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Das Titanic-Attentat

Das Titanic-Attentat

Titel: Das Titanic-Attentat
Autoren: Gerhard Wisnewski
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Katastrophe. Die emotionale Betroffenheit von Katastrophenopfern macht den Betrachter wehr- und sprachlos.

Der Trick mit der Zeitzeugin
    Die Story: Ein Forscher- bzw. Schatzsucherteam sucht an Bord des
Titanic
-Wracks einen sagenumwobenen blauen Diamanten. Doch statt des Edelsteins finden sie nur das Aktgemälde einer Frau mit dem Diamanten um den Hals. Im Fernsehen sieht eine alte Frau namens Rose einen Bericht über diese Forschungsarbeiten. Das Aktgemälde aus dem
Titanic
-Tresor erkennt sie als ihr eigenes Porträt wieder, das ihr damaliger Liebhaber an Bord der
Titanic
von ihr angefertigt hat. Sie ruft auf dem Forschungsschiff an und erklärt, dass sie die Frau auf dem Gemälde sei. Weil man sich von ihr Aufschluss über den Verbleib des Diamanten erhofft, den sie auf dem Bild um den Hals trägt, wird sie mit einem Hubschrauber an Bord geflogen.
    Das hohe Alter und die Gebrechlichkeit der Rollstuhlfahrerin machen sie zu einer unangreifbaren (aber natürlich fiktiven) Zeitzeugin. Das Alter, die Gebrechlichkeit und ihre Erinnerungen erzeugen beim Zuschauer Respekt. Und natürlich der Opferstatus, den sie als Überlebende des
Titanic
-Desasters mit sich herumträgt. Ihr blasser Teint und ihre dünnen, weißen Haare geben ihr etwas Vergeistigtes. Die alte Frau ist in dem Film die unantastbare Quelle, aus der sich die Geschichte, die der Regisseur erzählen will, über uns ergießt. Niemand würde es wagen, der betagten, gebrechlichen Rose zu widersprechen – nicht im Film und auch nicht vor der Leinwand. Was sie nun der Besatzung des Forschungsschiffes (und natürlich auch den Zuschauern) erzählt, sind schließlich ihre persönlichsten, intimsten und zartesten Erinnerungen, und selbst wenn sie nicht genau sein sollten: Einer so alten Dame darf man ihre Erinnerungen ja schließlich nicht nehmen. Quasi mit dem Nimbus einer Holocaust-Überlebenden ausgestattet, werden ihre Erinnerungen praktisch unangreifbar. Damit ist der Zuschauer seiner wichtigsten Waffe beraubt – seines kritischen Verstands. Ab nun erhält alles, was in dem Film erzählt wird, den Segen von Rose, der altehrwürdigen überlebenden Zeitzeugin – die, wie gesagt, erfunden ist.

»Ziemlich cool, hä!?«
    Sehr wichtig ist zunächst einmal, dass der Zuschauer die offizielle Version des Untergangs schluckt. Also spielt ein Crewmitglied des Forschungsschiffes mit dem Filmnamen Lewis Bodine Rose an einem Bildschirm eine Animation des Unterganges vor: »Sie rammt den Eisberg mit der Steuerbordseite, stimmt’s? Sie schrammt an ihm entlang und reist sich lauter Löcher in die Seite, wie Morsecode – piep, piep, piep! Das Ganze geschieht unterhalb der Wasserlinie. Die vorderen Abteilungen beginnen vollzulaufen. Jetzt, wo der Wasserstand weiter steigt, läuft das Wasser über die Schotten hinweg, die unglücklicherweise nur bis zum E-Deck reichen. Und damit beginnt der Bug zu sinken, und das Heck hebt sich. Am Anfang noch langsam und dann immer schneller und schneller, bis irgendwann der gesamte Arsch steil in die Luft ragt. Und das ist ein gewaltiger Arsch, wir reden hier von zwanzig-, dreißigtausend Tonnen. Okay: Der Rumpf kann einer so starken Belastung nicht standhalten. Also, was passiert: kkrk, sie bricht durch – runter bis zum Kiel. Das Heck fällt wieder zurück in seine alte Position. Dann, als der Bug sinkt, zieht er das Heck in die Vertikale und bricht dann schließlich weg. Das Heck treibt in dieser Position noch ein paar Minuten wie eine Art Korken, läuft dann voll und geht um etwa 2.20 Uhr unter – 2 Stunden und 40 Minuten nach der Kollision. Der Bug driftet davon und schlägt etwa eine halbe Meile entfernt mit einer Geschwindigkeit von 20 bis 30 Knoten auf den Grund. Bum. Ziemlich cool, hä?«

Der Ritterschlag einer Zeitzeugin
    Ein riesiges Stahlschiff, das beim Untergang einfach auseinanderbricht, ist die erste dicke Kröte, die der Zuschauer zu schlucken hat. Entscheidend ist daher, wie die »heilige Zeugin« Rose auf diese Darstellung reagiert. Und siehe da: Von Rose bekommt das Trickfilmchen einen Gütestempel. Sie nennt es eine »präzise forensische Analyse«. Mit diesen Worten bedankt sie sich bei Lewis Bodine. Damit ist das schon mal als hundertprozentige Wahrheit abgehakt.
    Anschließend erhebt sich Rose und bewegt sich auf einen Bildschirm zu, auf dem Videoaufnahmen des versunkenen Wracks zu sehen sind, die das Forscherteam aufgenommen hat. Die verfallenen Strukturen des Wracks werden dabei plötzlich mit den
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