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Das Tal der Angst

Das Tal der Angst

Titel: Das Tal der Angst
Autoren: Arthur Conan Doyle
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konnte. Dünn und Menzies konnte ich nicht retten, weil ich zu wenig wußte; aber ich werde dafür sorgen, daß man ihre Mörder hängt. Ich habe Chester Wilcox rechtzeitig gewarnt, so daß er und seine Angehörigen in einem sicheren Versteck waren, als ich sein Haus in die Luft sprengte. Es gab viele Verbrechen, die ich nicht verhindern konnte; aber wenn ihr zurückblickt und überlegt, wie oft euer Opfer einen anderen Heimweg genommen oder sich in der Stadt aufgehalten hat, als ihr es holen wolltet; oder im Haus geblieben ist, als ihr damit gerechnet habt, daß es herauskommt – dann erkennt ihr mein Werk.«
    »Du verdammter Verräter!« zischte McGinty zwischen den Zähnen.
    »Nur zu, John McGinty; nennen Sie mich ruhig so, wenn es Sie erleichtert. Sie und Ihresgleichen waren Feinde Gottes und der Menschen hier. Es war ein ganzer Mann nötig, um sich zwischen Sie und die armen Teufel von Männern und Frauen zu stellen, die Sie im Würgegriff gehalten haben. Es gab nur eine Möglichkeit, das zu schaffen, und ich habe es geschafft. Sie nennen mich einen ›Verräter‹; aber ich schätze, es gibt Tausende, die werden mich einen ›Erlöser‹ nennen, der hinabgestiegen ist in die Hölle, um sie zu retten. Drei Monate habe ich dazu gebraucht. Noch mal würde ich solche drei Monate nicht durchmachen wollen, selbst wenn ich mich hinterher in Washington im Schatzamt austoben dürfte. Ich mußte bleiben, bis ich alles, jeden Mann und jedes Geheimnis, sicher in dieser Hand hier hatte. Ich hätte noch ein wenig länger gewartet, wenn mir nicht zu Ohren gekommen wäre, daß mein Geheimnis herauszukommen drohte. Ein Brief war in die Stadt gelangt, der euch alles aufgedeckt hätte. Daraufhin mußte ich handeln, schnell handeln. Mehr habe ich euch nicht zu sagen – außer einem: Wenn meine Stunde kommt, werde ich leichter sterben im Gedenken an die Arbeit, die ich in diesem Tal geleistet habe. Und nun, Marvin, will ich Sie nicht länger aufhalten. Lassen Sie Ihre Leute herein und bringen Sie’s hinter sich.«
    Viel gibt es nicht mehr zu berichten. Scanlan war ein versiegelter Brief mitgegeben worden, den er bei Miss Ettie Shafter abgeben sollte – ein Auftrag, den er augenzwinkernd und mit wissendem Lächeln entgegengenommen hatte. In den frühen Morgenstunden bestiegen eine schöne Frau und ein dick vermummter Mann einen Sonderzug, den die Eisenbahngesellschaft geschickt hatte, und verließen in rascher und ununterbrochener Fahrt das Land der Gefahr. Weder Ettie noch ihr Geliebter setzten je wieder einen Fuß in das Tal der Angst. Zehn Tage später wurden sie in Chicago getraut; der alte Jacob Shafter war Trauzeuge.
    Der Prozeß gegen die Scowrers fand in einem weit entfernten Ort statt, wo ihre Anhänger die Gesetzeshüter nicht terrorisieren konnten. Vergeblich kämpften sie; vergeblich wurde das Geld der Loge – Geld, das man der gesamten Bevölkerung abgepreßt hatte – wie Wasser ausgeschüttet in dem Versuch, sie zu retten. Die kalte, klare, leidenschaftslose Aussage jenes Mannes, der jedes Detail ihres Lebens, ihrer Organisation und ihrer Verbrechen kannte, war durch keinen Winkelzug ihrer Verteidiger zu erschüttern. Endlich, nach so vielen Jahren, wurden sie zerbrochen und zersprengt. Die Wolke hob sich für immer vom Tal. McGinty ereilte das Schicksal am Galgen; er kroch und winselte, als seine letzte Stunde kam. Acht seiner Hauptgefolgsleute teilten sein Schicksal. Fünfzig weitere erhielten unterschiedlich hohe Gefängnisstrafen. Birdy Edwards’ Werk war vollbracht.
    Und doch war das Spiel, wie er geahnt hatte, noch nicht zu Ende. Es ging in die nächste Runde, in die übernächste, und immer noch eine. Ted Baldwin zum Beispiel war dem Galgen entgangen; ebenso die Willabys; ebenso noch mehrere der Wildesten der Bande. Zehn Jahre lang waren sie aus der Welt; dann kam der Tag, da sie wieder frei waren – ein Tag, der das Ende seines friedlichen Lebens bedeuten würde; dessen war Edwards sich völlig sicher, denn er kannte die Männer. Sie hatten bei allem, was sie für heilig hielten, geschworen, ihre Kameraden mit seinem Blut zu rächen. Und sie bemühten sich nach Kräften, ihr Versprechen zu halten. Er floh aus Chicago, nachdem zwei Anschläge so knapp gescheitert waren, daß der dritte ihn mit Sicherheit erwischt hätte. Von Chicago ging er unter geändertem Namen nach Kalifornien, und dort geschah es, daß das Licht eine Zeitlang aus seinem Leben schwand, als Ettie Edwards starb. Einmal mehr wurde er
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