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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Beate Maly
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presste beide Fäuste gegen seinen Magen, um zu verhindern, dass sein Frühstück sich den Weg ins Freie suchte. Seine Schläfen pochten, sein Puls raste, und es dauerte ein paar Augenblicke, bis er wieder richtig Luft bekam. Nervös spähte er die lange, schmale Gasse entlang, durch die er eben gelaufen war. Aber offensichtlich hatte er seine Verfolger erfolgreich abgehängt.
    Conrad sank ein wenig zusammen und lachte laut und erleichtert auf. Es hatte geklappt, sie hatten Jana gerettet! Immer ausgelassener wurde sein Lachen, er konnte gar nicht mehr aufhören. Da öffnete sich die rot gestrichene Haustür des gegenüberliegenden Hauses, und Ferdinand steckte seinen schmalen grauhaarigen Kopf hindurch.
    »Willst du deine Heiterkeit nicht mit uns teilen?«, fragte dieser. »Carmen hat köstliche Feigen im Speckmantel für uns gebraten. Ein netter Freund hat ihr dabei geholfen, die Früchte zu ernten. Komm rein, bevor jemand auf dein befremdliches Kichern aufmerksam wird.«
    Conrad war völlig sprachlos. Er hatte sich nicht verlaufen, sondern Ferdinands Haus instinktiv gefunden, und das ohne Landkarte. Vielleicht hätte er das schon während ihrer Reise versuchen sollen, das hätte ihm und Jana möglicherweise viele unnötige Meilen erspart. Er grinste und betrat erleichtert den schattigen Garten. Wie bei seinem ersten Besuch hatte er auch jetzt den Eindruck, dass dieser Garten eine kleine Oase der Ruhe war. Ferdinand hatte sich ein friedliches Paradies inmitten des hektischen Treibens der großen Stadt geschaffen. Hier konnte man der Hektik des Geschäftslebens entfliehen, ungestört über wissenschaftliche und philosophische Probleme nachdenken und sich im Schatten wohlriechender Pflanzen erholen.
    Unter dem abgeernteten Feigenbaum saß Jana. Als sie Conrad erblickte, sprang sie auf und stürzte in seine Arme. Erleichtert spürte Conrad die Wärme ihres Körpers.
    Diesen Moment hätte kein Goldschatz der Welt aufwiegen können. Conrad hatte sein El Dorado längst gefunden.
    Über den Türmen des Castelo de Sao Jorge ging dunkelrot die Sonne unter, doch Ferdinand und Conrad besprachen immer noch das Geschehen des Vormittags. Sie spielten Janas Rettung bis ins kleinste Detail immer und immer wieder durch.
    »Als du dich mit den beiden Frauen unterhalten hast, hätte ich am liebsten einen Stein nach dir geworfen, um dich daran zu erinnern, dass du nach Jana Ausschau halten sollst. Auf den Gedanken, dass du die beiden als Schutzschild nutzen wolltest, wäre ich nie gekommen.«
    Jana hatte die Augen geschlossen und hielt ihr Gesicht zufrieden in die letzten Sonnenstrahlen des Tages. Sie hörte den beiden Männern längst nicht mehr zu. Sie war erschöpft und endlich satt nach dem köstlichen Essen, das Carmen auf den Tisch gezaubert hatte. Besonders die Nachspeise, ein herrlicher Feigenkuchen, hätte auch Bedrichs Gaumen erfreut. Nun war Jana auf wundervolle Weise schläfrig.
    Conrad saß neben ihr und hielt ihre Hand, und das war das Wichtigste. Zwar hatten sie die Bücher und die Landkarte verloren, aber das störte Jana gerade nicht. Ihr Kopf war leer, sie mochte nicht darüber nachdenken, was morgen sein würde. Heute zählte nur der Augenblick, und der war gut.
    »Was hat der schreckliche Mönch mir eigentlich in dem kleinen Säckchen geschickt? Ich konnte es nicht ertragen, hineinzusehen.« Conrads Frage weckte Jana aus ihrem herrlichen Halbschlaf.
    Nur widerwillig richtete sie sich auf. »Er wollte mir einen Finger abschneiden, um sich für den Verlust seiner eigenen Finger zu rächen. Er hat mir erzählt, dass Tomek sie ihm abgehackt hat. Aber als er sah, dass mein Haar blutig von der Kopfverletzung war, begnügte er sich damit.«
    »Tomek?« Conrad begriff nicht.
    Nun musste Jana endlich ihren Teil der Geschichte erzählen und genau schildern, was sie in der Zeit ihrer Gefangenschaft von dem entstellten Mönch erfahren hatte. Mit trauriger Stimme berichtete sie, dass sowohl ihr Vater wie auch Tomek und Jendrik durch die vergifteten Pfeile des Geheimen Bruders gestorben waren.
    Auch dass Tomek und Jendrik ihr Leben lassen mussten, machte Jana traurig, obwohl die beiden sie mit solchem Hass verfolgt hatten. Denn keiner der beiden war ein wirklich schlechter Mensch gewesen, sie hatten diesen grausamen Tod ganz sicher nicht verdient. Jana nahm sich vor, am Abend für beide zu beten und in der Catedral Se Patriarcal eine Kerze für sie anzünden. Es war ihr egal, dass es sich dabei um eine katholische Kirche
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