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Das verflixte 4. Schuljahr

Das verflixte 4. Schuljahr

Titel: Das verflixte 4. Schuljahr
Autoren: Martin Kohn
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oder eine schlechte Prüfung abzuliefern). Überlegen Sie dann, wer alles etwas dazu beitragen kann, dass diese Angst nicht mehr so schlimm ist (zum Beispiel, dass Mama und Papa bei einer schlechteren Note nicht schimpfen, wenn Melanie sich trotzdem gut auf die Arbeit vorbereitet hat). Lassen Sie Ihr Kind selbst Lösungen gegen seine Schulangst finden.
    An sich ist Angst nichts Schlimmes, sondern ein wichtiges Warn- und Informationssystem für den menschlichen Körper, um eine bedrohliche Situation zu erkennen und – nach Möglichkeit gefahrlos – aus ihr entkommen zu können. Und so kommt es, dass uns Ängste ein Leben lang begleiten, quasi von Geburt an – oder sogar noch davor. Zu den instinktiven Ängsten zählen die Körperkontaktverlustangst, die Achtmonatsangst (auch Fremdeln genannt; das Kind weint, wenn es etwa die Bezugsperson nicht mehr sieht) und die Trennungsangst, die bis zum dritten Lebensjahr maßgeblich sind. In diesem Alter kommt es auch zur Ausbildung der Vernichtungsangst. Zwischen dem vierten und fünften Lebensjahr entwickelt sich im Kind dann die Todesangst. Die Reaktionen des Kindes auf diese Ängste sind Weinen, Schreien und sich an die Mutter klammern. Sigmund Freud sah die Trennungsangst als Schlüssel für alle neurotischen Ängste. Als Eltern können Sie die Ausbildung dieser Ängste nicht verhindern, wohl aber können Sie Ihr Kind bei der Angstverarbeitung unterstützen und ihm Sicherheit geben.
    Schulangst kann demnach auch auf wiederbelebter Trennungsangst von geliebten Personen und vertrauter Umgebung beruhen. Hinzu kommt die Ausprägung einer Sozialisationsangst in diesem Alter, die Angst vor dem Zusammensein mit vielen fremden Personen, auch Gleichaltrigen. Kinder haben Angst davor, ausgelacht oder verspottet zu werden.
    Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass sich die Ängste der Kinder gesellschaftsbezogen verändern. Während Kinder in den 1920er-Jahren vornehmlich Angst vor dem »schwarzen Mann« hatten, sind die Schreckgestalten heute eher Monster und bedrohliche Tiere aus Horrorfilmen.
    Die Art und Weise, wie sich Angst bei Kindern zeigt und in welchem Maße sie ausbricht, ist letztlich kein Reflex, sondern basiert auf der Erziehung der Eltern. Überängstliche Eltern beeinflussen durch ihr Verhalten auch die Ausprägung von Angst bei ihren Kindern. Egal ob auf dem Schulweg, beim Gitarrenkurs oder dem Fußballtraining – viele Eltern lassen ihren Nachwuchs nicht mehr aus den Augen, aus Angst, dass ihm etwas zustoßen könnte. Auf diese Weise verhindern sie, dass ihre Kinder flügge und selbstständig werden, denn die Heranwachsenden kopieren unbewusst das Verhalten ihrer Eltern – und damit auch deren Ängste. Besonders ängstliche Kinder leiden dann nicht nur unter Schulangst, sondern haben es zudem schwerer, einen Freundeskreis in der Schule aufzubauen, denn sie werden häufiger ausgegrenzt und weniger akzeptiert als fröhliche, unbelastete Kinder. Häufig hilft dann nur noch eine Therapie. Erfahrungen zeigen, dass Kinder mit Prüfungsängsten oft auch besonders ängstliche Eltern haben, die zum Beispiel in ihrer eigenen Schulzeit ebenfalls unter Schulangst gelitten haben und insgesamt eher übervorsichtig sind. Das Problem dabei ist, dass sich Angst unkontrolliert ausbreiten kann. Geht eine Mathe-Arbeit daneben, kann sich daraus eine Angst vor Arbeiten im Fach Mathematik entwickeln, die wiederum, sofern sie nicht behandelt wird, zu einer allgemeinen Angst vor Arbeiten und Prüfungen in allen Fächern führen kann.
    Völlig angstfreie Kinder hingegen sind ebenfalls nicht beliebt – weder bei ihren Mitschülerinnen und Mitschülern noch bei ihren Lehrerinnen und Lehrern. Ein Kind, das sich von Strafaufgaben oder schlechten Noten wenig beeindrucken lässt, gilt bald als schwierig oder gar als schwer erziehbar.
    Lernen Sie also loszulassen und lassen Sie Ihr Kind beispielsweise allein den Schulweg gehen, anstatt es jeden Morgen dorthin zu begleiten oder mit dem Auto zu chauffieren. Vergessen Sie Argumente wie »Der Schulweg ist zu gefährlich« oder »Fremde könnten mein Kind ansprechen«.
    Eine Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2011 ergab, dass Kinder in Deutschland immer häufiger per Auto zur Schule gebracht werden. So wird jedes fünfte Kind von den Eltern mit dem Auto zur Schule gefahren, weil die Eltern den Weg zur Schule als zu gefährlich für ihr Kind einschätzen. Außerdem beginnt die Wahl der geeigneten Schule
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