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Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)

Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)

Titel: Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
Autoren: Peter Tremayne
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Trinkgefäße stets aufs Neue gefüllt wurden. Auch Schalen mit Gänseeiern und Würsten wurden gebracht, sowie Schüsseln mit verschiedenen mit wildem Knoblauch gewürzten Kohlarten oder mit in Buttergedünstetem Lauch und Zwiebeln. Und das war nur der erste Gang.
    »Ich bin gespannt, wem heute der Heldenanteil zugesprochen wird«, flüsterte Eadulf Fidelma zu. Er hatte schon öfter erlebt, dass bei einem großen Festessen der Ehrengast oder jemand, der etwas Außergewöhnliches vollbracht hatte, mit dem curath-mir ausgezeichnet wurde, dem besten Stück aus dem Hauptbraten auf der Tafel.
    »Ich denke, Beccan wird uns das bald verkünden, nur muss er erst verwinden, dass mein Bruder ihn daran gehindert hat, mehr Etikette walten zu lassen«, meinte sie vergnügt.
    Vor dem Portal zur Festhalle entstand Unruhe. Gormán kam herein und blieb unschlüssig stehen. Fragend blickte Beccan zu Colgú, doch der unterhielt sich mit Áedo, dem Obersten Brehon, und so konnte der Hofmeister nichts anderes tun, als durch den Saal zu dem jungen Krieger zu eilen. Fidelma beobachtete, wie beide sich rasch verständigten. Gleich darauf war Beccan wieder an Colgús Seite und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Einen Moment schien man sich uneins, dann zuckte Beccan mit den Schultern, richtete sich auf und gab Gormán einen Wink. Der Krieger wandte sich um und ging hinaus.
    »Was geht da vor?«, fragte Fidelma Eadulf leise, der aber verfolgte gespannt, wie die Hirschkeule angeschnitten wurde, und hatte den Vorfall nicht bemerkt.
    Wieder öffnete sich die Tür, und Gormán ließ einen unscheinbaren, mit einer Kutte bekleideten Mann in die Festhalle. Der Mönch zögerte einen Augenblick, sah in die Runde und schien verunsichert. Das Gespräch der Gäste erstarb, alle schauten auf den unbekannten Gast.
    »Tritt näher, Bruder Lennán, setz dich zu uns«, rief Colgú. »Ich höre, du kommst aus Mungairit mit einer wichtigen Botschaftfür mich. Da hast du eine lange Reise hinter dir, bitte, nimm teil an unserem Fest. Lab dich an Speis und Trank und berichte mir, welcher Auftrag dich herführt.«
    Der bleichgesichtige Neuankömmling musterte die Tischgesellschaft aus dunklen, tiefliegenden Augen.
    Brehon Áedo erhob sich von seinem Sitz neben dem König. Freundlich winkte er den Klosterbruder heran und wies auf seinen Platz, deutete er doch dessen Zögern als ehrfurchtsvolle Scheu angesichts all der Adligen von den Sippen der Eóghanacht.
    »Komm, setz dich neben mich«, forderte ihn Colgú auf. »Abt Nannid von Mungairit ist mir wohlbekannt. Wie geht es dem Onkel von Fürst Donennach? Erfreut er sich immer noch bester Gesundheit? Komm näher, Bruder, lass uns gemeinsam tafeln, dabei kannst du mir berichten, welche Botschaft Abt Nannid mir schickt.«
    Der Mönch blickte noch einmal umher, sammelte sich schließlich und ging auf Brehon Áedo zu. Dabei fasste er mit der rechten Hand in die Kutte, wie um sie glattzuziehen. Anstatt sich auf den Platz zu setzen, den Brehon Áedo ihm anbot, blieb er neben Colgú stehen, und das Unvorstellbare geschah. Er wandte sich zum König, hatte plötzlich, wie aus dem Nichts gezaubert, einen Dolch in der Hand, holte aus und stieß zu. »Rache für Liamuin!«, schrie er dabei aus heiserer Kehle. Der Dolch traf Colgú mitten in die Brust.
    Fassungslos blickte der König auf das Blut, das seine Tunika färbte. Alle im Saal erstarrten. Schon senkte sich der Dolch zum zweiten Mal, doch Brehon Áedo warf sich mit einem Aufschrei vor den König, der nach vorn sank. Der Stich traf den Brehon, drang ihm tief in den Hals.
    Verbissen mühte sich der Angreifer, den Dolch aus Áedos schlaff gewordenem Körper zu reißen, wollte wohl nochmalsausholen und kreischte unablässig: »Rache für Liamuin!« Nur kurz schaute er hoch und sah Caol, den Hauptmann der Leibwache, der sein Schwert gezogen hatte. Für den Bruchteil einer Sekunde zögerte er, zerrte wie wild an dem Dolch. Fast hatte er ihn frei bekommen, da stieß Caol zu. Zielsicher drang das Schwert ins Herz des frommen Meuchelmörders. Der war tot, noch ehe er zu Boden stürzte.
    Entsetzensschreie und ohrenbetäubender Lärm füllten den Saal, als alles aufsprang. Nur Beccan stand leichenblass wie angewurzelt.
    Eadulf war als Erster bei Brehon Áedo, aber ein Blick zeigte ihm, dem Obersten Brehon war nicht mehr zu helfen. Er schob den Leichnam von dem zusammengesackten Colgú. Rasch tastete er den König ab. Der war bewusstlos, aus der Wunde in der Brust quoll immer noch Blut.
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