganze Zeit umklammert hatte, zog den Brief heraus und gab ihn Leslie, die ihn laut las: Wir haben Ihren Mann. Wenn Sie Ihre wahnwitzigen feministischen Positionen nicht öffentlich widerrufen, könnte ihm das schaden. Seien Sie heute abend um sieben zu Hause, dann erhalten Sie weitere und genauere Anweisungen. Verständigen Sie weder die Polizei noch irgend jemanden sonst, wenn Sie Ihren Mann lebend wiedersehen wollen.
    Leslie ließ den Brief in ihren Schoß fallen. »Kate, erwürg mich nicht, aber gibt es irgendeine Chance, daß das ein Witz ist? Ein dämlicher und scheußlich geschmackloser Witz, aber ein Witz? Irgendeiner von deinen Akademikerkollegen findet so was womöglich komisch; du weißt schon, diese Typen, die in den Wald gehen, an Bäume pinkeln und so tun, als würden sie sich gegenseitig erschie-

    ßen.«
    »Es gibt nichts, was ich letzte Nacht nicht in Betracht gezogen hätte«, sagte Kate. »Ich glaube nicht an einen Witz, und zwar wegen der beiden Männer, die Nick beobachtete, wie sie Reed in die Limousine komplimentierten. Einige meiner Kollegen würden mich vielleicht gern einschüchtern, aber sie würden einen Zeitpunkt wählen, wenn Reed nicht da ist, oder sie würden sich irgendeinen anderen Streich ausdenken. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie ihn tatsächlich in ein Auto nötigen – daß sie so weit gehen und dann diesen Brief schicken würden.«
    »Es dürfte dennoch die Art Brief sein, wie sie ihn vielleicht schreiben würden. Er ist einfach kindisch.«
    »Leslie, die Rechten in diesem Land, die sich so gerne Christen nennen, sind besessen von ihrer Botschaft. Sie sind wie die Funda-mentalisten überall auf der Welt, absolut überzeugt, im Recht zu sein und von Gott ausersehen, jene zu vernichten, die diese Überzeugung nicht teilen. Ich glaube, wir sollten aufhören, uns, was diese Leute angeht, etwas vorzumachen.«
    »Ich mache mir nichts vor.
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