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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz
Autoren: Magdalen Nabb
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niemanden. Simonetti gehörte zur letzteren Kategorie und trat vor Gericht stets hochelegant gekleidet auf, wenn er die Lorbeeren für das einstrich, was die Ermittler, seiner arroganten, schlechten Durchführung des Falles zum Trotz, erreicht hatten.
    Der Maresciallo machte Simonetti keinen Vorwurf dafür, daß er den Fall Becker nicht hatte lösen können, doch daß er das Leben eines Unschuldigen zerstört hatte, weil er niemanden sonst hatte verhaften können, das nahm er ihm übel. Und darüber machte er sich nun seine Gedanken.
    »Es überrascht mich, daß er diesen Fall übernehmen will«, sagte er. »Ich will sagen, es haben schon bessere Leute als er kapitulieren müssen, als die Spur noch heiß war, wie Sie es vielleicht ausdrücken würden, und ausgerechnet jetzt… Außerdem hat man, soviel mir bekannt ist, nie auch nur das kleinste Schnitzelchen eines Indizes gefunden. Simonetti kommt mir nicht wie ein Mann vor, der sich vor aller Öffentlichkeit blamieren will.«
    »Nein, das würde ihm gar nicht gefallen.«
    Der Kaffee wurde gebracht, und der Maresciallo verrührte nachdenklich seinen Zucker, bevor er sagte: »In dem Fall gehe ich davon aus, daß der Oberstaatsanwalt ihm die Sache aufgehalst hat und er keine andere Wahl hatte. Er dürfte dementsprechend gereizt sein.«
    »Der Oberstaatsanwalt und Simonetti«, erwiderte der Capitano, als spräche er zu seinem Stift, »sind alte Freunde. Ich glaube, sie gehen gemeinsam auf die Jagd. Simonetti ist ehrgeizig. Dieser Fall, das Ungeheuer, ist dem Oberstaatsanwalt ein Pfahl im Fleische. Das kommende Jahr ist das letzte in seiner Amtszeit. Dann geht er in Pension. Er hat sich einen Namen gemacht – Sie wissen ja, daß er viele Erfolge bei Entführungsfällen hatte, was ihm nicht nur hier, sondern auch in anderen betroffenen Ländern einen gewissen Ruf eingebracht hat. Er hat auch viele Erfolge im Kampf gegen den Terrorismus gehabt. Das war ein energischer und, wenn Sie so wollen, sogar aggressiver Kampf gegen das Verbrechen, und er hat zweifellos jeden Augenblick dabei genossen.«
    »Aber Sie mögen ihn nicht besonders.«
    »Sagen wir so, für meinen persönlichen Geschmack tritt er zu häufig im Fernsehen auf. Es steht mir nicht zu, den Mann zu kritisieren, und es gibt sicher wenig, was ihm so egal ist wie meine persönliche Meinung. Dennoch hat er sich Feinde gemacht, vor allem deshalb, weil er mit seinen Holzhammermethoden nicht nur vielen Kollegen Blessuren zufügt, sondern auch vielen aus der Zunft der Kriminellen, wie ich mir vorstellen kann. Jedenfalls, als der Generalstaatsanwalt seine Ansprache zum neuen Jahr hielt, äußerte er sich ausführlich und höchst unangenehm über die Fehlschläge beim Aufspüren des Florentiner Serienmörders, des sogenannten Monsters. Wenn der Oberstaatsanwalt nun als der Mann in Pension geht, der den Fall nicht lösen konnte, mit dem mehr Zeitungen verkauft wurden als mit jedem anderen in seiner Amtszeit, zählen auch seine ganzen erfolgreichen Jahre nicht.«
    »Aha. Natürlich…«
    »Er hat schon vor einiger Zeit eine Sonderkommission auf den Fall angesetzt, doch über ihre Tätigkeit sollte nicht viel nach außen dringen, falls nicht viel dabei herauskäme.«
    »Und nun ist etwas herausgekommen?«
    »Anscheinend ja. Er möchte eine größere Gruppe dransetzen. Sechs Leute. Drei von der Polizei und drei von den Carabinieri.«
    Er spulte wieder seinen Text ab. Offensichtlich wollte er nicht sagen, warum man den Maresciallo ausgewählt hatte.
    »Darf ich wenigstens fragen… auch wenn Sie es nicht gern hören, wer die Entscheidung hinsichtlich der drei Carabinieri getroffen hat?«
    »Die Entscheidung wurde hier getroffen. Von uns.«
    »Vielen Dank. Es steht mir nicht zu, das zu fragen, aber vielen Dank.«
    »Sie haben keinen Grund, mir zu danken. Diese Angelegenheit wird Sie viel Mühe kosten, fürchte ich, aber ich würde nicht von Ihnen verlangen, so häufig Ihren Posten zu verlassen, wenn Sie nicht Lorenzini hätten, der, wie ich weiß, ein sehr fähiger Mann ist.«
    »Ja. Ja, Lorenzini…«
    »Und ganz gleich, wie dieser Fall ausgeht, Sie sollen wissen, daß ich viel von Ihnen halte. Sie haben in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet, und ich weiß das zu schätzen. Es klingt sicher wie eine Entschuldigung, aber es wird Ihnen bestimmt nicht viel Freude machen, unter dem Kommando der Zivilpolizei zu stehen, und Simonettis Entscheidung bedeutet, daß genau dies der Fall sein wird, obwohl Sie in der Sonderkommission
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