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Das Todeshaus

Das Todeshaus

Titel: Das Todeshaus
Autoren: Scott Nicholson
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hatte sich im Nichts aufgelöst, war nur noch eine verbrannte Erinnerung, ein schwach glühender Funke im großen Universum. Ein Traum, der fast schon vergessen war, der mit jeder Minute, die verging, blasser wurde. Anna war sich sicher, dass auch sein imposanter Grabstein aus Marmor nur noch eine Handvoll Staub war, die geheuchelten Worte Viel zu früh von uns gegangen zerbröckelt zur Bedeutungslosigkeit.
    Kurz vor Sonnenaufgang war Anna nach Beechy Gap gegangen, zu der Stelle, wo einst die Hütte gestanden und sie diese seltsamen kleinen geschnitzten Figuren gesehen hatte. Von der Hütte war nichts weiter übrig als ein kleiner Haufen Asche. Auch die Puppen hatten sich in Rauch aufgelöst, hatten endlich ihre Ketten gesprengt.
    Anna durchforstete die Trümmer der Scheune nach Sattel und Zaumzeug. Als sie einen zerschmetterten Balken anhob, entdeckte sie Ransom. Sein Gesicht ausdruckslos und leer, an seinem Mundwinkel hing ein Tropfen getrocknetes Blut. Mit der Hand umklammerte er den Stofffetzen seines Talismans. Sie deckte ihn wieder zu, bevor Mason irgendetwas mitbekam.
    Die Toten verdienten Respekt. Der Tod war weder romantisch noch glamourös. Viel zu lange hatte sie sich über die Hoffnungen und endlosen Träumen der rastlosen Seelen Gedanken gemacht. All das war ihr jetzt egal, die Faszination war verflogen. Sie hatte absolut kein Bedürfnis mehr, mit einem weiteren Geist Bekanntschaft zu machen, vor allem nicht mit ihrem eigenen.
    Selbst Rachels Geist wollte sie nicht mehr begegnen, auch wenn die Verbindung zwischen beiden tiefer ging als die zwischen einer Mutter und ihrem Kind.
    Vielleicht waren die Geister Annas Schicksal. Vielleicht waren sie ihre Familie gewesen, ihr Zuhause, ihre Seelenverwandten, auch wenn sie sich immer nur kurz begegnet waren. Möglicherweise lungerten sie unsichtbar in ihrem Körper, in ihrem Blut, in den vom Krebs zerfressenen Zellen, die ihre Organe schwächten und sie unvermeidbar in die endgültige Finsternis drängten. Sie war ebenso ein Geist wie sie auch eine Sterbliche war. Eine Fremde in zwei fremden Welten.
    Aber so geht es doch allem Lebendigen. Wenn bei der Geburt der Lebensfunke entfacht wird, beginnt für uns alle gleichzeitig auch das Sterben.
    Also, was soll ’ s?
    Hatte sie wirklich erwartet, dass sie als Geist verstehen würde, was es bedeutete, ein Geist zu sein? Sie war sechsundzwanzig Jahre alt und der Bedeutung des Lebens in all der Zeit nicht auf den Grund gekommen. Warum sollte der Tod weniger mysteriös und geheimnisvoll sein?
    Was den heutigen Tag betraf, so genoss sie die frische Luft und ihre Schmerzen waren irgendwo bei sechs wie eine Schlaufe mit Schnippchen, vielleicht auch bei fünf wie ein Mann mit Bauch. Auf jeden Fall weit genug weg von null, vom Nichts. Sie könnte für all die leben, die schon gegangen waren, und auch für die, die noch geboren werden würden. Egal, ob ihr noch Wochen oder Monate blieben, sie nahm dieses Leben als kostbares und vergängliches Geschenk an.
    Anna sah etwas Silbernes im Trümmerhaufen aufleuchten. Unter den Balken entdeckte sie Zaumzeug, einen Sattel und eine Decke. Unter Masons interessierten Blicken zog sie die Sachen aus dem Schutt und sattelte eines der Pferde.
    Der angesammelte Rauch stieg aus ihren Lungen auf. Sie räusperte sich und machte sich laut speiend Luft. »Macht man das so in Sawyer Creek?«
    Mason lächelte sie an. Sein Gesicht war schmutzig, von Erschöpfung gekennzeichnet. Aber sein Lächeln war gar nicht so übel. Sie trug die Decke zu ihm und legte sie über seine Schultern. »Wir sollten dich besser warmhalten, nur für alle Fälle«, meinte sie.
    »Weiche Frost?«
    »Das ist nicht lustig.«
    »Ich weiß.«

 
     
     
    81. KAPITEL
     
    Spence fing einen schwarzen Ascheklumpen auf, der zu Boden schwebte.
    Nein. Dies war nicht das WORT.
    Er schnappte einen weiteren Klumpen, dann noch einen und noch einen.
    Das WORT würde von Dauer sein. Ein simples Feuer konnte es nicht auslöschen. Er hustete. An seinen Augen und Wangen klebte Asche. Er hustete noch einmal, so stark, dass sein Magen bebte.
    »Warum kommst du nicht weg von dort? Der Rauch ist nicht gut für dich.«
    Er drehte sich um. Die Muse?
    Nein. Bridget. Miss Georgia, das jüngste Opfer seiner Manipulationskünste.
    »Du dämlicher Wichtigtuer«, schimpfte Bridet. »Sei froh, dass das Zeug verbrannt ist. Vielleicht kannst du ja eines Tages was Richtiges schreiben und nicht so eine gequirlte Scheiße.«
    Was Richtiges? Wie konnte sie es
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