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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte
Autoren: Mark Robson
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abzubekommen.
    Calvyn schlief für gewöhnlich wie ein Murmeltier, doch in dieser Nacht war er einfach zu aufgewühlt. Wieder grollte der Donner in der Ferne. Ein stärkerer Windstoß blähte die Zeltplane und rüttelte an ihr. Calvyn ignorierte es und nahm dann – trotz des lauten Schnarchens irgendwo im Zelt – den leisen, rhythmischen Atem Jennas wahr, die neben ihm in ihre Decke gewickelt schlief. Es war ein beruhigendes Geräusch, doch es hatte leider keine einschläfernde Wirkung auf ihn, sondern beschwor stattdessen allerlei Gedanken und Erinnerungen in seinem Geist herauf.

    Jenna liebte ihn. Ihr Eingeständnis hatte ihn völlig überrumpelt. Doch noch mehr hatte es ihn überrascht zu erkennen, dass er ihre Liebe erwiderte. Plötzlich hatte dieses Gefühlswirrwarr sich aufgelöst und einen Sinn ergeben. Natürlich – warum war er nicht selbst darauf gekommen? Seit er seine Seele wiederhatte, hatte Calvyn Jenna schrecklich vermisst, aber keine Sekunde hatte er darüber nachgedacht, warum das so war. Erst als er und Jenna sich vor wenigen Tagen in der Magierakademie wiedergetroffen hatten und sie ihm ihre Liebe gestanden hatte, war es ihm wie Schuppen von den Augen gefallen. Er war verliebt und das war wundervoll.
    Die beiden hatten einander eine Menge zu erzählen, und so verbrachten sie die vergangenen Tage damit, sich darüber auszutauschen, was sie erlebt hatten. Calvyn staunte nur so über Jennas Mut, Perdimonn aus seinem Felsengefängnis im Vortaff-Gebirge zu befreien und den unglaublich gefährlichen Gestaltenwandler-Dämon zu jagen, der Calvyns Seele verschlungen hatte. Natürlich spielte Jenna die Gefahren, in die sie sich begeben hatte, bescheiden herunter, doch Calvyn las zwischen den Zeilen und ahnte, wie bedrohlich diese beiden Abenteuer in Wahrheit gewesen waren. Ihm zuliebe hatte Jenna sich mutterseelenallein in das ihr fremde Vortaff-Gebirge gewagt und die gefährliche Jagd nach einem Dämon aufgenommen, ohne auch nur eine Ahnung zu haben, wie sie das Monster erlegen sollte. Calvyn schätzte sich glücklich, von einer solchen Frau geliebt zu werden.
    Jenna wiederum musste sich erst einmal von dem anfänglichen Schock erholen, dass Calvyn unerwarteterweise in den Adelsstand erhoben worden war. Doch dann freute sie sich mit ihm über sein Glück. Als Ritter des Reiches Thrandor und persönlicher Berater des Königs hatte sich
seine Stellung immens geändert, seit Jenna ihn das letzte Mal gesehen hatte. Noch ein Jahr zuvor wäre Jenna entsetzt gewesen, dass Calvyn eine Ausbildung zum Zauberer durchlaufen hatte und nun auch zum Magier ausgebildet wurde. Doch die Zeiten änderten sich, und da mittlerweile sogar der König Calvyns Fähigkeiten zu schätzen wusste, würde Jenna sicher keine Einsprüche erheben.
    Als Calvyn ihr von der Schlacht um Kortag erzählte, während derer er dank seiner neu erworbenen Zauberkräfte sowohl die terachitische Armee als auch die shandesischen Legionen vernichtet hatte, achtete er sorgsam darauf, dass die Magier nicht mithören konnten. Er hatte keine Ahnung, was sie über die jüngsten Ereignisse in Thrandor wussten oder wie sie seine Rolle dabei aufnehmen würden. Immerhin war er für den Tod Zehntausender shandesischer Soldaten verantwortlich. Ganz gleich, wie unvoreingenommen die Magier auch gegenüber der Nationalität ihrer Schüler sein mochten, so eine Vergangenheit würde ihre Ansicht über ihn sicher nicht verbessern. Sein Verhältnis zu den Magiern war schon angespannt genug.
    Wieder rüttelte ein Windstoß, stärker noch als der vorangegangene, an der Zeltplane. Als gleich darauf ein Donnerschlag die Nachtstille zerriss, öffnete Calvyn unwillkürlich die Augen. Das Gewitter war jetzt schon sehr nah, doch die anderen schienen nicht davon aufgewacht zu sein. Calvyn beschloss, draußen nach dem Rechten zu sehen. Leise stand er auf und warf sich seinen Umhang über, den er als Kopfkissen benutzt hatte. Sollte das Gewitter sich über ihnen entladen, würde Calvyn nicht zulassen, dass ihre Ausrüstung unnötigen Schaden nahm.
    Auf Zehenspitzen stieg er wie ein Schatten über die Schlafenden hinweg, öffnete den Zelteingang, duckte sich und schlüpfte hinaus in die Nacht. Kaum hatte er das Zelt
wieder hinter sich geschlossen, erhellte ein Blitz den Nachthimmel. Calvyn drehte sich um und sah, dass sich im Osten, dort, wo das Meer lag, eine gewaltige Wolkenwand am Himmel auftürmte. Er musste nicht lange warten, bis dem Blitz ein ohrenbetäubender Donnerschlag
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