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Das verborgene Kind

Das verborgene Kind

Titel: Das verborgene Kind
Autoren: Marcia Willett
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ist zu klein. Außerdem möchte ich nicht zusammen mit Im und Jules leben. Und ich finde immer noch, dass es viel zu teuer für Im wäre, wenn sie es zu seinem richtigen Wert kauft. Und schenken kannst du es ihnen nicht so einfach. Hör mal, Matt kann jeden Moment kommen. Lass uns ein andermal darüber reden. Du darfst nichts überstürzen. Du hast schon genug für uns alle getan. Vergiss diese Geschichte erst einmal, und sag mir, was ich noch auf die Einkaufsliste setzen soll!«
    Oben, in seinem Zimmer unter dem Dach, kniete Matt an dem niedrigen Gaubenfenster. Auf der anderen Seite des Tals waren die Hänge von Dunkery Hill von Sonnenlicht übergossen und mit winterlichen Farben übersät: rostroter Farn und heller Stein; welkes braunes Gras und das kalte weiße Aufblitzen von Wasser. In Richtung Westen hingen tiefe Wolken über der Mündung des Severn, so dicht, als wäre ein dicker grauer Vorhang vor den Bristol-Kanal gezogen worden. Schafe, hübsche Exmoor Horns, hatten sich in die Auffahrt verirrt und grasten unter den hohen Buchen. Die Bäume hatten die Blätter verloren, sodass es Matt fast unmöglich war, in dem Baum, der dem Fenster am nächsten stand, den Buchendrachen zu erkennen. Zuerst hatte er ihn als kleiner Junge bemerkt, den belaubten Ast, der sich reckte wie ein beweglicher Hals, und den Kopf, der von einem länglichen Blattbüschel gebildet wurde, während zwei Zweige, die im rechten Winkel auf dem »Schädel« saßen, die Ohren abgaben. Und die kleine Lücke, durch die er den dunklen Baumstamm sah, wirkte genau wie ein bedrohlich glühendes Auge. Wenn der Wind wehte, schnappten die aufgerissenen Kiefer, und ein langer, schlanker Zweig, der dicht mit hellen Blättern bewachsen war, glich einer Feuerzunge.
    Er hatte das Bild in den Geschichten aus seiner Kindheit und später in seinem Roman benutzt. Der Buchendrache war ein so vertrauter Freund aus Kindertagen, dass er nicht in der Lage gewesen war, seinen Drachen als Feind seines kindlichen Helden darzustellen. Stattdessen hatte er ihn zum Beschützer des Jungen gemacht, zum geisterhaften Alter Ego, das er »David« genannt hatte und das mit einem Pfiff herbeigerufen werden konnte.
    »Warum ›David‹?«, hatte seine Mutter beinahe zornig zu wissen verlangt. Ihre Reaktion hatte ihn überrascht, bis er sich ins Gedächtnis rief, dass der zweite Vorname seines Vaters David gelautet hatte und die meisten ihrer Äußerungen ohnehin unlogisch und überzogen waren.
    »Warum nicht?«, hatte er ruhig zurückgegeben. »Mir war einfach so, als müsse er so heißen.«
    Sie hatte den Kopf geschüttelt, und dieser alte, bedrückende Tick, der ihm einen Stich ins Herz versetzte, hatte ihr Gesicht verzerrt.
    »Du hast gesagt, er ist ein Geist«, hatte sie gemurmelt. »Was für ein dummer Name für einen Geist!«
    Solche Gespräche hatte es viele gegeben. Stets zeigte seine Mutter sich kritisch und negativ eingestellt. Er wünschte, sie hätte stolz auf ihn sein können. Seine unglückliche Beziehung zu ihr hatte ihn gelehrt, misstrauisch zu sein und vor den Frauen, zu denen er sich hingezogen fühlte, nicht allzu viel von sich preiszugeben. Er rechnete damit, dass sie genauso reagierten wie seine Mutter, und das machte ihn übervorsichtig. Er wandte sich vom Fenster ab, zog einen Pullover über und dachte lieber an den bevorstehenden Tag. Vielleicht war Imogen schon auf dem Weg hierher. Er schaltete sein Handy ein, um nachzusehen, ob sie ihm eine Nachricht geschickt hatte.
    Nichts von ihr, aber eine SMS von Annabel. »Klingt phantastisch. Würde Exmoor gern sehen. Könnte am Wochenende kommen.«
    »Verdammt!«, brummte er und steckte das Handy in die Tasche. Er ging hinaus und die steile, schmale Treppe hinunter. Er liebte dieses alte Haus. Einzelne Teile waren zweihundert Jahre alt, und es war ein richtiger Fuchsbau aus kleinen, gemütlichen Zimmern. Er durchquerte den Salon, wo im Kaminofen noch die Asche des Feuers vom Vorabend glühte und eine weitere Treppe, breiter und weniger steil, nach oben führte. Das Esszimmer war leer, aber in der Küche, gleich jenseits des Bogengangs, konnte er Milo hören.
    »Ich glaube dir nicht einen Moment. Soweit ich weiß, hast du dein Frühstück schon gehabt, und jetzt kriegst du nichts mehr. Du hältst mich wohl für beschränkt, was?«
    »Guten Morgen«, sagte Matt.
    Kurz blieb es still, und dann tauchte Milo mit Pud im Schlepptau auf. »Tut mir leid, Junge. Habe nicht dich gemeint.«
    Matt lachte, bückte sich, um den
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