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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
Autoren: Gavin Extence
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empörend!«, wiederholte meine Mutter. »Was für eine Untersuchung ist das hier eigentlich? Das ist gleichbedeutend mit Folter! Schauen Sie ihn bloß an: Er ist krank. Er leidet unter Schlafentzug. Ich vermute, Sie haben ihn weder einem Arzt vorgeführt noch ihm einen Rechtsbeistand angeboten, oder?«
    Chief Inspector Hearse versuchte, die Situation wieder unter Kontrolle zu bekommen. »Mrs. Woods, ich versichere Ihnen: Ihr Sohn hat in der Zeit, in der wir mit ihm zu tun haben, keinerlei Anzeichen einer Erkrankung gezeigt. Wenn es so gewesen wäre, hätten wir selbstverständlich einen Arzt gerufen. Und der Grund, warum wir keinen Rechtsanwalt zugezogen haben, liegt darin, dass er noch nicht angeklagt wurde, wie ich bereits gesagt habe.«
    »Er hatte einen Anfall!«
    »Keiner von uns war bei diesem angeblichen Anfall zugegen. Und …« Jetzt hob Chief Inspector Hearse streng den Zeigefinger. »Und es gibt einige Umstände, die Ihnen nicht bekannt sein dürften.« Er gestikulierte zu Deputy Inspector Cunningham, der zum zweiten Mal den Beutel mit Cannabis hervorholte und in die Mitte des Tischs warf.
    »Das ist Marihuana«, erklärte Chief Inspector Hearse in ernstem Ton.
    »Ich weiß, was das ist, Inspector«, sagte meine Mutter. »Ich bin ja nicht blöd.«
    »Das haben wir im Wagen Ihres Sohns gefunden. Wir glauben, dass seine ›Anfälle‹ möglicherweise damit zu tun haben.« Die Anführungszeichen waren für alle deutlich hörbar.
    »Das ist absurd«, fauchte meine Mutter. »Alex nimmt keine Drogen!«
    »Das gehörte Mr. Peterson«, erklärte ich.
    »Das passt schon eher«, nickte meine Mutter.
    »Bei allem Respekt, Mrs. Woods …«, begann Chief Inspector Hearse mit düsterer Stimme. »Bei allem Respekt, aber Eltern haben oft keine Ahnung, was ihre Kinder so treiben. Sie wollen nicht glauben, dass …«
    »Ich möchte Sie an dieser Stelle unterbrechen«, sagte meine Mutter (und ihr Ton ließ keinen Zweifel daran, dass sie erwartete, ihrerseits nicht unterbrochen zu werden. Es war ein Ton, den ich nur zu gut kannte). »Erstens ist das Cannabis. Es ist vergleichsweise harmlos, und sein Vorhandensein hier macht aus meinem Sohn noch keinen Übeltäter, wie Sie unzweifelhaft andeuten möchten. Wenn Sie behaupten wollen, dass nur Übeltäter Rauschmittel konsumieren und nicht auch Politiker und Richter und – ja, auch Polizisten –, dann sind Sie ein Lügner und ein Heuchler.« Es herrschte frostige Stille. Meine Mutter mochte keine Lügner, und noch weniger mochte sie Heuchler. »Zweitens«, fuhr sie fort, »wenn Sie behaupten wollen, dass Sie sich nach den wenigen Stunden, die Sie meinen Sohn kennen, ein besseres und wahrhaftigeres Bild von ihm machen können als ich, und wenn Sie tatsächlich so weit gehen zu mutmaßen, ich habe keine Ahnung von seinem Charakter, dann, nun, dann rate ich Ihnen dringend, sich mal den Kopf untersuchen zu lassen.«
    Chief Inspector Hearse war rot geworden. Sehr rot. Sein Muttermal pochte. »Mrs. Woods! Ich will damit nur sagen, dass Ihr Sohn nicht der Engel ist, den Sie offensichtlich …«
    »Ich habe nie behauptet, er sei ein Engel. Ich behaupte, er ist ein Puritaner. Die Vorstellung, dass er Drogen nehmen könnte – dass er irgendeine Substanz einnehmen könnte, die ihm nicht von mindestens drei Ärzten dringend empfohlen wurde –, ist lachhaft. Er betrachtet sogar das Trinken von Alkohol als eine ernsthafte Charakterschwäche!«
    Ihren Worten folgte ein unsicheres Schweigen. Chief Inspector Hearse und Deputy Inspector Cunningham reagierten überrascht auf den Ausbruch meiner Mutter, ich aber war fassungslos. Entgegen all meiner Vermutungen sah es so aus, als würde meine Mutter mich tatsächlich ziemlich gut kennen.
    Es war Chief Inspector Hearse, der sich als Erster sammelte. »Mrs. Woods, ich glaube, das gehört nicht zur Sache. Hier geht es nicht um reinen Eigenbedarf. Ihr Sohn hat bereits gestanden, dass er das besagte Marihuana angebaut und geerntet hat. Und zwar über einen längeren Zeitraum.«
    »Ich habe es ausschließlich für Mr. Peterson geerntet«, stellte ich klar. »Und er rauchte seit 1965 Marihuana. Es ist nicht so, dass ich ihn süchtig gemacht habe. Und ich habe es auch nicht verkauft. Ich habe ihm nur mit den Pflanzen geholfen, als er nicht mehr auf den Dachboden steigen konnte.«
    »Da haben Sie es!«, rief meine Mutter. »Es ging nicht um Profit oder um persönliche Vorteile. Ich weiß genau, was Sie mich glauben machen wollen, Inspector, aber diese
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