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Das verborgene Kind

Das verborgene Kind

Titel: Das verborgene Kind
Autoren: Marcia Willett
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treffen, ohne die Katastrophe auszulösen, von der Milo gesprochen hat. Da bin ich mir sicher. Du musst einfach noch warten, Matt, aber jetzt kennst du wenigstens die Wahrheit. Das muss doch ein Trost sein.«
    »Ja, so ist es.« Er schob die Fotos zusammen, nahm die Briefe und hielt inne, um noch einmal das neueste Bild zu betrachten. Milo und Lottie beobachteten ihn. »Ich frage mich, was für ein Mensch er ist«, sagte er. »Ob er Arzt, Lehrer oder Musiker ist. Vielleicht ist er sogar Schriftsteller geworden.«
    »Was immer er im Leben tut«, meinte Lottie nach kurzem Schweigen, »es scheint ihm Spaß zu machen.«
    »Wann willst du es Im sagen?«, fragte Milo. »Und was glaubst du, wie sie es aufnehmen wird?«
    »Ich glaube, sie wird aus den offensichtlichen Gründen emotional reagieren, besonders wegen Rosie. Sie kann sich vorstellen, wie es wäre, ein Kind zu verlieren. Schlimm genug zu glauben, dass David an irgendeiner Krankheit gestorben ist. Aber wenn sie hört, dass er entführt wurde, regt sie sich wahrscheinlich erst richtig auf.«
    Er stand auf, und die beiden taten es ihm nach und schauten ihn besorgt und liebevoll an.
    »Mir geht es gut«, sagte er wie zur Antwort auf eine unausgesprochene Frage. »Es ist eine Erleichterung, weil ich jetzt wirklich alles weiß. Endlich. Sobald ich kann, treffe ich mich mit Im. Ich glaube, sie sollte es auch erfahren. Danke dafür, dass ihr ... nun, dass ihr für mich da wart.«
    Als er fort war, sahen sie einander an.
    »Kaum vorstellbar«, meinte Milo. »Was für eine ungeheure Geschichte! Ich wünschte, ich wäre sicher, dass sie ihn nicht aus dem Gleichgewicht bringt. Ein höllischer Schock, oder?«
    »Schon, aber Matt hatte immer den Verdacht, dass ihm etwas fehlt. Er hat sich ohne David immer einsam gefühlt, obwohl er nicht wusste, wonach er sich sehnte, bis er Helenas Bilder sah und es zu ahnen begann. Tief im Inneren wusste er, dass in seiner Kindheit etwas Traumatisches geschehen sein muss. Sogar als kleiner Junge hat er versucht, sich die Angst vom Herzen zu schreiben. In Epiphanie kam alles zusammen, obwohl das keiner von uns begriffen hat. Es ist viel besser, dass er nun die Wahrheit kennt. Eigentlich wird es für Im schwerer sein.«
    »Wieso denn das? Es ist doch nicht ihr Zwilling entführt worden. Sie kannte David nicht mal.«
    »Aber sie weiß jetzt, wie es ist, Angst um ein Kind zu haben. Matt hat recht. Im wird diejenige sein, die wirklich Unterstützung braucht. Wie ich Matt kenne, überlegt er bereits, wie er das gesamte Material nutzen kann. Oh, nicht bewusst und eiskalt kalkulierend. Er kann nur nicht anders. Sein kreativer Geist wird alles aufsaugen, eine Distanz dazu schaffen und es zu einer Geschichte schmieden, die er sich selbst erzählen kann. So wird er damit umgehen, es begreifen und sich nach und nach damit arrangieren. Im kann das nicht. Sie stellt sich vielleicht vor, dass Rosie so etwas zustößt, und wird fortan Angst haben, das Kind allein zu lassen. Etwas in der Art. Sie wird eine Menge Beistand brauchen.«
    Sie standen zusammen, und Milo legte eine Hand auf ihre Schulter.
    »Wünschst du dir jetzt, sie und Jules würden doch im Sommerhaus wohnen, damit sie näher bei uns wären?«
    Lottie schüttelte den Kopf. »Sie werden gemeinsam damit fertig werden. Genau das brauchen sie nach dem Aufruhr mit Nick.«
    »Mit Nick? Was ist mit Nick?«
    Lottie biss sich auf die Lippen. »Ich meine nur ... der ganze Aufstand um Nick, weil er Geld brauchte, du Im das Sommerhaus angeboten hast und Jules es dann nicht wollte und all die Probleme, die er und Im deswegen hatten. Nichts weiter. Sie wissen inzwischen, dass es nicht das Richtige für sie gewesen wäre, und sind wieder miteinander im Reinen, aber diese Neuigkeit wird sie einander noch näher bringen. Es ist viel besser, wenn Im Trost bei Jules sucht und nicht bei uns. Wir werden natürlich für sie da sein, doch Jules ist derjenige, den sie jetzt braucht.«
    Er seufzte. »Bestimmt hast du recht. Ich arbeite noch etwas im Garten. Das wird mich nach alldem beruhigen.« Begütigend tätschelte er ihre Schulter. »Wir überstehen das schon«, sagte er.
    »Ich weiß.« Sie lächelte dankbar.
    Mit Pud auf den Fersen ging er hinaus, und sie sah ihm nach. Wie immer gab es ihr Rätsel auf, dass andere Menschen ganz offensichtliche Dinge nicht so einfach wahrnahmen wie sie. Milo hatte eindeutig nicht geahnt, dass Nicks häufige Besuche in letzter Zeit jemand anderem als ihm gegolten hatten. Aber warum
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