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Das unvollendete Bildnis

Das unvollendete Bildnis

Titel: Das unvollendete Bildnis
Autoren: Agatha Christie
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daher musste das Fläschchen ihre Fingerabdrücke aufweisen. Um ganz sicher zu sein, fragte ich Mr Meredith Blake, in welcher Reihenfolge die fünf Personen an jenem Tag den Raum verließen, denn es schien mir unwahrscheinlich, dass jemand in Anwesenheit von fünf Menschen unbemerkt das Gift hätte stehlen können. Die Reihenfolge war: Elsa Greer, Meredith Blake, Angela Warren, Philip Blake, Amyas Crale und schließlich Caroline Crale. Mr Meredith Blake stand mit dem Rücken zur Tür, sodass er nicht sehen konnte, was Mrs Crale tat. Sie hatte also die Möglichkeit, das Koniin zu nehmen, und ich bin überzeugt davon, dass sie das getan hat.
    Nun kommen wir zu dem Morgen des Unglückstages. Die Tatsachen stehen fest. Miss Greer hatte am Tag zuvor in Gegenwart von mehreren Zeugen überraschend erklärt, dass sie und Amyas Crale heiraten würden; Amyas Crale bestätigte das, und Caroline Crale war verzweifelt. Zwischen den Eheleuten kommt es am nächsten Morgen zu einer heftigen Auseinandersetzung in der Bibliothek. Es wurde gehört, dass Caroline Crale erbittert rief: ‹Du mit deinen Weibern› und hinzufügte: ‹Eines Tages werde ich dich noch umbringen!› Philip Blake, der sich in der Halle befand, hörte es, ebenso Miss Greer, die auf der Terrasse saß. Miss Greer hörte außerdem, dass Mr Crale seine Frau bat, vernünftig zu sein, worauf Mrs Crale erwiderte: ‹Ehe ich dich dem Mädchen lasse, bringe ich dich um!› Kurz danach kommt Amyas Crale aus der Bibliothek und fordert Elsa Greer barsch auf, mit ihm zur Schanze zu gehen und ihm zu sitzen. Sie holt sich einen Pullover und verlässt mit ihm das Haus.
    Das alles ist vom psychologischen Standpunkt aus völlig glaubhaft, aber jetzt kommt etwas Merkwürdiges – Meredith Blake entdeckt das Fehlen des Koniins, ruft seinen Bruder an, sie treffen sich an der Landungsstelle und gehen unter der Schanze vorbei, wo gerade Caroline Crale eine Auseinandersetzung mit ihrem Mann hat – diesmal handelt es sich um Angela, die ins Internat soll. Das kommt mir höchst eigenartig vor. Die Gatten hatten eine furchtbare Szene, die damit endet, dass Caroline eine handfeste Drohung ausstößt, und zwanzig Minuten später geht sie zu ihm hinunter und streitet mit ihm wegen einer verhältnismäßig unwichtigen häuslichen Angelegenheit.»
    Poirot wandte sich zu Meredith Blake.
    «Gemäß Ihrem Bericht hörten Sie, dass Crale sagte: ‹Es ist alles abgemacht… ich werde sogar für sie packen.› Stimmt das?»
    «So ungefähr», antwortete Meredith Blake.
    «Sie haben das doch auch gehört?», fragte Poirot Philip Blake.
    Stirnrunzelnd entgegnete Philip:
    «Ich hatte gar nicht mehr daran gedacht, aber jetzt erinnere ich mich; es wurde vom Packen gesprochen.»
    «War es Mr Crale, der davon sprach?»
    «Ja. Ich hörte Caroline darauf nur sagen, dass es sehr bitter für das Mädchen sei. Aber was soll das eigentlich? Wir wissen doch alle, dass Angela ins Internat gehen sollte.»
    «Sie können meinen Gedanken nicht folgen», erwiderte Poirot. «Warum sollte Amyas Crale für das Mädchen packen? Das ist absurd. Da war doch Mrs Crale, Miss Williams oder ein Dienstmädchen, die das hätten tun können.»
    Ärgerlich warf Philip ein:
    «Wozu dies alles erwähnen? Das hat doch nichts mit dem Mord zu tun.»
    «Das meinen Sie! Aber das war das erste, was mir verdächtig vorkam. Dann fand ich es merkwürdig, dass Mrs Crale, eine verzweifelte Frau mit gebrochenem Herzen, die ihren Mann noch kurz vorher bedroht, die Selbstmord oder Mord im Sinne hat, nun höchst freundlich ihrem Mann eisgekühltes Bier bringt.»
    Hier schaltete sich Meredith Blake ein.
    «Das ist doch gar nicht so merkwürdig, wenn sie einen Mord plante. Das sollte doch als Täuschung dienen.»
    «Glauben Sie? Sie hat also beschlossen, ihren Mann zu vergiften, sie hat sich bereits das Gift verschafft. Ihr Mann hat im Schuppen der Schanze einen größeren Biervorrat. Da müsste sie doch eigentlich darauf gekommen sein, das Gift in einem unbeobachteten Augenblick in eine dieser Flaschen zu schütten.»
    «Das konnte sie nicht tun», widersprach Meredith, «jemand anderes hätte davon trinken können.»
    «Ja, Elsa Greer. Aber Sie wollen mir doch nicht einreden, dass Caroline Crale, wenn sie sich entschlossen hatte, ihren Mann zu ermorden, Bedenken gehabt hätte, das Mädchen ebenfalls umzubringen? Aber darüber wollen wir nicht streiten; halten wir uns an die Tatsachen. Caroline Crale sagt, sie werde ihrem Mann eisgekühltes Bier
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