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Das vierte Opfer - Roman

Das vierte Opfer - Roman

Titel: Das vierte Opfer - Roman
Autoren: H kan Nesser
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Sponnen esoterische Bänder der Faulheit um seine Seele und flüsterten ihm verführerische Worte ins Ohr.
    Daß er sich überhaupt nicht anzustrengen brauchte.
    Daß die Lösung dieses Falles ihm in den Schoß fallen würde. Daß ihm der Zufall das Resultat in die Hand spielen würde. Ein Geschenk des Himmels... ein deus ex machina!
    Eine Gnade, die zu erflehen wäre, dachte Van Veeteren. Verdammte Scheiße!
    Aber der Gedanke war da.
     
    Cruickshank und Müller saßen unten im Foyer und warteten auf ihn. Sie hatten Gesellschaft von einem Fotografen bekommen,
einem bärtigen jungen Mann, der ihm einen Blitz mitten ins Gesicht feuerte, sobald er aus dem Fahrstuhl stieg.
    »Guten Morgen, Herr Hauptkommissar«, sagte Müller.
    »Scheint einer zu werden«, erwiderte Van Veeteren.
    »Könnten wir nach der Pressekonferenz miteinander reden?« fragte Cruickshank.
    »Nur wenn ihr schreibt, was ich sage. Ein Wort zuviel, und ihr seid zwei Jahre raus aus dem Spiel!«
    »Natürlich«, lachte Müller. »Die gleichen Regeln wie immer.«
    »Ich werde zwischen zwölf und halb eins bei Sylvie sein«, sagte Van Veeteren und legte seinen Schlüssel in die ausgestreckte Portiershand.
    »Wer ist das?« fragte der Fotograf und machte noch ein Foto.
    »Das müßt ihr schon selbst rauskriegen«, sagte Van Veeteren.
     
    Kommissar Bausen lenkte die versammelte Journaille mit eindeutiger Autorität. Es begann damit, daß er mehrere Minuten wartete, bis man in dem vollgestopften Versammlungsraum einen Schweißtropfen hätte zu Boden fallen hören können. Dann ergriff er das Wort, aber sobald jemand flüsterte oder hustete, verstummte er sofort und bohrte seinen Blick in den Betreffenden. Wenn sich jemand erdreistete, ihn zu unterbrechen, erteilte er diesem eine Verwarnung und verkündete, daß der Sünder bei nochmaligem Vergehen den Raum zu verlassen hätte.
    Die Fragen, die dennoch gestellt wurden, beantwortete er ruhig und methodisch und mit einem genau berechneten Grad von Überlegenheit, die die höchst zweifelhaften logischen Fähigkeiten des Fragestellers überaus präzise bloßstellten. Falls es sie überhaupt gab.
    Der Kerl muß mal Schauspieler gewesen sein, dachte Van Veeteren.
    »Was denken Sie, wann werden Sie den Täter hinter Schloß
und Riegel haben?« fragte ein rotnasiger Reporter von einem der lokalen Rundfunksender.
    »Ungefähr zehn Minuten nachdem wir ihn geschnappt haben«, antwortete Bausen.
    »Haben Sie irgendwelche Theorien, nach denen Sie arbeiten?« wollte der Redakteur Maleciv von de Journaal wissen.
    »Wie sollten wir sonst unsere Arbeit tun?« entgegnete Bausen. »Das ist doch keine Redaktion hier.«
    »Wer leitet eigentlich die Untersuchungen?« fragte der Abgesandte von Neuwe Blatt. »Sind Sie das oder ist das Hauptkommissar Van Veeteren?«
    »Was denken Sie?« entgegnete Van Veeteren und musterte interessiert einen ziemlich zerkauten Zahnstocher. Auf andere Fragen antwortete er nicht. Verwies alle direkten Fragen mit einem Kopfnicken an Bausen. War die Ruhe selbst.
    Nach zwanzig Minuten schien das meiste gesagt zu sein, und Bausen ging dazu über, seine Direktiven zu verkünden.
    »Ich möchte, daß die Lokalzeitungen und der hiesige Radiosender einen Aufruf ausarbeiten. Alle Personen, die am Dienstag abend – so von dreiundzwanzig Uhr bis ungefähr Mitternacht  – im Bereich Blaue Barke, Hoistraat, die Treppen runter zum Fischmarkt, die Esplanade bis zum Stadtwald hin unterwegs waren, mögen sich bitte bis morgen bei der Polizei melden. Wir werden zwei Mann bereitstellen, um alle Informationen entgegenzunehmen, und wir werden es nicht akzeptieren, wenn jemand seiner Hinweispflicht nicht nachkommt. Schließlich haben wir es hier mit einem Gewaltverbrecher ungewöhnlich groben Kalibers zu tun.«
    »Aber werden da nicht schrecklich viele Leute kommen?« wunderte sich jemand.
    »Wenn man einen Mörder jagt, gute Frau Meuhlich«, erklärte Bausen, »muß man mit kleinen Unannehmlichkeiten rechnen.«
     
    »Was meinen Sie, Herr Kommissar?« fragte Cruickshank. »So unter vier Augen.«

    »Acht, wenn ich nicht irre«, entgegnete Van Veeteren. »Ich glaube gar nichts.«
    »Dieser Bausen scheint ja ein Mordskerl zu sein«, sagte Müller. »Glauben Sie, daß die Zusammenarbeit mit ihm funktionieren wird?«
    »Da könnt ihr einen drauf lassen«, sagte Van Veeteren.
    »Haben Sie schon konkrete Vermutungen?«
    »Ja, schreibt nur, daß wir die haben.«
    »Aber Sie persönlich haben keine?«
    »Das habe ich nicht
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