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Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
Autoren: Marisa Brand
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und Kanonen, die Heinrich Tudor seinem Volk hinterlassen hatte – von den Towerschiffen auf das Kai von Greenwich zerrten. Schwerter wurden entladen, Piken und Lanzen auf Karren geworfen. »Lasst uns durch!«, schrien die beiden Gardisten. »Wir müssen in die Gärten.«
    Mit wenigen Sätzen gelangten sie zu der Seitenpforte, die in den Friedhof der Mönche führte. Hier hielt niemand sie auf. Rasch querten sie das Gräberfeld, stießen das Tor zu den Gärten auf, passierten das Kirchenportal und liefen mit gesenkten Hellebarden und ausgreifenden Schritten die Mauer ab.
    »Das war knapp!«, keuchte Nat und ließ die Kirchentür ins Schloss fallen. »Wenn die uns erwischt hätten, wärs elend ausgegangen.«
    »In der Tat«, murmelte Samuel und zog Cass näher an sich heran.
    »Warum, zum Himmel, hast du überhaupt geschrien?«, fragte Cass, noch immer atemlos nach ihrer Hetzjagd zurück vom Palast und durch die Obstgärten. Nats panischer Schrei hatte sie umkehren lassen.
    »Weil Euch anders nicht mehr zu helfen war«, sagte Nat. »Und kommt jetzt bloß nicht auf dumme Ideen, weil das hier ne Kirche ist. Für Beichten, Taufen und Hochzeiten habt ihr in London noch reichlich Gelegenheit. Ab in die Krypta.« Nat lief durch den Mittelgang voran und zerrte am Eisenring der Falltür, die Samuel ihm vor einigen Wochen gezeigt hatte.
    »Was geschieht auf dem Kai?«, wollte Samuel wissen, während er sich hinabbeugte, um Nat zu helfen.
    »Dudleys Männer rüsten zur Schlacht. Wenn ichs richtig verstanden hab, gehts mal wieder in den Norden«, sagte Nat und zerrte mit verbissener Miene am Griff. »Ich glaub, die klemmt.« Samuel schob ihn zur Seite und riss die Bodenluke auf. »Du zuerst«, sagte er. Nat tauchte in die Krypta ab. Cass folgte ihm. »Bevor ichs vergess«, rief Nat von unten. »Der König ist tot, und ein gewisser Zimenes lässt euch grüßen.«
    Samuel schnellte nach oben.
    »Nein!«, sagte Cass und griff von unten nach seiner Hand. »Du gehst auch nicht mehr zurück.« Energisch zog sie ihn die Stufen herab.
    Enoch sah bescheiden aus. Er hatte das Gewand eines Reformpredigers gewählt. Seine groteske Erscheinung verfehlte auch in dieser Tracht nicht ihre Wirkung. Der Saal verstummte. Gebieterisch hob der Prophet beide Hände und ließ seine Augen über die versammelten Gäste schweifen, hielt bei dem einen oder anderen Gesicht inne, um lächelnd zu grüßen. Niemand grüßte zurück, einige Höflinge griffen nach Mundtüchern, um ihr Gesicht von Schweiß zu befreien oder es zu verbergen. Als Letztes verneigte sich der Prophet in Lunettas Richtung. Er suchte ihre Augen, sie wandte sich ohne Interesse ab.
    Enochs Balsamstimme füllte klangvoll den Raum: »Ihr seid gekommen, um einen Knaben zu feiern, den ihr mit dem biblischen König Josia vergleicht, der mit acht Jahren gekrönt wurde, um das Land vom Götzendienst zu reinigen und das Haus Gottes wieder aufzubauen. Ich aber bin gekommen ...«
    »Ich protestiere im Namen Seiner Allerkatholischsten Majestät des Kaisers«, unterbrach Scheyfve den Propheten und stellte sich neben ihn.
    Alle horchten auf und tuschelten. Dieser Diplomat war nicht nur albern, er war frech. Eine Schande für seine Zunft. Das Tuscheln wurde lauter.
    »Schafft den Spanier raus!«, schrie ein Höfling.
    »Dieser Mann missbraucht die Bibel für Ketzereien!«, empörte sich Scheyfve. »Das darf kein Christ dulden. Traut nicht dem Gift, dass er in Eure Ohren träufelt ...«
    »Fort mit dem Spanier!«, schrien immer mehr Höflinge.
    »Wir lassen uns nicht von Papisten blenden!«, zirpte eine Dame neben Lunetta und beschirmte ihre Augen mit einem zierlichen Gebetbuch, das mit goldenen Kettchen an ihrem Gürtel befestigt war.
    Am Tisch der spanischen Gesandtschaft erhob sich Renard. »Dieser Mann spricht weder im Namen Ihrer Majestät des Kaisers noch des Heiligen Vaters!«
    »Lasst den Propheten reden!«, verlangten andere.
    Mit kraftvoller Stimme unterbrach Enoch den Tumult. »Ich bin gekommen, um Euch zu sagen, dass dies kein Fest für Josia ist, sondern das Gastmahl Belsazars.«
    »Bei allem, was heilig ist!« , wetterte Scheyfve. »Ergreift diesen falschen Propheten! Auch wenn er ein Prediger des neuen Glaubens ist und in Eurer Sprache von Gott spricht. Niemand darf Edward mit Belsazar vergleichen. Wir alle wissen, was mit diesem verblendeten, törichten König geschah!«
    Die Gesichter der meisten Gäste verrieten deutlich, dass dies nicht der Fall war.
    »Er wurde von seinen Dienern
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