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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman
Autoren: Andrea Schacht
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geräumigen Gelass mit dem riesigen Kamin sah man überall Spuren der Geschäftigkeit, doch nur ein Weib werkelte an einem mehlbestäubten Tisch. Sie sah mich an, und ihre Augen wurden groß.
    »Herr …«
    »Meister. Und Hardo Lautenschläger ist mein Name, Weib«, unterbrach ich ihr Gestammel. Doch nicht unfreundlich, denn Küchen waren schon immer mehr heiliger Ort für mich gewesen als jede Kapelle. Ja, sie waren der Inbegriff des weiblichen Mysteriums; ich liebte sie, und ihren Herrscherinnen brachte ich tiefe Achtung entgegen.
    Hier wurde aus milder Sahne schaumige Creme, gesüßt mit Mandeln und Honig, hier schmolz goldene Butter in weißem Mehl und verband sich mit dottergelben Eiern zu zarten Soßen. Hier weihten frisch gepflückte Kräuter ihr Aroma feinstem Öl, und trockene Gewürze entfalteten ihren Wohlgeruch, wen sie in Mörsern zu Staub zerrieben wurden.
    Hier schnitten lange, scharfe Messer und Beile durch die Knochen auf dem blutbefleckten Hackklotz, spitze Gabeln bohrten sich in rohes Fleisch, blutiges Gedärm ringelte sich in Tontöpfen, schmieriges Fett verklebte Federn und Hautreste - Spuren von Tod und Schlachten.
    Doch auf dem Spieß drehten sich wohlgenährte Hühner, deren knuspriger Hülle würzige Düfte entströmten, hier simmerte im Kessel das Suppenfleisch, hingen im Rauch die schweren Schinken und die herzhaften Würste. Das Mus von reifen, saftigen Früchten weichte süßes, duftiges Gebäck, Nüsse in Honig gaben ihm Biss, und in kühlen Krügen lagerte schwerer Wein, dem Zimt und Paradieskörner geschmackliche Fülle verliehen.
    »Ihr habt eine lange Reise hinter Euch, Meister Hardo Lautenschläger«, sagte die Köchin mit einem zaghaften Lächeln. »Stärkt Euch, denn wenn Ihr die Laute schlagen müsst, wird es lange dauern, bis Ihr Euer Abendessen bekommt.«

    »Darum wollte ich Euch bitten. Richtet mir einen Happen, Köchin.«
    »Euch und dem Jungen. Ich heiße Ida, Meister, und bin das Weib des Burgvogts Sigmund. Und nicht die Köchin. Doch wenn viele Gäste zu beköstigen sind, beaufsichtige ich auch die Küche.«
    Ich nickte. Es war richtig, dass sie das klarstellte. Sie wies mir einen Platz an dem Tisch an, den sie mit geschwinden Bewegungen gesäubert hatte, und wandte sich dem dunklen Brotlaib zu, um ihn wie ein Kind an die Brust zu nehmen und mit einem gezahnten Messer Scheiben davon abzuschneiden. Mich lenkte jedoch eine Berührung unter dem Tisch von diesem traulichen Anblick ab, und als ich mich nach unten beugte, sah ich in die grünen Augen eines grauen Katers.
    »Schubst ihn weg, wenn er Euch stört, Meister Hardo Lautenschläger. Er ist unser Mäusefänger.«
    »Ein nützliches Tier und offensichtlich nicht scheu.«
    »Die Küche ist sein Reich, Ihr seid nur zu Gast, Meister. Patta hält Audienz.«
    Der Kater ließ sich sogar so weit herab, mein Kosen an seinem Hals zu dulden, ja er hieß es tatsächlich mit einem leisen Brummeln aus seiner Kehle gut.
    Auf einem Schneidbrett reichte Ida mir Brot, Butter, ein Käsestück und Scheiben von einem Schinken mit einem dicken Speckrand. Und in dem Steingutbecher schäumte das Bier. Während des Essens entlockte ich Ida dann so nach und nach die Beschreibungen der Burginsassen und Gäste, soweit sie sie kannte.
    Dann war schließlich auch das Wasser im Kessel heiß, und ich begab mich nach hinten in die Badestube. Sie war, ehrlich gesagt, keine luxuriöse Einrichtung. Immerhin war das Gelass warm durch den großen Kamin, und durch eine unverglaste Mauerluke fiel etwas Tageslicht auf einen ovalen Bottich. Er war bereits halb mit heißem Wasser gefüllt, und ein Knecht leerte zwei weitere Schaff hinein. Ich entledigte
mich der Reisekleider - Ismael würde Wäscherinnen finden, die sich ihrer annahmen - und stieg ins Nass. Es fühlte sich verdammt gut an, auch wenn weder Duftöle meiner Nase schmeichelten noch sich blütenbekränzte Badermaiden in dünnen Hemden meiner Bedürfnisse annahmen.
    Das tat Ismael allerdings unaufgefordert. Er wusch mir die Haare, eine Aufmerksamkeit, die ich zu schätzen wusste, denn heuer fielen sie mir lang und schwer über den Rücken und lockten sich, sodass das Entwirren eine aufwendige Angelegenheit war. Er hatte auch sein Barbierzeug dabei, und als meine Wangen durch warmes Wasser und Seife genug eingeweicht waren, machte er sich mit seinen geschickten Fingern daran, sie abzuschaben. Er war ein Künstler in diesen Dingen, und deswegen konnte ich es mir leisten, einen schmalen Kinn- und
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