Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Titanic-Attentat

Das Titanic-Attentat

Titel: Das Titanic-Attentat
Autoren: Gerhard Wisnewski
Vom Netzwerk:
der US -Küstenwache, der sich in der Dokumentation auf Spurensuche begibt.
    Dieser strahlende Supermann im gestärkten Zwirn »hat nahezu 400 Vorfälle auf See untersucht«, heißt es da. Dabei sieht man den schnieken Uniformträger behende die Treppe zu einer riesigen Bibliothek erklimmen: »Ein Kerl wie Samt und Seide«, der dem verstörten Publikum nun endlich erklären wird, warum die
Titanic
wirklich gesunken ist. In Zeitlupe schreitet Penoyer mit ernster Miene durch die Kongressbibliothek in Washington wie weiland der
Terminator
Arnold Schwarzenegger, um das entsetzliche
Titanic
-Chaos aufzuräumen.
     
    Die Männer im Ausguck der
Titanic,
greift die Dokumentation direkt in das Panoptikum der
Titanic
-Absurditäten, arbeiteten »ohne Ferngläser«: »Durch ein Missverständnis in Southampton wurden sie von einem Offizier weggeschlossen, der samt dem Schlüssel das Schiff verließ.« Dazu sieht man in einer Spielszene, wie ein Matrose ein großes Fernglas in ein Holzschränkchen stellt und es abschließt.
    Tja, da kann man freilich nichts machen: Zu gerne hätten die beiden Männer im Ausguck des damals teuersten und größten Ozeanliners aller Zeiten ihre Umgebung genauer untersucht. Wäre da nicht diese blöde Sache mit den Ferngläsern gewesen. Da hatte der von Bord gegangene Offizier also tatsächlich die Ferngläser in einem Schränkchen weggeschlossen, zu dem es auch keinen Zweitschlüssel gab. Und kein Schlosser und kein Schiffszimmermann, von denen es an Bord mehrere gab, wurde gerufen, um die lebenswichtigen Werkzeuge aus ihrem Versteck zu befreien. Und geliehen bekam der Ausguck Ferngläser auch nicht. Da war die Schiffsführung offenbar bockig.
    Diesen Irrsinn an Bord der
Titanic
nimmt die Dokumentation einfach so hin, und deswegen erscheint er einem ganz selbstverständlich. Die sich nun aufdrängende nächste Frage wird gleich geklärt: Wenn es an Bord der
Titanic
aus irgendeinem unbekannten Grund unmöglich war, dem Ausguck ein Fernglas zu geben, hätte man dann nicht wenigstens die Geschwindigkeit des Schiffes drosseln können?

Rasen ist relativ
    War Kapitän Smith also ein »skrupelloser Raser«? Hat Smith etwa einen schweren Fehler begangen? Nicht doch: Smith war genauso wenig ein Raser wie ein Porschefahrer, der mit 180 durch eine geschlossene Ortschaft fährt. Denn schließlich hätte er ja noch viel schneller fahren können – zwei Kessel seien nämlich gar nicht in Betrieb gewesen. Was »Rasen« ist, definiert sich also nicht im Verhältnis zur Umgebung, sondern an den Möglichkeiten des Vehikels – eine interessante Auffassung, die man bei der nächsten Verkehrskontrolle unbedingt ins Feld führen sollte.
    Die Besatzung der
Titanic
wird auch hier mit Ausreden entschuldigt, bei denen es normalen Menschen die Schamesröte ins Gesicht treibt. Aber zum Rotwerden bleibt noch Zeit genug. Denn es kommt noch dicker.
    Außerdem können Sie der Polizei bei Ihrer nächsten Geschwindigkeitsübertretung erklären, dass hier schließlich alle rasen! Denn die Raserei der
Titanic
in dem Eisfeld, erklärt die Dokumentation, sei damals ganz normal gewesen und habe den üblichen Gepflogenheiten entsprochen.
     
    Ja, ja, die gute alte Zeit! Da gingen die Uhren wirklich anders. Besonders schnell raste man nicht etwa bei freier Strecke, sondern gerade dann, wenn sich die Eisberge stapelten. »Damals«, so »Unfallermittler« Penoyer, »dachte man, das Schiff sei nur dann in Gefahr, wenn es sich im Eisfeld befand. Also hieß es, so schnell wie möglich hindurchzufahren.« Klar – das macht man in jeder Innenstadt genauso: Kaum stauen sich dort die Autos, sprich: Hindernisse, gibt man erst richtig Gas, um möglichst schnell wieder herauszukommen! Das wird schließlich auch jeder bestätigen, der sich schon mal so in einem Stau verhalten hat – jedenfalls, wenn er es überlebt hat.

Hilfe: Negativ-Alarm!
    Aber schon kommt die nächste Merkwürdigkeit: Eiswarnungen hatte die
Titanic
am Tag der Kollision, dem 14. April 1912, zwar bereits mehrere erhalten, aber gegen 22.55 Uhr (eine Dreiviertelstunde vor dem »Unfall«) kam eine besonders wichtige, nämlich von der nahe gelegenen
SS Californian
. Doch wie es der Teufel so wollte, passierte nun das nächste Missgeschick. Das laute Funksignal der
Californian
störte den armen Funker der
Titanic
nämlich bei der Übermittlung von Telegrammen für die Passagiere. Also befahl er dem Kollegen, aus der Frequenz zu gehen, und aus war’s mit der schönen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher