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Das Tal der Angst

Das Tal der Angst

Titel: Das Tal der Angst
Autoren: Arthur Conan Doyle
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sauber; wer sich jedoch mit Gesichtszügen auskannte, hätte in jenen harten Mündern und erbarmungslosen Augen wenig Hoffnung für Birdy Edwards gelesen. In dem Raum gab es nicht einen Mann, dessen Hände nicht schon dutzendemal rot von Blut gewesen waren. Was das Morden anging, waren sie Menschen gegenüber so abgestumpft wie ein Schlächter gegenüber einem Schaf Der überragende Mann, sowohl im Äußeren wie im Ausmaß der Schuld, war natürlich der furchtbare Boss. Harraway, der Sekretär, war ein magerer, verbitterter Mann mit einem langen, dürren Hals und nervös zuckenden Gliedern – ein Mann von unbestechlicher Genauigkeit, was die Finanzen des Ordens betraf und ohne jeden Sinn für Gerechtigkeit oder Ehrlichkeit gegenüber einem Außenstehenden. Der Schatzmeister, Carter, war ein Mann mittleren Alters mit einem leidenschaftslosen, ziemlich verdrießlichen Gesichtsausdruck und gelber Pergamenthaut. Er war ein fähiger Organisator, und die entscheidenden Details von nahezu jeder Greueltat entstammten seinem ränkeschmiedenden Gehirn. Die beiden Willabys waren Männer der Tat, hochgewachsene, geschmeidige junge Burschen mit entschlossenen Gesichtern, während ihr Gefährte, Tiger Cormac, ein wuchtiger, dunkelhaariger Jüngling, wegen seiner Wildheit sogar bei seinen eigenen Kameraden gefürchtet war. Dies also waren die Männer, die sich an jenem Abend unter McMurdos Dach versammelten, um den Pinkerton-Detektiv zu töten.
    Ihr Gastgeber hatte Whisky auf den Tisch gestellt, und sie hatten sich beeilt, ihm angesichts der bevorstehenden Arbeit tüchtig zuzusprechen. Baldwin und Cormac waren bereits halb betrunken, und das Getränk hatte ihre ganze Wildheit zutage treten lassen. Cormac hielt einen Augenblick lang die Hände an den Ofen – man hatte ihn angezündet, denn die Frühlingsnächte waren noch kalt.
    »Das wird reichen«, sagte er und stieß einen Fluch aus.
    »Allerdings«, sagte Baldwin, die Bedeutung dieser Worte erfassend. »Wenn er erst daran festgebunden ist, holen wir schon die Wahrheit aus ihm raus.«
    »Die werden wir bestimmt aus ihm rausholen, keine Angst«, sagte McMurdo. Er hatte Nerven aus Stahl, dieser Mann; denn obwohl die ganze Last des Unternehmens auf ihm lag, gab er sich so kühl und unbekümmert wie immer. Die anderen bemerkten es und waren voller Lob.
    »Du bist der richtige Mann für ihn«, sagte der Boss beifällig. »Der wird nicht den leisesten Schimmer haben, bis deine Hände an seiner Kehle liegen. Schade, daß deine Fenster keine Läden haben.«
    McMurdo ging von einem Fenster zum anderen und zog die Vorhänge dichter zusammen.
    »So, jetzt kann bestimmt keiner mehr reinlinsen. Die Stunde ist gleich um.«
    »Vielleicht kommt er gar nicht. Vielleicht wittert er die Gefahr«, sagte der Sekretär.
    »Keine Angst, er wird schon kommen«, antwortete McMurdo. »Der ist mindestens so begierig zu kommen, wie ihr, ihn zu sehen. Hört doch!«
    Sie saßen alle wie Wachsfiguren da; einigen stockte das Glas auf halbem Weg zu den Lippen. Dreimal hatte es laut an der Tür geklopft.
    »Still!«
    McMurdo hob warnend die Hand. Ein frohlockender Blick huschte durch die Runde, und Hände legten sich auf verborgene Waffen.
    »Kein Sterbenswörtchen!« wisperte McMurdo, als er aus dem Zimmer ging und behutsam die Tür hinter sich schloß.
    Die Mörder warteten angespannt lauschend. Sie zählten die Schritte ihres Kameraden im Flur. Dann hörten sie ihn die Haustür öffnen. Ein paar Worte erklangen, so als begrüßte man sich. Dann vernahmen sie fremde Schritte und eine unbekannte Stimme. Einen Augenblick später schlug die Tür zu und der Schlüssel drehte sich im Schloß. Ihr Opfer saß sicher in der Falle. Tiger Cormac lachte gräßlich, und Boss McGinty schlug ihm seine große Hand auf den Mund.
    »Sei still, du Narr!« flüsterte er. »Du stürzt uns noch ins Verderben!«
    Aus dem Nebenzimmer drang das Gemurmel einer Unterhaltung. Sie schien endlos. Dann öffnete sich die Tür, und McMurdo erschien, den Finger auf den Lippen.
    Er trat an das Tischende und sah sie reihum an. Eine feine Veränderung war mit ihm vorgegangen. Sein Gebaren war das eines Mannes, dem eine große Arbeit bevorsteht. Seine Miene hatte die Festigkeit von Granit angenommen. In wilder Erregung leuchteten seine Augen hinter der Brille. Er war sichtlich zu einem Führer geworden. Sie starrten ihn mit ungeduldigem Interesse an, aber er sagte nichts. Er sah von Mann zu Mann, immer noch mit demselben eigenartig starren
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