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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat
Autoren: Fran Ray
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Nebenzimmer und auf der Außentreppe hörte sie Schritte und Stimmen anderer Gäste.
    Sie duschte, zog sich um, führte Gibbs auf die Straße und wieder zurück ins Zimmer. Um halb sieben klopfte es an ihre Zimmertür. Viel zu früh.
    »Karen!«
    Das war auf keinen Fall Vonnegut. Sie kannte die Stimme. Aber das war doch nicht möglich, oder? Gibbs bellte und wedelte mit dem Schwanz. Sie machte die Tür auf.
    Er stand vor ihr, seine rötlichen Haare dunkler und lockiger als in Brüssel. Sie starrte ihn an, und dann wurde sie wütend. »Was ... was willst du hier?«
    »Karen ...«, fing Nyström an.
    Warum hast du dich nicht gemeldet? Wo warst du? Warum ...?
    »Ich musste untertauchen.« Er trug ein verwaschenes T-Shirt, alte Jeans und Leinenschuhe. Kein blütenweißes Hemd, keine teuren Schuhe.
    »Aber eine Nachricht ...«
    »Ich wollte nicht, dass irgendwas mich verrät«, unter brach er sie wieder, »bestimmt zapfen sie auch dieses Handy an.«
    Sie ließ ihn herein und machte die Tür zu.
    Sie fand keine Worte. Sie stand einfach nur da, unfähig, sich zu bewegen, ein Teil in ihr wollte ihn umarmen – aber, Herrgott noch mal!, warum war er so lange verschwunden, ohne ihr eine Nachricht zu hinterlassen?
    »Teecee«, sagte er schließlich, und es hörte sich an wie eine Entschuldigung, »hat sich ans Syndikat verkauft. Er hat ihnen verraten, dass du nach Frankfurt wolltest. Lee und ich sind ihm auf die Schliche gekommen. Für Geld tut er alles. Zuerst hat er sich an die Chinesen verkauft.« Er schüttelte fassungslos den Kopf.
    Sie fragte nicht weiter. »Roth ist tot.«
    »Ja.«
    Er wusste es also.
    »Hast du ihn ...?« Ermordet brachte sie nicht über die Lippen.
    »Nein ...«
    Die durchschossene Windschutzscheibe, Roths bleiches Gesicht mit dem dunklen Loch in der Stirn. Sie wartete darauf, dass sie Nyström anders sah, gewalttätig, als Mörder – und als Mörder seiner Frau. Aber nichts geschah.
    »Der Geheimdienst hat behauptet, dass du mit denen zusammenarbeitest«, sagte sie rasch und stieg aus dem Gefühlskarussell aus, das gerade anfing sich zu drehen.
    »Der SE!«, sagte er belustigt. »Lee und ich konnten gerade noch fliehen, bevor sie angerückt sind.«
    Sie schluckte etwas hinunter, das in ihr hochstieg, das Gefühl, vor dem sie sich fürchtete, und so fragte sie spöttisch: »Und, hast du irgendwelche Überwachungskameras angezapft, um mich zu finden?«
    Sein Lächeln sah müde aus, er wirkte erschöpft, als hätte er viel zu lange nicht richtig geschlafen. Statt zu antworten, schob er die Lamellen der Jalousie auseinander und sah hinaus.
    »Wirst du verfolgt?«
    Er ließ die Lamellen wieder los. »Nur eine Angewohnheit ...«
    »Du hast mir nicht geantwortet. Wie hast du mich gefunden?« Ihr Misstrauen meldete sich, zu viel war in letzter Zeit passiert.
    Er holte Luft. »Deine Mutter ...«
    Nicht schon wieder! »Nein, du kannst sie nicht kennen! Unmöglich!«
    »Ich kenne sie auch nicht. Aber David kannte sie.«
    Eine ewig lange Zeit verstrich, so kam es ihr vor, bis sie begriff. »Du wusstest, dass meine Mutter lebt, dass ...«
    »Nein! Karen! Nein! David hat etwas erzählt ...«
    »Warum hast du es mir dann nicht gesagt?«
    »Weil ich gar nichts wusste von deiner Mutter! Weil er keine Namen genannt hat! Weil ich, als ich dich gesucht habe, alle möglichen Kontakte durchforstet habe, die irgendwie mit dir in Verbindung stehen! Dabei bin ich auf Helen Durban in Frankfurt gestoßen.«
    »Und sie hat dir die Adresse gegeben?« Wie argwöhnisch sie sich anhörte.
    »Ja ... und Winston Vonnegut ist ...«
    Sie nickte, und er brach ab. »Es tut mir leid ...«, sagte er nur noch. Schulterzuckend wandte sie sich ab.
    »Karen, ich hab begriffen ...«
    »Nein!« Karen ... ich hab begriffen, du bist der einzige Mensch ... Ich hab nachgedacht, Karen. Da passiert so was wie in Afghanistan oder auf dieser Skipiste ... oder wer weiß wo. Wie viele Jahre bleiben uns wohl noch? Die Hälfte unseres Lebens ist vielleicht schon vorbei. Wir werden alt und einsam und ...
    Sie schloss einen Augenblick lang die Augen und versank in der Erinnerung. Dann sagte sie: »Was willst du eigentlich von mir?«
    Er wich ihrem Blick aus und sah zur Pistole, die noch immer auf dem Bett lag. »Tu jetzt nichts Unüberlegtes«, sagte er und fasste sie am Arm. »Überlass das mir und ...«
    »Nein, das ist allein meine Sache!« Sie fühlte die Wucht ihrer Worte, riss sich los und steckte die Sig Sauer in die Umhängetasche. »Ich muss gleich
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