Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Titel: Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
alles benötigte, was ich nur kriegen konnte. Die beiden vor mir konnten so abgehalftert sein wie die beiden, die wir gerade besiegt hatten, aber sie konnten ebensogut der wirkliche Feind sein, der echte Gegner, das Wahre Spiel. Und wenn, was dann? Was würde ich dann am liebsten machen?
    »Meine Herren!« hatte Spielmeister Gervaise oft gesagt. »Wenn ihr draußen in der Welt mit dem Wahren Spiel konfrontiert werdet, erinnert euch daran, was ihr gelernt habt. Ruft euch die Regeln ins Gedächtnis. Vergeßt sie auf eigene Gefahr.« Nun denn, während dieser langsamen Annäherung hatte ich Zeit, mir die Regeln ins Gedächtnis zu rufen.
    Das Spiel war auf zwei Arten angesagt worden. Einmal durch die Hexe, indem sie daran dachte, dann durch den Waffenträger, der so seltsam ritt. Die Hexe würde vielleicht ohnehin daran gedacht haben, weil es ihr gerade einfiel, aber der Waffenträger ritt einzig und allein auf so eigenartige Weise, um Aufmerksamkeit zu erregen. Also war die Ankündigung an jemanden gerichtet, der sie mit den Augen sehen konnte, aber nicht LESEN. Demnach hatten sie die Ankündigung an einen Wandler gerichtet – der ich schließlich ja auch zu sein schien.
    Nun war der Waffenträger verschwunden. Sie konnten daraus schließen, daß ihr Gegner, der Wandler, seinen Zug gespielt hatte. Sie wußten, daß ich im Spiel war. Ich wußte, daß sie im Spiel waren, weil Didir es in den Gedanken der Hexe GELESEN hatte. Aber sie wußten nicht, daß ich wußte, was die Hexe gedacht hatte. Also …
    »Ich habe verdeckte Spiele noch nie gemocht«, beschwerte ich mich bei Chance. »Sobald ich auf der dritten oder vierten Stufe bin, von dem, was ich weiß und was die anderen wissen, verliere ich den Faden.«
    »Schau mal, Bursche. Sie wissen, daß du ein Wandler bist. Sie erwarten das. Sie haben vielleicht gesagt bekommen, daß du noch etwas anderes bist, aber niemand weiß genau, was, also sind sie nicht auf alles gefaßt. Sei einfach originell und überraschend. Mein Großvater, der Schauspieler, pflegte das zu sagen. Originell und überraschend.«
    »Folge den Regeln«, seufzte ich wieder. Die Regel sagte, nimm den Unterherold zuerst, weil er die Fähigkeit hat, im Bruchteil einer Sekunde seinen Standort zu wechseln und weil man Gefahr läuft, ihn mit einem Messer hinter sich stehen zu haben, noch ehe man tief Luft holen konnte. Zwei der Spielfiguren von Barish und ich selbst hielten eine kleine Konferenz ab und warteten dann auf die nächste Straßenbiegung. Es wäre vielleicht schneller gewesen, Hafnor, den Portierer, zu verwenden, doch ich hatte mich noch nie von einem Ort zum anderen portiert. Der Gedanke daran verursachte mir so etwas wie Seekrankheit. Davon abgesehen kannte ich das Gebiet vor mir nicht, und diejenigen mit diesem Talent vermögen sich nur an Orte zu blitzen, die sie sich bildlich vorstellen können. Was ein weiterer Grund für die beiden war, vor uns zu reiten. Sie erinnerten sich an den Weg, den sie gekommen waren, aber wir kannten nicht die Stelle, wo sie sich befanden. Nein, ich würde Tamor und Didir verwenden. Die beiden kannte ich gut. Und natürlich Shattnir, um mich mit Kraft zu versorgen, sie zu speichern, wie Shattnir es bereits die ganze Zeit schon tat. Es war schon fast Abend, als die Straße vor uns endlich so aussah, wie ich es mir vorstellte.
    Rechts und links von uns erhoben sich dichte kleine Wäldchen, dunkle Stämme, immer noch halb maskiert mit vertrocknetem Laub. Sie boten nicht viel Sicht, nicht mehr als ein paar Schritte. Gerade vor uns führte die Straße um eine große steinige Lichtung herum und wandte sich dann nach links. Kurz bevor die Reiter vor uns diese Stelle erreichten, begannen Chance und ich ein Gespräch, das alsbald zu einem lauten Streit wurde, wobei Chance mich überdröhnte. Der alte Halunke … Er brauchte sich vor seinem Großvater, dem Schauspieler, nicht zu verstecken. Sobald die beiden vor uns außerhalb unserer Sichtweite waren, schnappte ich die Figur von Tamor und flog aus meinem Sattel, schnell wie eine Eule durch die Bäume hindurch, während Chances Stimme sich hinter mir weiter in leidenschaftlicher Debatte erhob. Von Zeit zu Zeit antwortete eine leisere Stimme, die zwar auch Chance gehörte. Doch die beiden vor uns hatten sicher keine Veranlassung, zu vermuten, daß sie nicht Peter, dem Wandler, gehörte, der hinter ihnen ritt.
    Ich mußte sie abfangen, ehe sie Gelegenheit hatten, Verdacht zu schöpfen. Die Bäume standen dicht, zu dicht, um
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher