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Das Weihnachten des Mr Scrooge

Das Weihnachten des Mr Scrooge

Titel: Das Weihnachten des Mr Scrooge
Autoren: Charles Dickens
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den Kleinen taten es ihr nach, und Peter tauschte mit ihm einen Händedruck. Tiny Tim, dein Geist, deine Kinderseele kam aus Gott!
    »Gespenst«, sprach Scrooge, »etwas sagt mir, daß der Augenblick unseres Scheidens nahe ist. Ich weiß es, aber ich weiß nicht woher. Sag mir, wer der Mann war, den ich tot daliegen sah.«
    Der Geist der künftigen Weihnacht führte ihn wiederum wie zuvor – jedoch dünkte Scrooge, zu anderer Zeit, denn diese letzten Gesichte schienen an keine Ordnung gebunden zu sein, außer daß alle der Zukunft angehörten – zu den Versammlungsorten der Geschäftswelt, zeigte ihm aber nicht sein Ebenbild. Der Geist hielt sich überhaupt nirgends auf, sondern strebte geradeaus, als ginge es einem soeben aufgestellten Ziele zu, bis ihn Scrooge bat, einen Augenblick zu verweilen.
    »In diesem Hof, durch den wir eben eilen«, sagte Scrooge, »befindet sich meine Arbeitsstätte, schon seit langer Zeit. Ich sehe das Haus. Laß mich schauen, was in künftigen Tagen aus mir werden wird!«
    Der Geist hielt an, doch seine Hand wies in andre Richtung.
    »Dort liegt das Haus!« rief Scrooge. »Warum deutest du davon weg?«
    Der unerbittliche Finger rührte sich nicht.
    Scrooge ging an das Fenster seines Kontors und blickte hinein. Es war noch ein Kontor, aber nicht das seine: die Einrichtung war anders, und die Gestalt auf dem Stuhl war nicht er. Der Geist zeigte in dieselbe Richtung wie zuvor.
    Scrooge holte ihn wieder ein und folgte ihm, ungewiß, warum und wohin er vorangegangen war, bis sie ein eisernes Gitter erreichten. Er stand still, um sich umzusehen, ehe er eintrat.
    Ein Kirchhof! Hier lag also der Unglückliche unter der Erde, dessen Namen er jetzt erfahren sollte. Es war ein würdiger Platz: von Häusern umschlossen, von Gras und Unkraut überwuchert – Wachstum, das den Tod der Pflanzen bedeutet, nicht ihr Leben – vollgepfropft mit zu vielen Leichen, satt von gestillter Gier. Ein würdiger Ort!
    Der Geist stand zwischen den Gräbern und deutete auf eins nieder; Scrooge schritt zitternd darauf zu. Das Gespenst hatte sich nicht verändert, aber er fürchtete doch eine neue Absicht in seiner feierlichen Haltung zu erkennen.
    »Bevor ich diesem Stein näher trete, auf den du hinweist«, sagte Scrooge, »beantworte mir eine einzige Frage: Sind dies die Schattenbilder der Dinge, die sein werden, oder derer, die sein können?«
    Noch immer deutete der Geist abwärts auf das Grab, vor dem er stand.
    »Der Menschen Lebensbahnen lassen gewisse Endergebnisse ahnen, zu denen sie führen müssen, wenn man auf der eingeschlagenen Bahn beharrt«, sprach Scrooge; »weicht man aber davon ab, so ändert sich auch der Ausgang. Sage, daß es mit dem so ist, was du mir zeigst!«
    Der Geist blieb unbeweglich wie stets.
    Scrooge kroch, dem Finger folgend, zitternd dem vernachlässigten Grabe zu und las auf dem Stein seinen eigenen Namen: Ebenezer Scrooge.
    »Bin ich der Mann, der auf dem Totenbett lag?« rief er und warf sich auf die Knie.
    Der Finger deutete vom Grab auf ihn und wieder zurück.
    »Nein, Geist! O nein, nein!«
    Der Finger rührte sich nicht.
    »Geist!« schrie er und klammerte sich fest an dessen Gewand, »höre mich! Ich bin nicht mehr der Mann, der ich war. Ich will
nicht der Mensch sein, der ich ohne euer Dazwischentreten geworden wäre. Warum zeigst du mir das, wenn alle Hoffnung geschwunden ist?«
    Zum erstenmal schien die Hand zu zittern.
    »Guter Geist!« fuhr er fort, noch immer am Boden liegend, wie er niedergefallen war, »dein Innerstes legt Fürbitte für mich ein und bemitleidet mich! Gib mir Gewißheit, daß ich durch ein anderes Leben die Schattenbilder ändern kann, die du mir gezeigt hast.«
    Die gütige Hand zitterte.
    »Ich will Weihnachten im Herzen ehren und versuchen, das ganze Jahr danach zu handeln. Ich will der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft leben, und ihre Geister sollen in mir wirken. Ich will mich nicht den Lehren verschließen, die sie mir gegeben haben. O sage mir, daß ich die Schrift auf diesem Stein auslöschen kann!«
    In seiner Todesangst ergriff er die Hand des Gespenstes. Es versuchte sich loszumachen, aber er war unbeirrbar in seinem Flehen und hielt sie fest. Der Geist, noch unbeirrbarer, stieß ihn zurück.
    Als Scrooge aber seine Hände in einem letzten Flehen emporstreckte, um sein Geschick zu wenden, da sah er, wie sich Körper und Kleid des Gespenstes verwandelten. Es schrumpfte ein, sank zusammen und wurde zuletzt zu einem –
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