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Das Versprechen Des Himmels

Titel: Das Versprechen Des Himmels
Autoren: Robert Asprin
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Einhundert gewartet? Er schloß die Augen. Es war so leicht, sich ihr Bild mit geschlossenen Augen vorzustellen. In der Stille des rankanischen Tempels flüsterte er ihren Namen.
    Chenaya.
    Doch in seinem Herzen nannte er sie Cheyne. Es war einer der Namen, die die Gladiatoren ihr in den rankanischen Arenen gegeben hatten. Für hart wie Metall hatten sie sie gehalten. Doch das war sie nicht. Sie war zäh, ja, doch er hatte die Sanftheit kennengelernt, die sie tief in ihrem Herzen vergrub. Den Teil von sich, den sie vor der Welt und vor ihrem Vater verborgen hielt.
    Manchmal war sie ein Kind. Ein verzogenes Kind. Doch er liebte sie. Cheyne, dachte er. Meine Cheyne, an die ich über jegliche Vernunft gebunden bin. In einem Augenblick, der halb Mitleid, halb Freude war, schüttelte er den Kopf. Gib mich nie frei! Er blickte zu Sabellias Gesicht hinauf. Fast hatte es den Anschein, als verhöhne sie ihn, während sie durch den sich kräuselnden Rauch herunterblickte, und er wußte, daß die Göttin dieses eine Gebet bereits erhört hatte.
    Aber wohin war Chenaya verschwunden?
    Er dachte wieder an das eigenartige Porträt, das in ihrem Gemach hing. Seine Macht war erstaunlich. Er bewunderte es zwar als Kunstwerk, doch jedesmal, wenn er es betrachtete, prickelte sein Rücken, und er empfand vage Angst. Es war unverkennbar Lalos Werk. Aber wann hatte sie ihm dafür gesessen? Lowan Vigeles sagte, sie habe es eines Nachts mit nach Haus gebracht, sich bis zum Morgengrauen in ihr Gemach eingeschlossen und sei am Morgen verschwunden, ohne irgend etwas zu irgend jemandem gesagt zu haben. Nicht einmal ihr Vater wußte mehr.
    Dayrne vermutete jedoch, daß Rashan etwas wußte. Der alte Priester hatte es sich in letzter Zeit zur Gewohnheit gemacht, sich in Chenayas Gemach zu begeben und mit seinem merkwürdigen Lächeln Chenayas Porträt zu betrachten, Chenayas Gesicht und die leuchtende Sonne um sie durch zusammengekniffene Lider anzustarren - die Sonne, die sie zu liebkosen schien, ein Effekt, weit jenseits dessen, was Farbe und Pinselstrich vermochten. Ihr Haar flog auf dem Bild in Feuer und Licht, ihre Augen schienen wie kleine Sonnen. Chenaya war schöner als jede Frau, die er je gekannt hatte, doch nicht einmal sie war so herrlich, wie Lalo sie dargestellt hatte.
    So seltsam schon diese Dinge waren, es gab noch etwas, das ihn erschreckte. Von dem Gemälde ging eine spürbare Wärme aus.
    Konnte es wahr sein, was Rashan behauptete? Daß Cheyne wahrhaftig die Tochter der Sonne war? Oder war alles ein Trick?
    Er wandte seinen Blick wieder Sabellia zu, die für Herzensdinge zuständig war. Falls Cheyne eine Göttin war oder ein Avatar Vater Savankalas, welche Hoffnung konnte es dann auf Liebe zwischen ihnen geben?
    Er berührte die paar Strähnen, die er auf den Altar gelegt hatte. Sie gehörten jetzt der Göttin. Er neigte den Kopf, sprach ein letztes Gebet und stand langsam auf.
    Der Tempel der rankanischen Gottheiten war still und dunkel. Er schämte sich für seine Landsleute. Der Tempel war nie völlig fertiggestellt worden. Die äußeren Räumlichkeiten mit den Altären für Savankala, Sabellia und Vashanka waren fertig, doch der Bau vieler der inneren rituellen Kammern und der Unterkünfte der Priester war unterbrochen worden. In dieser Nacht müßte eigentlich ein Fest zu Ehren Sabellias abgehalten werden. Rashan hatte jedoch statt dessen seine Priester nach Landende befohlen und hielt die Zeremonien in dem kleineren Privattempel ab, der nicht nur fertiggestellt, sondern auch geweiht war. Das erschien Dayrne jedoch unpassend. Der kleine Tempel war Savankala geweiht. Diese Stunde sollte jedoch ausschließlich Sabellia gehören!
    Nun, er war nur ein Gladiator. Was verstand er schon von priesterlichen Angelegenheiten?
    Er schritt durch den Tempel, und seine Sandalen hallten leicht auf dem glatten Steinboden. Einsam und besorgt trat er hinaus und stieg die hohe Freitreppe hinunter auf die Straße. Die Straße sah verlassen aus, aber es wäre töricht, dem Schein zu trauen. Obwohl die Straßenbanden niedergeworfen waren, lauerte im nächtlichen Freistatt immer noch genug Gefahr. Es gab zu verdammt viele Gassen und Schatten in dieser Stadt. Freistatt! Er verzog das Gesicht, als er an diesen Namen dachte. Als wäre an diesem Ende des Reiches irgend jemand vor irgend etwas sicher.
    Er schwang seinen leichten Umhang über die Schultern und schritt lautlos die Straße entlang. Wie fast alle Freistätter Bürger verstand auch er es,
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