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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat
Autoren: Fran Ray
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die einer Kette zufälliger Ereignisse ausgeliefert waren.
    »Ich hätte sterben sollen, David. Ich muss irgendwas gesehen haben.«
    David betrachtete sie aufmerksam, und auf einmal klangen ihre eigenen Worte absurd. So erging es ihr öfter in der letzten Zeit. Solange sie die Gedanken in ihrem Kopf behielt, waren sie logisch und nachvollziehbar. Doch sobald sie mit Michael darüber sprach, verwandelten sie sich in verschrobene Ideen einer kranken Psyche.
    David erwiderte noch immer nichts, und Karen nahm wieder das gedämpfte Gemurmel der Gäste an den Nebentischen wahr, das Klirren von Gläsern, ein Lachen, das Scheppern von Tellern, die die Bedienung gerade am Nebentisch abräumte. Es war alles so ... unglaublich normal – wenn bloß ihre Gedanken nicht wären.
    Eine Bewegung lenkte ihren Blick zum Fenster. Es schneite immer noch, Schneematsch spritzte hoch, wenn Autos vorbeifuhren. Obwohl es schon weit nach elf war, gingen noch immer Menschen vorüber, gerade schlenderte ein Pärchen vorbei, beide sahen kurz herein und blickten sich dann an, zwei blasse Gesichter, verfroren – aber war das nicht Glück in ihren Augen, dachte Karen, Liebe?
    Davids Stimme holte sie zurück. »Haben die uns beobachtet?«
    »Wieso?« Reflexartig drehte sie sich wieder zum Fenster, doch die beiden waren verschwunden. Warum sollten sie uns beobachtet haben, wollte sie fragen, doch er räusperte sich.
    »Hör zu, Karen. Ich muss dir etwas sagen ...« Sein Gesicht veränderte sich, er wirkte auf einmal besorgt.

7
    »Ich hatte einen Termin in Val d’Isère«, sagte David langsam.
    »Du warst beim Skifahren?«
    Er sah zum Fenster und sagte knapp: »Es hat sich so ergeben.«
    Sie wartete.
    »Ich hatte mich mit einem Informanten verabredet, an einem der Skilifte«, fing er an, »wir fuhren zusammen den Berg hinauf, oben trennten wir uns wieder. Als ich runtergefahren bin ins Tal, hab ich meinen Informanten noch mal gesehen. Er lehnte an einem Baum. Tot, in der Hand eine Pistole ohne Schalldämpfer. Zwei tödliche Schüsse in den Kopf. Ich hab ihn fotografiert. Es heißt, er hätte sich selbst erschossen.
    »Zwei Schüsse in den Kopf? Wie soll das gehen?«
    Mit gesenkter Stimme fuhr er fort: »Die Information, die er mir gegeben hat, war noch nicht einmal konkret. Oberst Grévy. Er sollte vor Gericht aussagen, wegen einer Sache in Afghanistan.«
    »Grévy?« Nein, den kannte sie nicht.
    »Er hatte angekündigt, dass er etwas Ungeheuerliches enthüllen würde. Er hat wohl geglaubt, wenn er das in den Medien ankündigt, ist sein Leben versichert. Weil niemand wagen würde, ihn anzugreifen, im Licht der Öffentlichkeit.«
    »Wieso hat dieser Grévy sich an dich gewandt? Kanntest du ihn?«
    »Nein, nicht persönlich, Karen ...«, er beugte sich noch weiter über den Tisch und sah sie eindringlich an. »Karen, lass uns wieder zusammenarbeiten. Ich hab noch keine Ahnung, wohin das alles führt, aber wenn es jemanden gibt, der den Mut dazu hat, dann du. Und zusammen sind wir unschlagbar ... oder nicht?« Er lächelte.
    »David, ich ...« Karen verspürte plötzlich ein Frösteln. Sie wusste nicht, was sie erwidern sollte.
    »Karen, ich hab dich was sehr Wichtiges gefragt.«
    »Ich weiß nicht. Ich hab das Gefühl, dass ich nichts mehr zustande bringe. Ich ...« Ihre Hände begannen zu zittern, und sie wunderte sich, dass ihre Stimme so ruhig klang. »Panikattacken, sie überfallen mich ... und ich ... ich kann nichts dagegen tun ...« Sie versuchte, mit der einen Hand die andere festzuhalten. »Ich muss immer an meine Mutter denken. Sie hätte eine Story daraus gemacht, hätte einen neuen Bestseller geschrieben ...«, sie konnte ihre Verbitterung nicht verbergen, »während ich mir Tabletten reinpfeife ...«
    »So darfst du nicht denken.«
    Wie oft hatte sie das schon versucht.
    »Es tut mir leid, Karen. Ich verstehe. Es ist zu früh ... Ich hätte es wissen müssen. Und eigentlich wollte ich dir etwas anderes sagen ... Karen, ich ...« Sein Blick wurde weich, und er legte seine Hand auf ihre. »Als du in Afghanistan warst ... als sie dich gefasst hatten ... da ... da hab ich nur eins gedacht ...«, er schluckte, und Karen spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog, »... da hab ich nur eins gedacht«, redete er weiter, »... warum hab ich dir nie gesagt, dass ich dich ... ach, Karen, ich hab begriffen, du bist der einzige Mensch, den ich ...«
    »Nein!«, sagte sie schnell, bevor er etwas aussprechen würde, das alles zwischen ihnen verändern,
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