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Das Versteck der Anakonda

Titel: Das Versteck der Anakonda
Autoren: Ralf Lilienthal
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über seine eigenen Beine gestolpert. Denn er versuchte, im Laufen sein
     Kakihemd in den Hosenbund zu stopfen, während zugleich die langen Schnürsenkel seiner Trekkingstiefel unverknotet über den
     Boden schleiften und sein nagelneues Buschmesser am Gürtel zwischen seinen Beinen schlackerte.
    Schwer atmend blieb er schließlich vor den beiden stehen und strahlte sie an, als wären sie seit Jahren die besten Freunde.
    Während Juanito die Augen rollte, musste Paul das Lächeln des Chaoten erwidern.
    »Wo kommst du denn her? Habt ihr im Camp übernachtet?«
    »Jep! Ist nicht gerade ein Fünf-Sterne-Hotel, aber nach einem Tag im Boot und einem unfreiwilligen Bad im Fluss ganz okay!«
    Paul sah auf seine Uhr. Es war inzwischen beinahe halb elf.
    »Bist ’n bisschen spät dran, wenn du auf Anakondajagd gehen willst, oder?«
    »Hab ich ja noch gar nicht vor. Solange dein Vater unterwegs ist, warten wir im Camp auf ihn. Wir brauchen ein, zwei Leute,
     ein zweites Boot und ’ne ganze Menge Equipment!«
    »Na, ich weiß nicht   …«, setzte Paul an, biss sich aber auf die Zunge. Er kannte seinen Vater und konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen,
     dass der zu Joes Unternehmung auch nur einen Zahnstocher beisteuern würde.
    Der Anakondajäger hatte zum Glück nichts von Pauls Skepsis bemerkt. Er plapperte munter drauflos. Während Paul so tat, als
     würde ihn die Suche nach der Rekordschlange wirklich interessieren, sah Wolf gelangweilt zu Boden. Juanito dagegen wirkte
     regelrecht grimmig.
    »Komm«, flüsterte er Paul zu, »lass uns von hierverschwinden, ich kann seine Angeberei nicht mehr hören!«
    Paul nickte und wartete bis Joe irgendwann Luft holen musste.
    »Ähm, Joe, Juanito und ich waren gerade auf dem Weg runter zum Fluss, weißt du, wir wollen angeln. Vielleicht kannst du uns
     später den Rest erzählen. Okay?«
    »Angeln? Super. Ich komm mit. Mir ist sowieso tierisch langweilig in dem Kaff!«
    Was sollten sie machen? Paul fiel kein einziger Grund ein, warum Joe nicht mitkommen sollte. Als er verstohlen zu Juanito
     hinübersah, musste er fast grinsen. So ein wütendes Gesicht hatte er schon lange nicht mehr gesehen.
    ›Wenn jetzt jemand ein Streichholz entzündet, explodiert er!‹
    Sauer wie er war, stapfte Juanito dann auch einfach los, ohne Joe eines Blickes zu würdigen. Paul beeilte sich, mit ihm Schritt
     zu halten. Auch der Anakondajäger stolperte eilig hinterher. Während sie liefen, überlegte Paul, womit Juanito wohl ködern
     würde. Er selbst hatte schon mit seinem Großvater in Deutschland geangelt. Aber Fliegenmaden und Regenwürmer aus dem Kühlschrank
     des Angelgeschäftesdürften hier eher schwer zu bekommen sein.
    Die Antwort auf seine Frage kam prompt.
    »Halt mal einen Moment!«
    Juanito drückte ihm das Bündel aus Schnüren und Haken in die Hand und stocherte mit seinem Stock im fauligen Strunk einer
     Palme herum, der einige Schritte abseits des Weges lag. Neugierig blickten Paul und Joe ihm dabei über die Schulter. In nicht
     einmal fünf Minuten hatte der Indianerjunge eine Handvoll dicker, weißer Larven aus dem zerfallenden Holz herausgepult und
     in das tischtennisschlägergroße Blatt einer Kletterpflanze eingeschlagen.
    »Das wird reichen. Sobald wir damit den ersten Fisch rausgezogen haben, brauchen wir uns um Köder ohnehin keine Gedanken mehr
     zu machen!«

[ Menü ]

    Gefährlicher Ausflug
    Statt den direkten Weg zum Fluss hinunter zu nehmen, führte Juanito sie auf einen Pfad oberhalb des Wassers. Die Sonne stand
     steil über ihnen und die niedrigen Palmen, Farne und Sträucher boten kaum Schatten. Paul und Joe rann der Schweiß aus allen
     Poren. Ohne rechts und links zu gucken, taperten sie dem Indianerjungen einfach hinterher.
    Nach ein paar anstrengenden Minuten blieb Juanito stehen und zeigte mit seinem Stock rechts vom Weg auf einen steilen, locker
     bewachsenen Hang, über dem die hohen Wipfel des Waldes aufragten.
    »Hier hoch, dann können wir ein ganzes Stück abkürzen. Außerdem ist es im Wald etwas kühler.«
    Schatten! Paul atmete auf. Er konnte es kaum erwarten, endlich aus dem gleißenden Licht und der glutheißen Sonne herauszukommen.
     Plötzlich hörte er hinter sich Joe keuchen und drehte sich um. Statt weiter in einer Reihe mit Juanito und ihm zu laufen,
     suchte er sich einen Weg weiter rechts, um aufzuschließenund so schnell wie möglich in den Schatten zu kommen.
     

    Jetzt hatte auch Juanito das Überholmanöver
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