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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Beate Maly
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gemacht, bei dem wir beide bekommen, was wir wollen. Ihr wisst, dass das, was Ihr mir abnehmt, sehr wertvoll ist, und dass es eine Menge Menschen gibt, die mir dafür sehr viel Geld bezahlen würden. Aber alle Schätze dieser Welt haben keine Bedeutung für mich, wenn Jana nicht bei mir ist. Und deshalb werdet Ihr morgen um zehn auf dem Campo de Santa Clara sein.«
    Erste Blutstropfen rannen über Conrads Hals und besudelten sein weißes Hemd. Trotzdem griff er nun in seine Ledertasche und holte ein unscheinbares, in Leder gebundenes Buch hervor. Er hielt es dem Mann in der Kutte entgegen. Der ließ sein Schwert sinken, richtete es aber immer noch drohend gegen Conrads Brust. Mit seiner fingerlosen Hand langte er nach dem Buch. Es war Conrad ein Rätsel, wie er es entgegennehmen und halten konnte.
    Nun senkte sich das Schwert noch weiter, und der Mann schlug das Buch mit einem Finger der Schwerthand auf. Ein erleichtertes Schnaufen war zu hören.
    »Morgen zur zehnten Stunde«, wiederholte Conrad, doch der Mann las bereits gierig in den aufgeschlagenen Seiten des Buchs. Offenbar schien er jeden Buchstaben auf seine Echtheit zu untersuchen.
    Conrad nutzte die Gelegenheit und trat einen Schritt zurück, dann drehte er sich auf dem Absatz um und rannte davon. Er kam sich wie ein Feigling vor, aber was hätte er tun sollen? Er war davon überzeugt, dass Jana nicht in dem Schuppen saß. Das Mondlicht war durch die Ritzen der Bretter gefallen und hatte ihm verraten, dass der Verschlag leer war.
    Am nächsten Tag begleitete Ferdinand den Freund nur widerwillig auf den Marktplatz. Der Wissenschaftler konnte es nicht unterlassen, Conrad ständig darauf hinzuweisen, dass er dabei sei, eines der wertvollsten Bücher der Weltgeschichte aus den Händen zu geben.
    »Die Könige und Fürsten Europas, die Gelehrten und sogar das Oberhaupt der katholischen Kirche würden Unsummen für dieses Buch geben, und du legst es auf den Tisch eines Gewürzhändlers.«
    »Ferdinand, hör auf mit dem Gejammer. Ich kann es nicht mehr hören. Hast du eine bessere Idee, wie ich Jana retten kann?«
    Ferdinand schwieg, offensichtlich wusste er keine Antwort.
    Conrad fuhr fort: »Alles, was ich von dir will, ist, dass du zur Kirche gehst und auf Jana wartest. Sobald ich euch beide miteinander sehe, lege ich das Buch und das Medaillon auf den Tisch und verschwinde, so schnell ich kann.«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, ob du noch ganz bei dir bist. Anscheinend hat die Liebe deinen Geist vernebelt und deine Urteilsfähigkeit beeinträchtigt.«
    »Nicht schon wieder!«, seufzte Conrad. Seit den frühen Morgenstunden sprachen sie über nichts anderes. Während Ferdinand eine spektakuläre Befreiung Janas bevorzugt hätte, bei der sowohl der Entführer als auch die eventuellen Hintermänner ums Leben kommen sollten, wollte Conrad kein Risiko eingehen. Janas Leben war einfach zu kostbar und mit keinem Goldschatz der Welt zu bezahlen.
    Inzwischen drängten die beiden sich durch die immer dichter werdende Menschenmenge. Conrad hatte richtig vermutet, Lissabon am Vormittag war wie ein Bienenstock im Hochsommer. Der Marktplatz war so voll, dass die Menschen sich Schulter an Schulter vorwärtsschoben. Es war ein Leichtes, hier unterzutauchen und durch das Gewühl zu entfliehen, und genau das hatte Conrad vor.
    Ziel der Flucht würde Ferdinands kleines Haus neben der Universität sein, wo seine Haushälterin Carmen auf sie alle warten würde. Die arme Frau hatte nicht ganz verstanden, worum es eigentlich ging, aber sie wusste, dass sie Erfrischungen und auch Verbandsmaterial und gesattelte Mietpferde bereithalten sollte.
    »Hier ist der Gewürzstand«, sagte Conrad und deutete auf einen Tisch, beladen mit duftenden Säcken, die alle bis zum Rand mit kostbaren Gewürzen gefüllt waren. »Von hier aus habe ich freien Blick auf die Kirche.«
    »Es ist die kostbarste Landkarte aller Zeiten! Und du …«
    »Ich pfeife auf die Karte, bitte geh zur Kirche!« Conrad versetzte dem Freund einen Schubs, der eine Spur zu ungeduldig und heftig war. Ferdinand stolperte und fluchte. Dann drängte er sich durch die Menge.
    Conrad selbst blieb zurück, trat nervös von einem Fuß auf den anderen und hatte keinen Blick für all die wundervollen Dinge, die um ihn herum angeboten wurden. Er hörte nicht einmal die Marktfrau, die direkt neben ihm lauthals frische Datteln und Feigen ausrief.
    Früher als erwartet sah er den Freund auf der Treppe von der Kirche Santa Clara wieder aus
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