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Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Titel: Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl
Autoren: William R. Forstchen
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heftig knallte der Ballon dagegen und rutschte seitlich daran entlang.
    Entsetzt klammerte sich Hawthorne ans Geländer und betete darum, dass der Ballon nicht an der Turmspitze hängenblieb. Ganz sachte rollte das Vehikel an der Turmflanke entlang und kam wieder frei, und der Korb schwankte darunter in verrückten Kurven hin und her.
    Das gesamte Panorama der Schlacht lag unter Hawthorne ausgebreitet. Im Norden gab das silbrige Mondlicht den Blick frei auf eine dicht gedrängte Doppelreihe Tugaren, die einen Bogen um die Nordseite der Stadt bildete und nicht mehr vorrückte. Die Straßen waren von einem Ende bis zum anderen von flüchtenden Menschen verstopft, die sich so eng drängten, dass niemand mehr irgendwo Platz fand. Direkt unter dem Ballon hatte sich die letzte Verteidigungslinie gegen das abschließende Massaker formiert – die zerschlagenen Reste der Armee hatten sich über den Platz hinweg und entlang der Hauptoststraße bis zum steinernen Tor aufgestellt.
    Im Norden stand die komplette Unterstadt in Brand, und die Straßen und breiten Boulevards waren voller vordringender Tugaren, die in diesem Augenblick fast schon den zentralen Platz erreicht hatten. Hinter ihnen sah Hawthorne eine Formation nach der anderen zusätzlich in die Stadt strömen, und ihre Schreie nach Blut und Beute stiegen finster in die Nachtluft.
    Schnurgerade nach Osten flog der Ballon und gewann in der Dunkelheit an Höhe, aber die Flammen in der Tiefe erhellten nach wie vor seine Unterseite.
    Und dann sah Hawthorne sein Ziel deutlich vor sich aufragen.
    »Was war das?«, fragte Qubata, blickte nach Osten und zeigte in diese Richtung.
    »Nur ein paar Funken«, tat einer aus Muztas Stab verächtlich ab und fand dabei, dass er sich erniedrigt hatte, als er überhaupt zu jemandem sprach, der vor seinem Qar Qarth solche Schwäche demonstriert hatte.
    »Nein, ich denke, das war ihre schwebende Blase«, entgegnete Qubata rasch.
    »Und wenn schon?«, hielt ihm Muzta entgegen.
    »Schicke ihr jemanden nach«, sagte Qubata. »Womöglich planen sie etwas.«
    »Reite ihr selbst nach, alter Mann«, wies ihn Muzta zurecht, und es klang distanziert. »Ich denke, das hier in der Stadt ist nichts für dich.«
    Nichts Abschätziges klang in diesen Worten durch, nur eine tiefe Trauer.
    »Mit deiner Erlaubnis also, mein Qar Qarth.« Und Qubata verneigte sich im Sattel, wendete das Pferd und galoppierte nach Osten.
    Mehrere im Stab wollten schon lachen, aber Muzta warf sich herum und brachte sie mit seinem Blick zum Schweigen.
    »Sei vorsichtig, mein Freund«, flüsterte er. »Vielleicht behältst du letztlich doch Recht.«
    Er deutete nach vorn, spornte das Pferd zum Handgalopp und drang in die Stadt ein.
    Hier ist die beste Stelle, um es zu Ende zu bringen, dachte Andrew, als er von der Linie zurückkehrte, die sich über die Oststraße zog. Er zügelte sein Pferd, sprang aus dem Sattel und schickte Mercury mit einem Klaps auf die Hinterbacke davon.
    Er ging zu der Stelle, wo die Bundes- und die Staatsflagge flatterten, und blickte voller Zuneigung zu ihnen hinauf, als wären sie die letzte Verbindung nach zu Hause.
    Zuhause, dachte’ er, und seine Gedanken schweiften zurück zu goldenen Herbsttagen, dunstig von Rauch und Wärme, und zu dunklen Winterwolken, Brandung an den Felsen, wirbelnden Schneeflocken, unter deren weicher Decke die Welt verstummte.
    Hätte er Maine doch nur noch einmal sehen können! Hätte er doch nur mit Kathleen an der Seite durch die Wälder spazieren können, während sein alter Border Collie vor ihm durchs hohe Gras sprang.
    Aus diesen Erinnerungen aufgeschreckt, blickte er zu den Flaggen auf, die in der Brise knatterten. Er hätte sich

kein besseres Symbol suchen können, um darunter zu sterben. Wie viele, die in unzähligen Kriegen der Vergangenheit gekämpft hatten, glaubte er beinahe, dass die Geister derer, die unter den Standarten gefochten hatten, womöglich immer noch in diesen Symbolen weilten und ihren Kameraden auf dem letzten Schlachtfeld zusahen.
    Bei Antietam war er ihnen zum ersten Mal gefolgt, neuen Flaggen, die in der Sonne glänzten. Dann tat er es weiter durch Fredricksburg und Chancellorsville bis zu jenen vier Stunden von Gettysburg, wo er zum ersten Mal das Kommando führte. Dann weiter in den Nordosten Virginias, nach Cold Harbor und Petersburg und letztlich hierher.
    Johnnie hielt sich wahrscheinlich irgendwo hier auf. Zumindest musste Andrew nicht weiter diese Träume erleben. Vielleicht ruhte
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