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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel
Autoren: Jeffery Deaver
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es?«, fragte Hanson, der zwar besorgt klang, aber gespannt auf die Lösung des historischen Dramas zu warten schien.
    Die Assistentin strich sich den Rock glatt. »Boss Tweed?«
    »Nein. Einer seiner Kollegen. Ein Mann, der regelmäßig im Gasthaus Potters’ Field gesehen wurde, zusammen mit einigen anderen berüchtigten Gestalten der damaligen Zeit – Jim Fisk, Jay Gould und Detective Simms.« Er sah seine drei Gegenüber nacheinander an. »Sein Name war Hiram Sanford.«
    Die Frau blickte verständnislos drein. »Der Gründer unserer Bank«, sagte sie dann.
    »Genau der.«
    »Das ist doch lächerlich«, sagte Cole, der Anwalt. »Wie sollte er zu so etwas fähig sein? Er war eine der Säulen der New Yorker Gesellschaft.«
    »So wie William Ashberry?«, fragte der Kriminalist sarkastisch. »Die Geschäftswelt war damals nicht viel anders als heute. Finanzspekulationen gehörten zur Tagesordnung – in einem von Charles’ Briefen wird ein entsprechender Artikel aus der Tribune zitiert. Die Eisenbahngesellschaften waren die Internetfirmen des neunzehnten Jahrhunderts. Ihre Aktien wurden überbewertet und brachen ein. Sanford hat dabei vermutlich sein Vermögen verloren, und Tweed war bereit, ihm aus der Klemme zu helfen. Natürlich wollte er dazu das Geld eines anderen benutzen, was typisch für ihn war. Die beiden legten Charles herein, und im Zuge einer manipulierten Auktion erwarb Sanford die Obstplantage für einen Bruchteil ihres Wertes. Er ließ Charles’ Haus abreißen und errichtete stattdessen die Villa, in der wir nun sitzen.« Er nickte in Richtung der benachbarten Häuserblocks. »Dann haben er und seine Erben das restliche Land erschlossen und Stück für Stück verkauft.«
    »Hat Charles denn nicht seine Unschuld beteuert und erzählt, was geschehen war?«, fragte Hanson.
    »Ein ehemaliger Sklave gegen die antischwarzen Tammany-Hall-Demokraten mit ihren politischen Beziehungen?«, gab Rhyme spöttisch zurück. »Welche Aussicht auf Erfolg hätte das wohl gehabt? Außerdem hatte er den Mann im Keller des Gasthauses erschossen.«
    »Demnach war er ein Mörder«, stellte Cole eilig fest.
    »Natürlich nicht«, widersprach Rhyme barsch. »Er brauchte den Winskinskie-Mann lebendig – um seine Unschuld zu beweisen. Es war ein Fall von Notwehr. Aber Charles hatte keine andere Wahl, als die Leiche zu verstecken und den Todesfall zu vertuschen. Falls man es herausgefunden hätte, wäre er hingerichtet worden.«
    Hanson schüttelte den Kopf. »Eines ergibt keinen Sinn: Warum sollte Hiram Sanfords Tat etwas mit Bill Ashberry zu tun haben? Sicher, es ist schlecht fürs Image – ein Bankgründer, der das Eigentum eines ehemaligen Sklaven stiehlt. Es hätte zehn hässliche Minuten in den Abendnachrichten bedeutet. Aber, offen gesagt, es gibt PR-Fachleute, die so etwas in den Griff bekommen. Dafür begeht man doch keinen Mord.«
    »Ah.« Rhyme nickte. »Sehr gute Frage … Wir haben ein paar Nachforschungen angestellt. Ashberry hat Ihre Immobilienabteilung geleitet, richtig?«
    »Stimmt.«
    »Und falls die Abteilung kaputtgegangen wäre, hätte er seinen Job und den Großteil seines Vermögens verloren?«
    »Ja, vermutlich schon. Aber weshalb sollte sie kaputtgehen? Es ist unsere einträglichste Abteilung.«
    Rhyme schaute zu Wesley Goades. »Das ist Ihr Fachgebiet.«
    Der Anwalt sah kurz die drei Leute auf der anderen Seite des Tisches an und senkte den Blick wieder. Er konnte eben keinen Augenkontakt halten. Und im Gegensatz zu Rhyme besaß er kein Talent für zugespitzte Erklärungen – und gelegentliche Abschweifungen. Er sagte einfach: »Wir sind hier, um Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass Miss Settle beabsichtigt, Ihre Bank auf Wiedergutmachung des erlittenen Verlustes zu verklagen.«
    Hanson blickte stirnrunzelnd zu Cole. Der Anwalt setzte eine mitfühlende Miene auf. »Auf der Basis der von Ihnen genannten Fakten ist es rechtlich kaum möglich, die Bank wegen Zufügung emotionalen Leids haftbar zu machen. Sehen Sie, Mr. Ashberry hat als Privatperson gehandelt, nicht im Auftrag der Bank. Wir sind nicht für seine Taten verantwortlich.« Sein Blick zu Goades hatte etwas Herablassendes an sich. »Das kann Ihr feiner Anwalt Ihnen sicher bestätigen, Miss Settle.«
    »Aber es tut uns sehr Leid, was Sie durchgemacht haben«, fügte Hanson schnell hinzu. Stella Turner nickte. Sie wirkte aufrichtig. »Wir werden Sie entschädigen.« Er lächelte. »Ich glaube, Sie werden feststellen, dass wir ziemlich
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