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Das Tal der Angst

Das Tal der Angst

Titel: Das Tal der Angst
Autoren: Arthur Conan Doyle
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gelegentlichen Zehn-Pfund-Note, die ihn auf Umwegen erreichte, hat er mir ein-oder zweimal Vorabinformationen zukommen lassen, die von Wert waren – und zwar von jenem höchsten Wert, der es möglich macht, einem Verbrechen zuvorzukommen und es zu verhindern, statt es zu rächen. Gewiß würden wir feststellen, daß diese Nachricht von der erwähnten Art ist, hätten wir nur den Schlüssel dazu.«
    Erneut strich Holmes das Stück Papier auf dem unbenutzten Teller glatt. Ich erhob mich, beugte mich über ihn und starrte auf die merkwürdige Mitteilung, die folgendermaßen lautete:
     

    »Werden Sie daraus schlau, Holmes?«
    »Es ist offensichtlich der Versuch, eine Geheiminformation zu übermitteln.«
    »Aber welchen Nutzen hat eine verschlüsselte Nachricht ohne den Schlüssel?«
    »In diesem Fall überhaupt keinen.«
    »Wieso betonen Sie ›in diesem Fall‹?«
    »Weil es viele Geheimschriften gibt, die ich mit der gleichen Leichtigkeit lese, mit der ich die Apokryphen der Seufzerspalte zu entziffern pflege. Solche durchsichtigen Spielereien ergötzen die Intelligenz, ohne sie zu erschöpfen. Aber das hier ist etwas anderes. Es handelt sich ganz klar um einen Hinweis auf die Wörter einer Seite in irgendeinem Buch. Solange ich allerdings nicht weiß, welche Seite und welches Buch, bin ich machtlos.«
    »Aber weshalb ›Douglas‹ und ›Birlstone‹?«
    »Weil dies offensichtlich Wörter sind, die nicht auf der fraglichen Seite stehen.«
    »Warum hat er denn das Buch nicht angegeben?«
    »Der Ihnen eigene Scharfsinn, mein lieber Watson, jene angeborene Schlauheit, die Ihre Freunde so sehr entzückt, würde Sie doch gewiß davon abhalten, Schlüssel und Nachricht in denselben Umschlag zu stecken. Gerät er in die falschen Hände, ist es um Sie geschehen. So aber muß schon beides sein Ziel verfehlen, um Schaden anrichten zu können. Unsere zweite Post ist bereits überfällig, und ich wäre sehr überrascht, wenn sie uns nicht entweder einen weiteren Brief mit einer Erklärung oder, was wahrscheinlicher ist, eben jenes Buch brächte, auf das sich diese Ziffern beziehen.«
    Nur ein paar Minuten später erwies sich Holmes’ Berechnung als richtig, denn Billy, der Hausbursche, erschien tatsächlich mit dem Brief, den wir erwartet hatten.
    »Dieselbe Handschrift«, bemerkte Holmes, als er den Umschlag öffnete, »und sogar unterschrieben«, fügte er frohlockend hinzu, nachdem er den Brief entfaltet hatte. »Na also, wir kommen vorwärts, Watson.«
    Seine Stirn umwölkte sich jedoch, als er den Inhalt überflog.
    »Meine Güte, das ist aber sehr enttäuschend! Ich fürchte, Watson, all unsere Hoffnungen werden zunichte gemacht. Ich hoffe nur, daß unserem Porlock nichts zustößt.
    ›Lieber Mr. Holmes‹, schreibt er, ›ich werde diese Angelegenheit nicht weiter verfolgen. Es ist zu gefährlich. Er verdächtigt mich. Ich kann sehen, daß er mich verdächtigt. Er ist ganz unerwartet bei mir aufgetaucht, nachdem ich eben diesen Umschlag adressiert hatte, um Ihnen den Kodeschlüssel zu schicken. Ich konnte ihn gerade noch wegstecken. Wenn er ihn bemerkt hätte, wäre es mir schlecht ergangen. Aber ich habe Argwohn in seinen Augen gelesen. Bitte verbrennen Sie die verschlüsselte Nachricht, die Ihnen jetzt nicht mehr von Nutzen sein kann. – FRED PORLOCK.‹«
    Eine kurze Zeit lang saß Holmes da, den Brief zwischen den Fingern biegend, und starrte mit gerunzelter Stirn ins Kaminfeuer.
    »Trotzdem«, sagte er schließlich. »Vielleicht hat das gar nichts zu bedeuten. Vielleicht meldet sich nur sein schlechtes Gewissen. Da er selber weiß, daß er ein Verräter ist, hat er vielleicht deshalb die Anschuldigung in den Augen des anderen gelesen.«
    »Der andere ist vermutlich Professor Moriarty?«
    »Kein Geringerer. Wenn einer aus dieser feinen Gesellschaft von einem ›Er‹ spricht, weiß man sofort, wer damit gemeint ist. Für sie alle gibt es nur einen allesbeherrschenden ›Er‹.«
    »Aber was kann er denn tun?«
    »Hm! Das ist eine weitreichende Frage. Wenn man einen der ersten Köpfe Europas zum Gegner hat, hinter dem die versammelten Mächte der Finsternis stehen, gibt es unendlich viele Möglichkeiten. Immerhin ist Freund Porlock offensichtlich von Sinnen vor Angst. Vergleichen Sie doch gütigerweise einmal die Handschrift der Nachricht mit der auf dem Umschlag, der laut Porlock vor diesem unheilschwangeren Besuch beschriftet worden ist. Da ist die Schrift klar und fest; im Brief dagegen ist sie kaum
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