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Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Titel: Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)
Autoren: Tanja Frei
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beendete den Brief, an dem sie geschrieben hatte, rollte ihn zusammen und versiegelte ihn mit ihrem Wachs abdruck. »Für Chalais«, sagte sie dann kurz angebunden und überreichte das Schriftstück ihrem Sekretär.
    Lagardère nahm den Brief mit einer knappen Verbeugung entgegen und verließ wortlos den Raum.
    Als sich die Tür hinter dem jungen Mann schloss, stand die Prinzessin auf, trat ans Fenster und schaute auf den Park hinab. Unter den Bäumen erkannte sie mehrere Hofdamen, die damit beschäftigt waren, die Reste eines Picknicks mit den Kindern der königlichen Familie zusammenzupacken. Sie kniff die Augen zusammen. Tatsächlich, da hinten war auch Sophie. Sie würde als kluges Mädchen einsehen, dass die Heirat mit Guy de l’Arronge das Beste war, was ihr passieren konnte. Eine Ehe war kein Vergnügen, sondern dazu da, Positionen zu festigen.
    Allerdings nicht unbedingt die der Eheleute.
    Marie würde, wenn alles gut ging, Gaston d’Orléans, den Bruder des Königs, heiraten, und gemeinsam würden sie Frank reich in eine neue Zeit führen. Doch noch stand ihr der Kardinal im Weg, der mit Ludwig seine eigenen Pläne verfolgte. Und man munkelte, er habe sieben Leben und noch keines davon aufgebraucht …
    Marie de Bourbon stützte sich auf das Fenstersims und lehnte die Stirn an die Scheibe. Sie hatte noch einen Trumpf in der Hand. Er hatte nur einen Haken: Es war ihr letzter.
    Kurz vor Mitternacht klopfte es an Lagardères Tür. Er bewohnte derzeit ein Zimmer im hinteren Teil des Schlosses, sodass er Marie sofort zur Verfügung stand. Er richtete sich auf und gähnte. »Herein«, sagte er halblaut.
    Ein Lakai verbeugte sich. »Monsieur, Ihre Majestät erwartet Sie in ihrem Gemach.«
    Lagardère nickte. So etwas kam immer wieder vor. Er zog sich an und folgte dem Diener, der einen Kerzenleuchter vor sich hertrug, durch die dunklen Gänge.
    Marie war trotz der späten Stunde untadelig zurechtgemacht, sie war geschminkt, trug einen aufwendig bestickten Morgenmantel aus Seide, nur ihr Haar floss offen den Rücken hinab. Der Sekretär hatte allerdings nur Augen für die junge Hofdame, die am Fenster saß und scheinbar unbeteiligt hinaussah. Selbst in einer Position wie der Maries konnte man es sich nicht leisten, ins Gerede zu kommen. Bei privaten Gesprächen war grundsätzlich eine Anstandsdame anwesend. Marie hatte allerdings darauf geachtet, dass die Spioninnen des Kardinals meist nur die uninteressanten Details zu berichten wussten. Zu den wichtigen Gesprächen engagierte sie grundsätzlich Sophie Solanger, die jetzt ihren Kopf wandte und Lagardère unbefangen mit einem Nicken begrüßte.
    Marie saß hochzufrieden in ihrem Sessel, wedelte mit einem Schriftstück und nickte ihrem Sekretär zu. »Mein Lieber, Ihr seid genial. Diesen Code wird niemand entschlüsseln! Und mit Hilfe dieses gelehrten Herrn werden wir diesmal den richtigen Zeitpunkt vorab bestimmen können, nicht wahr?«
    Ein kleines Männchen, das in einem hohen Lehnsessel kaum zu sehen war, sprang auf und verbeugte sich. Die Kleider schlotterten um seinen mageren Körper, die Haare standen ihm wirr um den Kopf, doch seine Augen blitzten hellwach.
    »Ich kenne Euch«, sagte Lagardère verblüfft. »Ihr arbeitet für Meister Morin, den Astronomen des Herzogs von Luxemburg.«
    »So ist es«, sagte das Männchen mit hoher Stimme. »Aber unter uns gesagt, weiß Morin wenig über die Bewegung der Ge stirne. Ganz im Gegenteil, er glaubt es immer noch nicht. Ihre Majestät hingegen«, er deutete einen Diener in Richtung Marie an, »weiß meine Dienste und mein Wissen zu schätzen.«
    »Und was könnt Ihr für uns tun?« Lagardère klang skeptisch, doch die Prinzessin lächelte.
    Das Männchen kicherte stolz. »Ich werde Euch sagen können, wann die Zeit für die Hüterin wieder gekommen ist.«
    Lagardère war das erste Mal seit Langem sprachlos.
    Gegen drei Uhr morgens warf sich der junge Sekretär unruhig auf seinem Lager hin und her, stöhnte leise. So sehr er sich auch bemühte, er fand keinen Ausweg. Sein Leben war ein einziges Durcheinander. Geboren und aufgewachsen in einem kleinen Dorf im Languedoc, wo sein Vater den Posten eines Notars bekleidete, hatte er eine unbeschwerte Kindheit verbracht. Sein älterer Bruder Olivier und er waren talentierte Schüler in der Klosterschule gewesen, Olivier hatte nach einigen Jahren tatsächlich seine Gelübde abgelegt. Ihre kleine Schwester lebte noch im Haushalt der Eltern. Doch Antoine hatte es früh
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