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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman
Autoren: Andrea Schacht
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in einem dreistöckigen Stadthaus aufgewachsen, das mit allem erdenklichen Luxus eingerichtet war. Ihr Vater liebte es, seinen Reichtum zur Schau zu stellen. In einer von außen so nüchtern wirkenden Burg hatte sie karge, finstere und zugige Kammern erwartet, doch in das Gemach, in das sie jetzt trat, fiel das Sonnenlicht durch ein breites Doppelbogenfenster und beleuchtete die farbenprächtigen Wandteppiche mit ihren Blumenmustern. Ein geschnitzter Alkoven barg das Bett, ein mächtiger Schrank wartete auf ihre Kleider, ein Kamin würde an kalten Tagen Wärme spenden, und auf einem der beiden gepolsterten Sessel saß ihre Freundin Casta und stichelte an einem Schleiertuch herum. Sie legte es augenblicklich nieder, als sie Engelins ansichtig wurde, und sprang auf.
    »Wie schön, dich wiederzusehen, Engelin.«
    Sie umarmten einander und betrachteten sich dann gegenseitig ausgiebig.
    »Vier Jahre fast.«
    »Ja, fast vier Jahre. Wir haben viel zu erzählen.«
    »Ja, aber erst einmal muss ich mich hier ein wenig zurechtfinden.«
    »Das ist nicht schwer. Sieh hier, unsere Kemenate schaut zum Garten hinaus«, sagte Casta und öffnete den einen Fensterflügel. »Davor liegen die Weingärten, und dahinter erkennst du den Auenwald. Aber ich glaube, du bist aus der anderen Richtung hergekommen?«
    »Ja, von Köln. Wir haben die Fähre bei Sürth genommen. Eine kurze Reise nur, nach der Sext sind wir aufgebrochen. Du hast sicher viel länger gebraucht.«
    »Wir sind mit dem Schiff heute Mittag eingetroffen. Es war eine angenehme Reise von Koblenz. Nur zwei Tage. Ich hätte dich schon viel eher besuchen sollen, Engelin.«
    »Hättest du, hätte ich dich auch. Haben wir aber nicht.«

    Engelin schaute über das Land und gab einen kleinen, sehnsüchtigen Seufzer von sich.
    »Ja, reisen …« Dann aber wandte sie sich resolut ab und strahlte ihre Freundin an. »Immerhin, jetzt sind wir gemeinsam hier. Ich werde meinen Vater bitten, dass du uns, wenn diese Lehensvergabe geregelt ist, für ein paar Wochen besuchen darfst.«
    Casta nickte, aber sie sah ein klein wenig betreten aus. Engelin kam jedoch nicht dazu, sie nach dem Grund zu fragen, denn eine junge Maid stand in der Tür. Sie war schlank; dennoch zeigte ihr sehr eng geschnürter Surkot wohlgeformte Rundungen. In munterem Ton grüßte sie und verkündete: »Wohledle Fräuleins, der Knappe Dietrich bat mich, euch diesen Packen zu bringen. Ich bin Ännchen und diene der Frau Loretta.«
    »Frau Loretta?«
    »Eine Dame vom Hof des Königs Rupert, wohledles Fräulein. Sie begleitet den Hofherrn Lucas van Roide.«
    »Ich bin kein Fräulein, Ännchen, der Titel gebührt nur Fräulein Casta. Aber danke, dass du mir die Kleider gebracht hast.«
    Engelin mahnte sich zur Besonnenheit. Eine edle Gesellschaft hatte sich offensichtlich in der Burg zusammengefunden. Doch wenn sie auch nur eine Krämertochter war, so würde sie sich schon angemessen zu benehmen wissen. Haltung zu bewahren gehörte auf jeden Fall dazu.
    »Ich helfe euch gerne beim Anlegen der Kleider und all solchen Sachen«, bot die Kammerjungfer an und lächelte dabei. Dieses Lächeln war käuflich - manchmal war es nützlich, eine Krämerstochter zu sein. Man erkannte recht schnell, wann die Sprache der klingenden Münze ertönen sollte.
    Ein Silberpfennig sicherte ihnen die Aufwartung der kecken Maid, die sich sofort daranmachte, das Gewand auszuschütteln und allerlei nützliche Utensilien in dem Schrank zu verteilen. Dabei schwatzte sie fröhlich über den Ablauf des restlichen Tages.

    »Wenn gleich die Glocke der Kapelle erklingt, versammeln wir uns zur Abendandacht. Die hält der Hofkaplan. Danach wird es ein Festmahl im Rittersaal geben. Ach, werte Jungfer und Fräulein, dann wird uns ein Minnesänger unterhalten. Das ist ein Mann! Der und sein junger Diener!« Das flinke rosa Zünglein huschte über Ännchens Lippen, als hätte sie süße Sahne abzuschlecken. »Der Junge ist braun wie ein Honigkuchen und sieht genauso köstlich aus. Und der Sänger selbst ist auch nicht zu verachten, groß, mit breiten Schultern und mit langen schwarzen Locken. Aber kein bisschen weibisch, wenn ihr versteht, was ich meine.«
    »Dann werden wir nach der Andacht unsere Festgewänder anlegen«, sagte Casta erfreut.
    »Das solltet ihr auf jeden Fall tun. Soll ich euch Blumen für die Chapels bringen?«
    »Wenn du welche findest.«
    »Im Garten habe ich die ersten Rosenknospen gesehen. Ich schaue danach!«
    Hurtig klapperte Ännchen die
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